Elli gibt den Loeffel ab
Schokolade.«
»Es ist trotzdem schön, mit Ihnen zu frühstücken«, musste er einfach loswerden.
Der Tag fing viel besser an, wenn einen ein anderer Mensch anlächelte. Und wie diese Frau lächeln konnte. Da waren sie wieder, ihre unwiderstehlichen Grübchen. Warum sagte sie nichts? Nur dieses Lächeln.
»Waren Sie nie mit jemandem zusammen?«, fragte sie, ganz offensichtlich um Beiläufigkeit bemüht.
Kein gutes Thema für ein harmonisches Frühstück. »Doch«, sagte er bewusst knapp.
Heinz war froh, dass Eleonore nicht weiter nachbohrte, auch wenn sie ihn leicht überrascht und noch eine ganze Weile fragend angesehen hatte. Sie hatte sicher mit einer ausführlicheren Antwort gerechnet, schien es ihm aber nicht übelzunehmen, dass er dieses Thema auszuklammern gedachte. Lieber das Frühstück genießen.
»Eleonore, möchten Sie noch etwas Kaffee?«
»Ich heiße Elli, jedenfalls für meine Freunde. Eleonore klingt so förmlich.«
»Ich habe leider keinen Spitznamen, den ich Ihnen im Gegenzug anbieten könnte, aber ich finde, wir sollten uns nicht länger siezen.«
»Darauf stoßen wir an.«
Wie gut, dass Liane ihm noch ein Fläschchen Prosecco mitgegeben hatte.
Nach dem opulenten Frühstück, das sich entgegen Ellis sonstigen Gewohnheiten den halben Vormittag hinzog, stellte sie sich die Frage, in welchen Film sie da bloß hineingeraten war. Heinz hatte es tatsächlich geschafft, sie mit seinen Reiseanekdoten unentwegt zum Lachen zu bringen, und auch ihre Abenteuer aus der Filmwelt schienen ihn fasziniert zu haben. Er hatte sogar Tränen gelacht, als sie ihm von dem der Länge nach aufgerissenen Premierenkleid erzählt hatte. Elli musste selbst immer noch darüber schmunzeln. Da investierte man zehntausend Francs, bückte sich auf dem roten Teppich vor dem Palais du Festival kurz nach der heruntergefallenen Eintrittskarte — und, ratsch, war es dahin. Es folgte ein Blitzlichtgewitter auf ihren hellblauen Schlüpfer, der es am nächsten Tag sogar bis ins Feuilleton der Lokalzeitung gebracht hatte. Ach, war das schön, mal wieder so richtig fröhlich zu sein und sich ungewaschen, ungekämmt und in Jogginghose dem Dolce Vita hinzugeben.
Gegen Mittag war es dann allerdings höchste Zeit, in die Puschen zu kommen. Dummerweise waren die Duschen ausgefallen, und Elli verabscheute nichts so sehr wie verschwitztes, strähniges Haar. Dass ältere Damen früher nur alle sieben bis vierzehn Tage zum Waschen und Legen zum Friseur gegangen waren, erschien ihr aus heutiger Sicht schier unglaublich. Heinz hatte zwar versucht, ihr einzureden, dass es sich bei der Hitze sowieso nicht lohnte, sich die Haare zu waschen, aber darüber ließ sich nicht verhandeln. Nun saß sie da, den Kopf nach hinten gelehnt, und spürte, wie das warme Wasser sich wohltuend seinen Weg durch ihr Haar bis in den Nacken bahnte. Heinz hatte eine Schüssel und einen Eimer mit angewärmtem Wasser besorgt. Mitten in der malerischen toskanischen Landschaft, dem leuchtenden Gelb weiter Felder, den bunten Blumentupfern, den Pinien und einem Dorf, das sich am Horizont auf einem Hügel in der Ferne abzeichnete, gelangte Elli zu der Überzeugung, in einem Remake von Jenseits von Afrika gelandet zu sein. Sie war Meryl Streep und er Robert Redford.
»Reichst du nur mal das Shampoo?« Das in einem solch romantischen Moment zu fragen, grenzte schon an Frevel.
»Ich übernehme das schon, wenn du möchtest. Ich mache es wirklich gern«, bot Heinz mit sanfter, sonorer Stimme an.
Elli erstarrte für einen Augenblick. Sich die Haare waschen zu lassen hatte schließlich etwas sehr Intimes, doch ehe sie protestieren konnte, spürte sie bereits seine kräftigen Hände auf ihrer Kopfhaut. So fühlten sie sich also an. Sofort fiel ihr der Tagebucheintrag vom vergangenen Abend ein. Sanft verteilte Heinz den Schaum in ihrem Haar, und Elli merkte, wie sich ihre Gesichtszüge und ihr anfangs verkrampfter Nacken immer mehr entspannten.
»Ist es so recht?«, fragte er nach.
Und wie! Sie nickte. Nur nicht aufhören. Die Druckmassage, die er ihr angedeihen ließ, übertraf alles, was sie bisher beim Friseur erlebt hatte. Gänsehaut! Fast schien es, als ob durch seine Hände Energie erst über ihren Kopf und dann den ganzen Körper entlang fließen würde. Elli bemerkte, dass sie sogar leicht zu beben begann.
»Hast du das gelernt?«
»Am besten, du machst einfach die Augen zu.«
Kaum hatte sie die Lider geschlossen, setzte in ihrem Kopf auch schon das musikalische
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