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Elli gibt den Loeffel ab

Elli gibt den Loeffel ab

Titel: Elli gibt den Loeffel ab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tessa Hennig
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gewesen, dass er der richtige Mann für sie war. Fast jeden Abend hatten sie sich gesehen. Es war Liebe auf den ersten Blick, jedenfalls für sie, bis zu jenem Abend und diesem dämlichen Song über Küsse, die für jemand anderen bestimmt waren. Wie sie diese Liedzeile hasste. Elli hatte ihr Josef an jenem Abend ausgespannt und es natürlich so geschickt eingefädelt, dass alles von ihm ausgegangen war. Hätte sie ihre Schwester nur nicht die Eintrittskarte gegeben, die sie noch übrig hatte. Elli war schon damals total kinovernarrt gewesen. Sie einem Mann vorzustellen, der in der Branche tätig war — das hatte gar nicht gutgehen können.
    Am liebsten hätte sie sich übergeben. Aus Roberto de Andre wurde dank der Limoncello-Vergiftung in ihrer mittlerweile getrübten Wahrnehmung Josef im dunklen Anzug, der wie ein Geißbock mit Elli vergnügt auf der Tanzfläche herumhüpfte. Gut, dass diese Eurovision Songs nur drei Minuten dauerten. Endlich hielten Brotherhood of Man den Mund. »Fuoco nel Fuoco« von Eros Ramazotti, ein Lied, das sie sehr mochte, riss sie augenblicklich aus dem Schmerz, für den sie Elli lange Zeit regelrecht in die Hölle gewünscht hatte. Stopp! Sie war auf einer tollen Party, und sie wollte nicht das Geringste von Roberto de Andre. Wenn ihre Schwester den Mann haben wollte, warum nicht? Dennoch wurmte es sie tief im Inneren. Auf in den Kampf! Jetzt war sie dran. Wie ferngesteuert ging sie zur Tanzfläche und gesellte sich wider jede Vernunft und indem sie beste Laune vortäuschte leichtfüßig tänzelnd zu den anderen. Höchste Zeit, Elli abzuklatschen!

    Es war der gleiche Sternenhimmel wie damals, an dem milden Frühlingsabend des 21. Mai. Diesen Tag hatte sich Elli dick im Kalender angestrichen. Es war der Tag, an dem Josef in ihr Leben getreten war. Ausgerechnet heute spielte die Combo ihr Lied — »Save your kisses for me«. Unfassbar! Für einen Moment hatte es sich genauso angefühlt wie damals, nur dass Roberto ein wesentlich besserer Tänzer war und noch dazu besser aussah als Josef. Daran gab es nichts zu rütteln. Ihr Mann hatte Elli an jenem Abend so oft auf die Füße getreten, dass sie eine Woche lang ein Pflaster auf dem linken kleinen Zeh hatte tragen müssen.
    Wie sich gewisse Dinge im Leben wiederholten. Und schon wieder war ihre Schwester da. Doro war einfach auf der Tanzfläche aufgetaucht und hatte sich Roberto in null Komma nichts geschnappt. Abgeklatscht! Wie früher in der Tanzschule. Obendrein schien sie sich für ihn zu interessieren, genau wie damals für Josef. Anscheinend waren sie dazu verdammt, in einem ewigen Schwesternwettstreit zu liegen, einem Wettstreit, den Doro meistens gewonnen hatte.
    Das hatte schon im Kindergarten angefangen, fiel es Elli ein, als sie ein ruhiges Plätzchen in der Nähe des Pools gefunden hatte. Doros selbstgemaltes Bild war natürlich das allerschönste gewesen, ihr Faschingskostüm das beste. Wer hatte bei den Einschulungsfotos in der Mitte gesessen, weil der Fotograf ihr rotes Haar für so schön befand? Wer war in der Schule immer Klassenbeste? Wer hatte den Lesewettbewerb gewonnen? Wer war dazu auserkoren worden, im Orchester die erste Geige zu spielen? Wer hatte auf dem Abschlussball das Tanzturnier gewonnen? Wer war Mamas und Papas Vorzeigemodell des perfekten Kindes gewesen?
    Doro, Doro und nochmals Doro. Nur einmal hatte sie es nicht geschafft, den Sieg davonzutragen. Wie hieß es noch so schön? Glück im Spiel, Pech in der Liebe. Nur, was hatte sie jetzt von ihrem Glück? Josef war tot. Aber war sie denn wirklich glücklich?
    »Ein Glas Wein gefällig?«
    Elli nickte dem Ober zu und nahm sogleich einen kräftigen Schluck. Natürlich war sie mit Josef glücklich gewesen, und als ob sie dies sich und aller Welt kundtun müsste, lächelte sie so gefällig sie nur konnte zu all den Paaren hinüber, die knutschend oder händchenhaltend an ihr vorbeiliefen. Ein junger Mann tätschelte den Po seiner Begleiterin — Leidenschaft pur. Er blinzelte verschmitzt in ihre Richtung, als er sich von Elli ertappt fühlte. Hatte Josef je so etwas bei ihr gemacht? Ein weiterer Schluck Wein musste augenblicklich her, denn die Antwort lautete: Nein! Ihr Blick wanderte zum Pool, aus dem sich gerade kräftige Oberarme hochzogen, die zu einem Traum von einem Mann gehörten. Verdammt sexy, dieser Kerl, nur leider war das passende Gegenstück, eine hübsche Brünette, nicht weit. Und wie sie sich küssten. Die Leidenschaft des Zungenkusses war

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