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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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T'jana, was natürlich das Verhältnis der Krone zu dem Botschafter der Allianz im Augenblick etwas belastet. Lies seine Berichte, Elloran, sie sind sehr interessant, genau wie der Mann selbst. Manchmal glaube ich fast, er kann fliegen oder sich an zwei Orten gleichzeitig aufhalten. Er hat sich bis vor kurzem in S'aavara befunden und ist im Augenblick angeblich auf der Rückreise nach L'xhan. Irgendwann in den nächsten Wochen müßte er hier eintreffen. Du wirst ihn dann kennenlernen.«
    Er vertiefte sich wieder in seine Arbeit, und ich nahm mir die Aufzeichnungen des Botschafters vor. Karas hatte recht, sie waren unterhaltsam. Der Ton, in dem sie abgefaßt waren, schien mir trocken humorvoll und ironisch; trotzdem waren sie sachlich und gespickt mit wichtigen Kenntnissen. Der Botschafter schätzte die Lage anscheinend als äußerst bedrohlich ein, empfahl dringend die Vermittlung durch eine Hand der Krone – deshalb war meine Großmutter persönlich abgereist, wurde mir nun klar – und benannte dann das, was auch der Edle Gioanî angedeutete hatte: Daß der Konflikt zwischen S'aavara und den Kronstaaten anscheinend durch Personen aus der unmittelbaren Umgebung der Krone geschürt wurde. Außerdem gab er sehr deutlich zu verstehen, daß die Allianz es begrüßen würde, wenn die Krone zu einem sicheren Frieden mit S'aavara und seinen Verbündeten käme.
    Ich ließ die Papiere sinken und gähnte. Karas rieb sich die müden Augen und schlug vor: »Laß uns eine Pause machen, mein Junge. Ich könnte etwas ...«
    » ... zu essen vert-tragen«, ergänzte ich vorlaut und errötete sofort vor Schreck. Ich war so froh, daß ich meine Zunge wieder benutzen konnte, daß ich sie wahrscheinlich in der nächsten Zeit sehr würde zügeln und kontrollieren müssen, um mir nicht ständig Ärger einzuhandeln. Zu meiner Erleichterung lachte der Kammerherr nur über meine Frechheit und ließ sich von mir aufhelfen. Er klopfte mir unbeholfen auf die Schulter und schmunzelte.
    In der folgenden Stunde zeigte sich Karas wieder in alter Form. Ich mußte auf halber Strecke geschlagen die Waffen strecken, denn er schien fest entschlossen die sämtliche gestern ausgefallenen Mahlzeiten nachzuholen. Dann, nach dem reichhaltigen Dessert, tupfte er sich den Mund ab und sagte: »Es ist ein Grund zu feiern, daß du wieder sprechen kannst. Kommst du heute abend zu mir? Du könntest mir etwas von dir erzählen, wenn du magst.« Ich zögerte kurz, weil ich an den letzten Abend denken mußte, aber dann stimmte ich zu. Vielleicht würde mir Karas auch noch mehr über Großmutter und ihren stotternden Vater erzählen. Ich wußte so erschreckend wenig über meine Familie. 
    Den Nachmittag verbrachte ich über eine Geschichte der Krone gebeugt. Ich mußte feststellen, daß mein Wissen über die alte Herrscherfamilie der Kronstaaten äußerst lückenhaft und teilweise schlicht falsch war. So hatte ich zum Beispiel nicht gewußt, daß vier der gekrönten Herrscher nacheinander Attentaten zum Opfer gefallen waren: Der Vater der jetzigen Herrscherin, sein älterer Bruder, dem er nachgefolgt war, die Großmutter und eine Großtante waren in der Blüte ihrer Jahre von Meuchelmördern getötet worden. Gedrängt von den besorgten Händen der Krone, die sich anders außerstande sahen, ihren Herrscher wirksam zu beschützen, hatte der damalige Kronrat entschieden, daß die Krone nicht mehr in der Öffentlichkeit auftreten sollte. Diese Vorsichtsmaßnahme hatte den Vater der jetzigen Krone allerdings nicht mehr retten können. Bei dem Attentat, das ihn tötete, war die kleine Prinzessin schwer verletzt worden. Die Sicherheitsmaßnahmen waren danach so vervollkommnet worden, daß die junge Frau inzwischen wahrscheinlich hätte völlig unerkannt unter ihren Untertanen umherlaufen können, wenn ihr das erlaubt worden wäre. 
    Nur drei Menschen hatten noch einen engen Kontakt zu der Krone, und nicht einmal ihr eigener Kronrat wußte, wie sie aussah. Alle Anweisungen und Erlasse, alle ihre Wünsche wurden ausschließlich durch die beiden Hände und den Kammerherrn weitergegeben, die sie unbarmherzig von der Außenwelt abschirmten. Mir grauste bei der Vorstellung, wie unendlich einsam diese junge Frau sein mußte. Um nichts in der Welt hätte ich mit ihr tauschen wollen.
    Wir verbrachten den Abend mit entspannter Plauderei in freundschaftlicher Stimmung. Karas zeigte echtes Interesse an meiner Zeit auf Salvok, und ich erzählte, beantwortete seine Fragen, dachte

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