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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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Boden tappen. Dann setzte sie sich wieder zu mir und machte sich an meinen Haaren zu schaffen. Ich wehrte mich; versuchte, ihre Hände fortzuschlagen. Sie gab mir einen festen Klaps und drohte: »Wenn du nicht ruhig hältst, wickele ich dir das Ding um den Hals und ziehe zu! Leonie will, daß du sie trägst – und ich kann dir nur raten, zu tun, was sie verlangt. So, das hält. Jetzt lies den Brief.« Mit zitternden Fingern öffnete ich ihn und entzifferte die wenigen Zeilen. Verständnislos blickte ich meine Schwester an.
    »Aber was soll das? Ich verstehe nicht, was sie mir damit sagen will.« Sie stand auf und legte ihre Hände um mein Gesicht.
    »Du wirst es bald verstehen«, sagte sie sanft. »Sehr bald.« Sie küßte mich auf den Mund und verschwand. Ich blickte auf den Brief nieder und las ihn erneut.
    Mein liebes Kind, las ich, Nikal hält sich in Sturmhaven auf. Sei sehr vorsichtig, sie werden nach dir suchen. Vertraue niemandem. Wenn du deine Sache gut machst, sehen wir uns wieder. Leonie  

17
    I ch kauerte auf der Pritsche, Leonies merkwürdige Mitteilung in der Hand, und rieb mir die müden, brennenden Augen. Wieviele Nächte hatte ich nun nicht mehr richtig geschlafen! Es dämmerte, das trübe Licht, das durch das winzige Fensterloch hoch oben in der Wand fiel, reichte kaum noch aus, die Zelle zu erhellen. Schatten krochen in den Ecken hoch, und in jedem von ihnen glaubte ich, den blutigen Leib Cescos zu erblicken. Ich schauderte, konnte den Anblick dieser vorwurfsvollen toten Augen nicht mehr ertragen.
    Jetzt hörte ich ihn auch noch, flüsternd, an der Tür kratzend: »Elloran!« Trübes Licht flackerte, ein leichter Luftzug traf mich und tastende Finger berührten meinen Arm. Ich ächzte und schlug um mich. »Elloran, verdammt! Wach auf!« Jemand rüttelte an meiner Schulter.
    »Ich b-bin wach«, murmelte ich benommen. »Jenka, wie kommst d-du hier herein?« Sie kniete vor mir, eine blakende Fackel in der Hand, die ihr Gesicht unheimlich beleuchtete.
    »Quatsch jetzt nicht, komm mit, aber still!« befahl sie leise und zog mich hoch. Ich sah, daß die Tür einen Spalt offen stand. Sie drückte sie noch weiter auf und blickte vorsichtig hinaus.
    »Los, der Weg ist frei«, flüsterte sie und winkte mir, ihr zu folgen. Ich tappte hinter ihr her, fest der Überzeugung, mich wieder in einem meiner Alpträume zu befinden. Wir bewegten uns behutsam durch einen schwach beleuchteten Gang mit Wänden aus grob behauenem Stein. Wir mußten uns im ältesten Teil der Burg befinden, denn ich kannte diesen Gang nicht. An der ersten Ecke legte Jenka einen Finger auf die Lippen und bedeutete mir stehenzubleiben. Sie verschwand um die Biegung, und ich stand fröstelnd allein im Dämmerlicht. Bange Minuten später kehrte Jenka zurück und winkte mir zu. Kurz vor der offenen Tür einer Wachstube hieß sie mich anhalten und trat mit festem Schritt ein. Sie schob die Tür hinter sich zu, und ich huschte, wie sie mir bedeutet hatte, schnell an ihr vorbei zur nächsten Ecke.
    »Guten Abend«, hörte ich sie grüßen. Tiefe Stimmen grüßten zurück. »Sagt, habt ihr Malen von der Leibgarde gesehen?« fragte Jenka. »Ich soll ihr eine Nachricht von unserer Kommandantin überbringen.« Die Antwort hörte ich nicht mehr, denn ich war um die Ecke gebogen und kauerte mich dort in einer Nische nieder, eng an die Wand gepreßt. Mein Herz schlug hart und schmerzhaft gegen meine Rippen. Laute, feste Schritte näherten sich, und ich bemühte mich, mit der Wand zu verschmelzen. Ich hielt den Atem an und stieß ihn erst wieder aus, als ich Jenka erkannte. Sie grinste mir zu, die Anspannung war aus ihrem Gesicht gewichen.
    »Komm, von jetzt ab ist es ein Kinderspiel«, hauchte sie und zog mich weiter. Der Gang stieg jetzt steil an, und nach wenigen Metern standen wir im Freien. In tiefen Zügen atmete ich die klare, kalte Nachtluft ein und mußte an mich halten, um nicht laut zu jauchzen.
    »Komm schon weiter«, drängte Jenka. »Noch haben wir es nicht geschafft.« Leise huschten wir von Schatten zu Schatten über den dunklen Hof. Irgendwo in den Stallungen wieherte ein Pferd, und aus dem Gesindehaus drang betrunkenes Grölen. »Heute war Winter-Krontag«, erklärte Jenka. »Inzwischen sind hoffentlich alle so weit hinüber, daß sie nicht mehr so genau hinsehen. Zur Pforte, Ell.«
    Am Tor rief sie gebieterisch: »Holla, Pförtner! Zwei im Auftrag von domna Veelora! Öffne!«
    Knurren drang aus dem Torhaus. »Ich komme ja schon. Was

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