Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
Vom Netzwerk:
bilden, falls wir verfolgt würden. Ich sah ihr nach, wie sie davontrabte, sogar jetzt noch mit bloßen Füßen in den Steigbügeln. Tom musterte mich hin und wieder unauffällig von der Seite. Ich begann, in meinen dünnen Sachen zu frieren, biß aber die Zähne zusammen; nur weiter, nur weg von der Kronenburg.
    Tom pfiff leise, und Akim hielt den Wagen an und beugte sich vom Bock. »Was ist los?« rief er gedämpft.
    »Kleine Pause. Der Junge fällt uns sonst als Eisblock vom Pferd.« Er griff nach meinem Ellbogen und half mir, abzusteigen. Ich war steif, und meine Beine zitterten – das Reiten ermüdete mich mehr, als ich vermutet hätte. Tom ließ mich im Wagen niedersitzen und packte das Bündel aus, das Jenka mir mitgegeben hatte. Eine warme Tunika, ein dickes Unterhemd, eine weiche Wollhose landeten nacheinander auf meinem Schoß. Tom kniete sich neben mich und half meinen klammen Fingern, die Verschlüsse des Wamses zu öffnen.
    Warm eingepackt, mit einem leichten, wärmenden Umhang über den anderen Sachen, saß ich kurz darauf wieder im Sattel. Ungefähr eine Stunde vor der Morgendämmerung verließen wir die Straße und ritten ein Stück in ein kleines Gehölz hinein, das den Wagen und uns vor einer zufälligen Entdeckung schützen sollte. Akim schirrte den mageren Schimmel aus, und Tom entzündete ein kleines Feuer. Dann klapperten Hufe, dürre Zweige rauschten, und Ranan gesellte sich zu uns. Schaudernd betrachtete ich ihre nackten Füße. Akim bemerkte meinen Blick. Seine Mundwinkel kräuselten sich.
    »Die Kleine ist die einzige von uns, der es ehrlich davor graust, wieder nach Hause zurückzukehren«, sagte er gedämpft. »Da muß sie nämlich – warte mal.« Er hob die Stimme und rief Ranan an. Die drehte sich fragend um, und er sagte: »Ran: Stiefel!« Von einem heftigen Schauder geschüttelt, spuckte sie angewidert aus.
    »Akim, du bist ein Sadist!« stellte Tom grinsend fest. »Hör auf, unsere Kleine zu ärgern und kümmere dich lieber ums Frühstück. Du bist heute dran.« Akim fluchte, und Ranan, wenig nachtragend, bot an, ihm zu helfen.
    Ich stand etwas verloren herum. Tom winkte mir, mich neben ihn ans Feuer zu setzen. Er legte die Decke, die er um die Schultern trug, um uns beide und blickte in die knisternden Flammen. In den tanzenden roten und gelben Feuerzungen vor mir erschien das geliebte, gehaßte tote Gesicht und grinste mich mit seinen blutigen Augen und dem klaffenden Mund an.
    »Was ist nur los mit ihm?« fragte Toms Stimme beunruhigt. Hände lagen auf meinen Schultern. »Er scheint wieder zurückzukommen. Lieber Himmel, habe ich mich erschreckt. Hast du seine Augen gesehen, Maddoc?« Ich blinzelte und sah mich verdutzt um. Mein Kopf lag in Toms Schoß, und besorgte Gesichter beugten sich über mich.
    Akim steckte ein blitzendes Instrument in seine Tasche und hockte sich auf seine Fersen zurück. »Wie fühlst du dich?« fragte er barsch.
    Ich schob mich hoch, von Toms Händen unterstützt. »W-warum, was ist los?« fragte ich verwirrt. »Bin ich etwa umgekippt? Ich h-hab ein bißchen wenig geschlafen in der letzten Zeit, vielleicht deshalb.« Tom und Akim wechselten einen Blick über mich hinweg und sagten nichts.
    »Ja, das wird es wohl gewesen sein«, bemerkte Akim schließlich zweifelnd. »Kommt, das Essen ist fertig.«
    Wir aßen stumm, in Gedanken versunken. Endlich schob Tom das Geschirr zusammen und räusperte sich. »Wir sollten jetzt reden«, sagte er. »Elloran, die Oberste Maga hat Galen gesagt, du wüßtest, wo Nikal ist. Sie wollte ihm nicht verraten, was sie wußte; wahrscheinlich wollte sie sicher gehen, daß wir dir auch helfen. Ehe wir ins Blaue weiterfahren: Wo ist Nikal?«
    »In Sturmhaven, sagt L-Leonie«, antwortete ich.
    »Dann liegen wir mit unserer Reiseroute bisher ja gar nicht so verkehrt«, brummte der Heiler.
    Tom sah mich unbehaglich an. Dann fuhr er fort: »Wir gehen ein gewisses Risiko ein, wenn wir dich mitnehmen. Du bist ein entflohener Gefangener und ein nicht ganz unwichtiger dazu, wie mir scheint. Elloran, sei jetzt bitte ganz ehrlich. Was genau ist auf der Burg geschehen? Es kursieren die wildesten Gerüchte darüber, und ich muß wissen, was davon stimmt und was nicht.« Er wartete. Ich starrte ins Feuer und biß mir die Lippen wund, unfähig, auszusprechen, was ich verbrochen hatte.
    Tom seufzte und sagte geduldig: »Elloran, Junge! Wir lassen dich nicht im Stich, das verspreche ich dir. Ich muß aber wissen, womit ich zu rechnen habe, wenn

Weitere Kostenlose Bücher