Ellorans Traum
Wasser auf die heißen Steine. Es zischte, und dichte Schwaden stiegen auf.
»W-weißt du, was Daron gemeint hat?« fragte ich nach einer peinlichen Pause. Ich sah schemenhaft, wie sie die Schultern hob.
»Wenn das der Kunde von ihm ist, den ich meine, dann hat er mehr als nur einen kleinen Schaden«, sagte sie trocken. »Wie verrückt ist der Mensch, hinter dem du her bist?« Ich schluckte. »Er ist Söldner, hm?«
»Ja«, krächzte ich. Sie kicherte.
»Daron schwört Stein und Bein, daß er ein Mörder ist, oder noch etwas Schlimmeres. Wobei ich nicht genau weiß, was Daron unter ›noch etwas Schlimmeres‹ versteht. Er sagt, der Mann habe einmal versucht, ihn umzubringen. Er wäre wie ein Rasender auf ihn losgegangen, und er habe sich nur retten können, indem er splitternackt aus dem Fenster gesprungen sei.« Sie lachte. »Daron hat zwar eine blühende Phantasie, aber das geht über seine üblichen Geschichten schon ein bißchen hinaus. Irgendwas Wahres wird wohl dran sein.« Sie schüttelte sich und zog mich von der Bank. Wir traten hinaus in den Hof des Badehauses und schütteten uns gegenseitig das eisige Brunnenwasser über die dampfenden Körper.
»So, an die Arbeit, Katarin«, sagte sie vergnügt, als wir wieder auf der Straße standen. »Willst du auch schon loslegen, oder brauchst du eine Pause? Ich bin nach dem Badehaus immer munter wie ein Fohlen, aber ich weiß, daß die meisten sich danach lieber eine Runde aufs Ohr legen.« Ich räusperte mich verlegen.
»K-kannst du mir den Weg zu dieser Schenke beschreiben? Die mit der Wirtin n-namens Moll?« Sie seufzte.
»Junge, das scheint aber dringend zu sein. Na gut. Molls Schenke ist das Gelbe Segel in der Nebelgasse.« Sie beschrieb mir den Weg und trennte sich dann mit einem Winken von mir. Ich sah ihr nach, wie sie mit schnellen Schritten davonstapfte, wobei die weiten Röcke unternehmungslustig um ihre kräftigen Beine schwangen.
Das Gelbe Segel gehörte anscheinend zu denjenigen Schenken, die rund um die Uhr geöffnet waren. Ich setzte mich in die Nähe der Theke, hinter der eine mütterlich wirkende kleine Frau herumwerkte. Die Schankmaid fragte mich nach meinen Wünschen, und ich bestellte ein Mittagessen – ohne Fleisch – und einen Becher Tee. Meine Bestellung kam, und ich kaute lustlos auf Brot und Käse herum. Jemaina konnte sich kaum vorstellen, was sie mir mit ihrem Diätplan angetan hatte. Ich schob das leere Holzbrett fort, gesättigt, aber nicht befriedigt, und ging zur Theke hinüber. Die Wirtin sah mich aus hellen Augen freundlich an und fragte: »Ja? Kann ich etwas für dich tun?«
Ich erklärte, daß Katarin mich schickte und sah, wie ihre Augenbrauen hochschossen.
»Bist du der Neue?« fragte sie neugierig. Ich nickte unbehaglich. Sie reichte mir eine rotgescheuerte Hand über den Tresen, und ich drückte sie herzlich. »Moll ist mein Name«, stellte sie sich vor. Ich murmelte meinen Namen. »Was kann ich für dich tun, Elloran? Komm, setzen wir uns da drüben hin. Hana, bring uns was zu trinken! Was möchtest du, ein Bier?« Ich lehnte dankend ab und bat um einen Becher Wasser. Sie lachte und gab die Bestellung an die Schankmaid weiter. Wir setzten uns an einen Tisch in der Ecke. Hana brachte mein Wasser und einen Krug Bier für Moll. Ich erklärte ihr, wen ich suchte, und sie starrte mich eine Zeitlang wortlos an. »Was willst du von dem?« fragte sie schließlich fast unfreundlich. Ich erklärte zum x-ten Mal an diesem Tag, daß Nikal ein alter Freund sei, und daß ich ihm eine Nachricht überbringen wolle. Sie nickte und kratzte sich am Kopf.
»Das ist einer meiner Gäste. Er kommt ziemlich regelmäßig hierher. Er macht mir eine Gänsehaut, Junge. Nicht, daß er randalieren würde, damit werde ich fertig. Aber er hat so was an sich ...« Sie schauderte. »Versuch es mal abends, ab dem dritten Wachwechsel. Vorher läßt er sich selten sehen.« Sie stand auf und blickte mich prüfend an. »Ein alter Freund, sagst du?« Sie zuckte mit den Achseln. »Komische Freunde hast du, mein Junge.«
Ich stand frierend an Leib und Seele auf der Straße vor dem Gelben Segel. Vielleicht wäre es gut, jetzt ›meinen Platz‹ aufzusuchen und etwas Geld zu verdienen. Ich fand die Stelle problemlos und wurde von einer schlanken, dunkelblonden Frau – vielleicht zehn Jahre älter als ich – gegrüßt. »Hallo, du bist der Neue, oder? Ich bin Jannin.« Wir reichten uns die Hände. »Viel Erfolg«, wünschte sie mir, und ich dankte mit
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