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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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nahezu besinnungslosen Nikal in ihre Kate und legten ihn vorsichtig auf das Bett. Während ich berichtete, was geschehen war, untersuchte Jemaina Nikal vorsichtig. Unter seinen halbgeschlossenen Lidern war nur noch das Weiße zu sehen. Sein Atem ging schwer und röchelnd, und seine schlaffe Hand, nach der ich trostsuchend gegriffen hatte, lag kalt und etwas feucht unter meinen bebenden Fingern.
    »Was hat er?« fragte ich ängstlich, aber Jemaina schüttelte nur abwehrend den Kopf. Ihre dunklen Finger hoben vorsichtig eines von Nikals Lidern an.
    »Schmerz«, sagte er plötzlich mit dumpfer, schleppender Stimme. Er hatte sich nicht bewegt, und ich fuhr erschreckt zusammen. Jemaina legte ihre Hand vorsichtig auf seine Stirn und fragte: »Wo hast du Schmerzen, Kommandant?«
    Er blinzelte schwach, und seine Brust hob sich mit einem langen, mühsamen Atemzug. »Kopf«, lallte er und tastete unsicher über sein Gesicht. Seine Finger fuhren über Stirn und Schläfe, dann fiel seine Hand kraftlos auf seine Brust herab. Seine Augen verdrehten sich, und er wurde bewußtlos.
    Jenka trat mit einem fröhlichen Gruß ein. Ihre Tante blickte auf. »Geht bitte beide hinaus«, sagte sie scharf. »Ich kann euch jetzt nicht brauchen.«
    Jenka nahm schweigend meine Hand und zog mich aus dem Haus. Draußen legte sie ihren Arm um meine Schulter und drückte mich kurz und ungeschickt an sich.
    »Was ist passiert?« fragte sie leise. »Hatte er einen Unfall?« Ich schluckte mühsam und schüttelte den Kopf. Ihre Nähe und ihr Mitgefühl gaben mir Trost, aber mit meinem Herzen war ich bei Nikal.
    Wir gingen schweigend durch den Kräutergarten. Ich lauschte in der Hoffnung zur Kate hinüber, daß Jemaina nach mir riefe. Jenka griff fest nach meinem Arm und zog mich auf die kleine Bank unter dem Holunderbusch.
    »He«, sagte sie beinahe grob. »Tante Jemaina kümmert sich um ihn. Jetzt sag schon, was geschehen ist.« Ich erzählte ihr stockend von Nikals seltsamem Verhalten. Sie starrte mich mit riesengroß aufgerissenen Augen an.
    »Jo«, sagte sie schließlich erschüttert. »Das klingt gespenstisch. Vielleicht hat er sich den Kopf angeschlagen, bei einer Übung oder so.« Ich nickte unglücklich. Wahrscheinlich war es das, aber warum beruhigte mich die Erklärung nicht?
    Spät in der Abenddämmerung kam Jemaina endlich heraus und winkte uns zu sich. Sie sah müde und unzufrieden aus. »Geh nach Hause«, sagte sie dennoch sehr sanft. »Er schläft jetzt, und ich glaube, es wird ihm morgen schon besser gehen. Mach dir keine Sorgen, Elloran.«
    Ich biß mir auf die Lippe. Ihr Gesicht sagte etwas anderes. »Was ist mit ihm, Jemaina?« beharrte ich. »Hat er sich am Kopf verletzt?«
    Sie zögerte. »Nein, ich glaube nicht«, sagte sie schließlich widerstrebend. »Ich kann nichts finden. Aber er ist jetzt ruhig, und ich habe ihm etwas gegen die Schmerzen gegeben. Bitte, Elloran. Geh nach Hause, du kannst jetzt nichts für ihn tun.« Ich nickte traurig und wandte mich zum Gehen. Jenka tuschelte kurz mit ihrer Tante und lief dann hinter mir her.
    »Ich komme mit dir«, sagte sie in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. Ich mußte trotz meines schweren Herzens lachen.
    »Wohin willst du mitkommen?« neckte ich sie. »In mein Zimmer etwa? Liebste Freundin, du hast wohl vergessen, daß ich ein T'svera bin. Mach dir also keine falschen Hoffnungen.«
    Sie schoß mir einen aufgebrachten Blick aus ihren schwarzen Augen zu, der mich beinahe zu Asche verbrannt hätte. Dann grinste sie und stieß mir ihren spitzen Ellbogen in die Seite.
    »Blödmann«, sagte sie freundschaftlich. »Du verdienst mich gar nicht, weißt du das?«
    Ich hätte es niemals zugegeben, aber es tat mir wirklich gut, daß Jenka in dieser Nacht bei mir blieb. Wir schlichen uns wie Diebe in meine Kammer – nicht auszudenken, was Mutter oder meine alte Amme gesagt hätten, hätten sie das Mädchen bei mir entdeckt! – und kuschelten uns in mein schmales Bett. Wir flüsterten miteinander, bis Jenka mitten im Satz einschlief. Ich lag noch lange wach und betrachtete im hellen Licht des Mondes ihr dunkles, im Schlaf rührend wehrlos und zart aussehendes Gesicht. Da war nichts mehr von der Härte und der stets zu einem Kampf bereiten Abwehr zu sehen, die sie im wachen Zustand immer zeigte. Ich streichelte sacht über ihre dunkle Wange und ließ endlich auch meine Augen zufallen.
    Jemaina behielt recht: Nikal war schon am nächsten Tag wieder auf den Beinen und erinnerte sich an nichts

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