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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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mich liebten, so wie ich war. Ich mußte vor Freude und Erleichterung lachen. Mir war, als hätte sich ein tonnenschweres Gewicht von meiner Brust gelöst, ich hätte die ganze Welt umarmen können. Statt dessen umarmte ich Jenka, die mich mit offenem Mund beobachtete. Aber schließlich konnte sie nicht anders, als mit mir mitzulachen, auch wenn sie nicht recht wußte, worüber eigentlich.
    »Sag mal«, fragte sie nach einer Weile stummen Pinselns, »meinst du, ich könnte bei eurem Waffentraining mitmachen?«
    Ich verschluckte mich und mußte eine Weile husten, um meine Kehle freizubekommen. Jenkas spitzes Gesicht bezog sich mit unheilverkündenden Wolken. Ich beeilte mich, ihr zu versichern, daß ich nicht über sie gelacht hatte.
    »Aber, hör mal«, sagte ich vorsichtig, »glaubst du, das ist das Richtige für ein Mädchen?«
    Wortlose Laute höchster Empörung ausstoßend, fuchtelte sie aufgebracht mit ihrem Pinsel vor meiner Nase herum. Ich brachte vorsichtshalber den Farbtopf in Sicherheit.
    »Das ist doch wieder mal typisch! Und ich dachte, du hättest mehr Grips als die anderen Strohköpfe hier!« Sie zielte mit dem Pinsel auf mich und funkelte mich an. Ich traute mich nicht zu lachen, sie hätte mir sicher sofort das Gesicht getüncht.
    »Wo bitte steht geschrieben, daß Frauen nicht kämpfen können? Darf ich dich an Calliandra von L'xhan erinnern, die mit ihren Kriegerinnen die Heere von S'aavara besiegte? Und ...« Sie mußte Luft holen, und ich nutzte die günstige Gelegenheit, um einzulenken.
    »Ist ja gut, Jenka. Ich gebe zu, ich habe gesprochen, ohne nachzudenken. Aber ich glaube ehrlich gesagt nicht, daß Torkal einwilligen wird, ein Mädchen zu unterrichten.« Jenkas Gesicht verfinsterte sich schon wieder bedrohlich. Hastig fuhr ich fort: »Mir kommt eine viel bessere Idee: Ich bin zwar keine Leuchte im Schwertkampf, aber um dir die Grundlagen beizubringen, müßte es eigentlich reichen. Was hältst du davon?«
    Jenkas Antwort bestand darin, daß sie mir um den Hals fiel und mich abküßte. Ich war gleichzeitig verlegen und geschmeichelt. Ihr schmaler, sehniger Körper drängte sich fest und warm an mich, und mich durchzuckte ein fremdes, erregendes Hitzegefühl. Fast war ich enttäuscht, als sie sich wieder von mir löste und mich aus blitzenden schwarzen Augen anstrahlte. Ihre kurzen schwarzen Locken tanzten förmlich um ihren Kopf. Ich verstand nicht, wie ich sie jemals für unansehnlich hatte halten können.
    »Wann fangen wir an?« fragte sie atemlos.
    »Meinetwegen, sobald wir hiermit fertig sind.« Ich hatte kaum ausgeredet, da hielt sie schon ihren Pinsel in der Hand und fiel mit Feuereifer über den Schuppen her. Ich stöhnte. Was hatte ich mir da bloß eingebrockt!
    In der folgenden Zeit ergötzte ich mich an der neuen und aufregenden Erfahrung, die die Gesellschaft einer gleichaltrigen Gefährtin für mich darstellte. Bisher hatte ich in dem festen Glauben gelebt, daß ich mir aus dem Umgang mit Altersgenossen nichts machte. Ich hatte schließlich Freunde wie Nikal, Jemaina und Julian. Jetzt stellte ich mit einem Male fest, wie sehr ich das Zusammensein mit Jenka genoß. Wir stromerten durch Dorf Salvok und ließen uns von ihrer Mutter Leckereien zustecken, dann ritten wir auf struppigen Olysser-Ponies hinaus in die Felder und schmausten dort im Schatten einer hochragenden Kolverbuche. An Tagen, an denen es selbst für solche Unternehmungen zu heiß war, hockten wir uns in das Geäst der alten Weide, die sich tief über das Flußufer beugte, ließen unsere Füße in das kühle Wasser baumeln und lasen uns gegenseitig aus einem von Julians Büchern vor. Zu meinem Erstaunen konnte Jenka ebensogut lesen und schreiben wie ich, was bei einem einfachen Dorfmädchen durchaus keine Selbstverständlichkeit war.
    Natürlich hielt ich mein Versprechen, mit Jenka den Schwertkampf zu üben. Wir trainierten heimlich, und Jenka hatte schon bald alles gelernt, was ich konnte, mit dem Unterschied, daß sie ihr Schwert sehr viel besser beherrschte als ich. Es dauerte nicht lange, und sie besiegte mich bei so gut wie jedem unserer Übungskämpfe.
    In vielem waren Jenka und ich uns ähnlich: So, wie ich nie mitgemacht hatte, wenn die Burgjungen ins Dorf hinunterzogen, um eine weitere Schlacht in dem generationenalten Krieg zwischen Dorf- und Burgknaben zu schlagen, so hatte auch Jenka den Umgang mit den anderen Mädchen von Salvok gemieden. Sie sagte, sie seien ihr zu dumm und zu kindisch, aber ich hörte

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