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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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Beisammensein hier auch glaubt? Ein wenig die Kissen zerwühlen?« Sein Atem strich über meine bloßen Schultern. Ich schloß ergeben die Augen und hörte sein humorloses Lachen.
    »Steh schon auf, du kleine Ratte! Glaubst du wirklich, ich würde ausgerechnet mit dir ...« Er spuckte angeekelt aus und zerrte mich hoch. Dann erklärte er, während er gezielt das Bettzeug in Unordnung brachte: »Ich muß mit Ruud zuerst in Verbindung kommen, das ist nicht ganz einfach. In den nächsten Tagen gebe ich dir Bescheid, wo und wann wir uns treffen, und bringe dich dann zu ihm.«
    Er öffnete die Tür und schob mich ohne Umstände hinaus. Einigermaßen verwirrt und mit einem mehr als mulmigen Gefühl im Bauch stand ich im Gang. Ich mußte mit irgend jemandem über die ganze Sache reden, sie begann mir ernsthaft über den Kopf zu wachsen.
    In einer winzigen schmuddeligen Schenke, die gerade mal zwei Tischen Platz bot, nahm ich einen Imbiß und lief dann ziellos durch den Hafen. Ich hockte eine Zeitlang auf einer Kaimauer und sah zu, wie die Fracht eines S'aavaranischer Handelsschoners gelöscht wurde. Müßig fragte ich mich, wo sich mein Großvater, der Kapitän, um diese Jahreszeit wohl mit seinem Schiff war. Ich hing dem Gedanken eine Zeitlang nach, bis mir mit Schaudern bewußt wurde, daß ich ja gar keinen seefahrenden Großvater besaß. Mein Großvater hockte in der Kronenburg, wie eine fette Spinne in ihrem Netz, und warf alle seine Fäden aus, um mich wieder in die Hände zu bekommen.
    Ich stand auf und ging weiter. Der Gedanke an Karas und Veelora hatte mich beinahe noch mehr erschüttert als meine verfahrene Lage das ohnehin schon tat. Ich sah keine Möglichkeit mehr, Nikal mit mir zu nehmen. Mit meinen Lügen über die angeblich so wertvollen Papiere hatte ich mich in eine Ecke manövriert, aus der ich nun nicht mehr herauskam. Am besten sah ich zu, daß ich Sturmhaven verließ, ehe ich auch noch den hiesigen Kopf der Unterwelt am Halse hatte. Darons Warnung vor einem Messer im Rücken klang mir sehr deutlich in den Ohren.
    Über mir und um mich herum flatterten und kreischten Möwen, die sich lautstark um die Abfälle auf einem Fischerboot stritten. Ich ließ mich wieder auf der Kaimauer nieder und sah den atemberaubenden Flugkünsten der nebelfarbenen Vögel gefesselt zu, beobachtete ihre halsbrecherischen Sturzflüge und lachte über die Frechheit, mit der sie ihren Artgenossen die Beute unter dem Schnabel wegstahlen. In dem wirbelnden, kreischenden Schwarm blitzte es hin und wieder schwarz auf, und ich strengte meine Augen an, um herauszufinden, was für eine seltsame Möwe das war. Flatternd und mit den anderen um die Wette krächzend stritt sich Magramanir mitten im Gewühl um die besten Bissen. Ich winkte und rief lachend: »H-hallo Mag! Julian!«
    Der kleine Rabe ließ sich nicht stören. Erst, als wirklich nur noch einige blitzende Fischschuppen auf dem feuchten Deck übrig waren, flog sie mit trägem Flügelschlag zu mir und setzte sich auf mein Knie.
    »Du stinkst n-nach Fisch«, beschwerte ich mich und schubste sie von meinem Bein auf die Mauer. Sie krächzte beleidigt, hieb mit dem Schnabel nach meiner Hand, die ich schnell zurückzog, und hob die Flügel.
    »Bleib, wo du bist«, befahl Julian ihr eilig. »Wie steht es, Elloran? Hast du Nikal aufgetrieben?«
    Ich kratzte mich an der Nase. »Julian, du hast doch g-gesagt, du hättest ihn zur Stadt gebracht. Warum hast du mich angelogen?«
    Er antwortete nicht gleich. Ich sah Magramanir unverwandt an, aber ihre schwarzen Augen verrieten mir wie immer nichts über Julians Gedankengänge. »Das kann ich dir schlecht erklären«, antwortete er schließlich. »Es war aus verschiedenen Gründen unmöglich, und ich wollte dich nicht beunruhigen. Ich habe ihn hierher begleitet, weil er unbedingt nach Haven wollte. Er sprach immer von einem Treffpunkt.«
    Ich nahm diese Erklärung, die keine war, schweigend hin. Julian würde nur wütend werden, wenn ich jetzt anfing zu bohren, und mir erst recht nicht mehr dazu sagen. Lieber fragte ich ihn um Rat wegen meiner mißlichen Lage. Er hörte sich die Geschichte an, ohne mich zu unterbrechen, und Magramanir saß während der ganzen Zeit lammfromm und ohne Fluchtversuche neben mir auf der Hafenmauer.
    »Was würde dir mehr helfen«, fragte er endlich. »Wenn ich dir das Geld für den Mordauftrag gäbe oder wenn du die Briefe hättest?«
    Ich mußte erst einmal das Wort ›Mord‹ verdauen. »Ich befürchte, Nikal

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