Ellorans Traum
gedankenverloren zu einem Häufchen zusammen und kehrte sie in seine Handfläche.
»Was hast du mit ihm zu tun?« fragte er.
Ich verdrehte die Augen. »Gar nichts h-habe ich mit ihm zu t-tun, verdammt! Ich will einfach nur wissen, wer das ist!«
Er grinste mich schief an, eine flachsblonde Locke hing verwegen in seine Stirn. »Kein Mensch will ›einfach nur wissen‹, wer Ruud ist«, gluckste er. »Der letzte, der das ›einfach nur wissen‹ wollte, schwimmt wahrscheinlich mit einem Messer im Bauch im Südozean. Ruud ist der Herr von Haven. Wen kümmert schon die Krone, die ist weit weg. Ruud ist verdammt nah, und er hat einen Haufen Kerle, die darauf achten, daß das ja keiner vergißt.« Er streute die Krümel auf den Boden und klopfte sich die Hände ab. »Warum fragst du nach ihm?«
»Ach n-nur so. Nikal erwähnte s-seinen Namen.«
Daron riß die Augen auf. »Du hast ihn also aufgestöbert?« Ich nickte. Er sah sich vorsichtig um und hauchte mir dann ins Ohr: »Dein Freund war angeblich einer von seinen Killern. Aber er muß sich irgendwas geleistet haben, was ihn auf die falsche Seite von Ruuds Aufmerksamkeit gebracht hat. Tomas glaubt, daß Ruuds Leute jetzt hinter ihm her sind, um ihn umzulegen.«
Er lehnte sich zurück und sah mich beschwörend an. Ich schluckte heftig. »Woher w-weißt du das alles?« flüsterte ich.
Er grimassierte. »Ich hab dir doch gesagt, daß er einer von meinen Kunden war. Er kam mir reichlich merkwürdig vor, und da habe ich mich sicherheitshalber etwas umgehört. Ich habe keine Lust, ein Messer in den Rücken zu kriegen, bloß weil ich mit dem falschen Kerl im Bett liege. Du solltest da auch lieber etwas vorsichtiger sein.«
Das mußte ich erst einmal verdauen. »Wie l-lange kennst du Nikal schon?« fragte ich schwach.
Er rechnete nach. »Anderthalb Jahre, schätze ich«, antwortete er schließlich. »Warum?« Ich sagte nichts. Dann hatte Julian die ganze Zeit gelogen, als er mir erzählte, Nikal sei in seiner Obhut. Warum nur?
Mit sehr gemischten Gefühlen machte ich mich auf den Weg zum Badehaus. Ich zahlte die Gebühr, gab einem Badejungen meine Sachen in Verwahrung und nahm mein Handtuch und ein kleines Stück Seife in Empfang. Auf den ersten Blick konnte ich Nikal nicht entdecken, aber ich war auch zu früh. Ich wusch mich gründlich unter der Pumpe und band meine Haare hoch, um mich dann langsam in das Becken mit dem heißen Wasser sinken zu lassen. Mit wohlig geschlossenen Augen dämmerte ich ein wenig ein. Jemand ließ sich neben mir ins Wasser gleiten, und ich rückte ein Stückchen beiseite. Etwas Spitzes, Kaltes bohrte sich in meine Seite.
»Wenn ich einer deiner Verfolger wäre, wärst du jetzt tot«, raunte eine Stimme in mein Ohr. Ich riß entsetzt die Augen auf und blickte in Nikals hageres, bärtiges Gesicht. Er ließ mich den schmalen Dolch in seiner Hand kurz sehen und verbarg ihn dann mit einer blitzschnellen Bewegung in seinem am Beckenrand liegenden Badetuch.
»Nur, weil die Leute hier nackt sind, heißt das noch lange nicht, daß sie keine Waffen haben«, sagte er kalt. »An deiner Stelle würde ich meine Augen immer schön offen halten, Söhnchen. Ich glaube übrigens, daß wir gerade beobachtet werden.«
Er saß scheinbar entspannt da, die Augen geschlossen. Nur, wer ganz genau hinsah, konnte erkennen, daß er sie einen Spalt geöffnet hielt und seine Umgebung aufmerksam im Blick hatte. Ich war jetzt hellwach, das hatte er geschafft. Mühsam rief ich mir ins Gedächtnis, daß ich meine mörderischen Verfolger ja nur für ihn erfunden hatte. Aber er brachte mich irgendwie dazu, genauso ständig auf dem Sprung zu sein wie er, selbst hier im wohlig heißen Bad.
»Ich weiß nicht, ob sie dir oder mir gefolgt sind. Laß dir etwas einfallen, was sie ablenkt«, hauchte er, fast ohne die Lippen zu bewegen.
Ich ächzte. Dann grinste ich. »K-kein Problem.« Ich beugte mich über ihn, strich liebkosend über seine Brust und drückte meinen Mund auf seine Lippen.
Er riß entsetzt die Augen auf und murmelte in meinen Kuß hinein: »Sag mal, bist du jetzt vollständig übergeschnappt?«
»Im Gegenteil«, lächelte ich ihn für etwaige Beobachter verführerisch an. »Wenn sie mich verfolgen, w-wissen sie, womit ich mein Geld verdiene und halten dich für einen Kunden. Und wenn sie dir gefolgt sind, w-werden sie denken, daß wir nur deshalb hier verabredet waren.« Zwischen meinen Worten fuhr ich fort, ihn zu küssen und zu streicheln. Er erstarrte unter
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