Ellorans Traum
meinen Händen förmlich zu Eis.
»Ich n-nehme einen Krontaler pro Stunde«, wisperte ich ihm zärtlich ins Ohr. »Alles, was Narben hinterläßt, k-kostet den doppelten Tarif.«
Er ächzte und machte sich unsanft frei, mit einem Gesicht, als müsse er sich übergeben. »Es reicht«, zischte er leise und giftig. »Ich wußte nicht, daß du ... Gleichgültig. Ich habe mich entschieden, dir zu helfen. Ich verlange allerdings einen Teil der Bezahlung im voraus.«
»Wieviel?« fragte ich besorgt.
»Fünfzig vorher, Hundert nach Abschluß.«
»G-Goldychs?« stammelte ich.
»Was dachtest du, Fischaugen? Natürlich Goldychs! Soviel müßtest du für deine wichtigen Papiere doch leicht bekommen können.«
Ich schluckte trocken. Wo sollte ich fünfzig Goldychs hernehmen? Er beobachtete mich lauernd. »G-gut, abgemacht«, sagte ich mühsam. Meine Ohren summten. Ich winkte hastig einem Bademädchen und ließ mir von ihr meine Rauchstäbchen bringen. Nikal sah angewidert zu, wie sie mir eines davon zwischen die Lippen steckte.
»Erst muß ich einen Käufer für die Briefe f-finden«, sagte ich nach einigen tiefen Zügen. »Das dürfte einige Zeit in Anspruch n-nehmen, fürchte ich. Ich kenne hier noch nicht die richtigen Leute.«
»Vielleicht kann ich dir dabei helfen«, sagte er beiläufig. »Ruud hat bestimmt Interesse an den Briefen.«
Hinter meiner Stirn jagten sich die Gedanken. Was für ein Spiel spielte Nikal? Ich sah zu ihm hinüber, er saß ganz entspannt da, aber seine Hand rührte gedankenverloren in dem erkaltenden Wasser herum. Ob er womöglich annahm, ich sei ein Lockvogel von Ruud, der ihn in eine Falle locken sollte?
»W-wer ist eigentlich dieser Ruud?« fragte ich, genauso um Beiläufigkeit bemüht. Er antwortete nicht sofort. Das Bademädchen kam und schüttete heißes Wasser nach.
»Ein Bekannter von mir«, antwortete er schließlich. »Ein – sehr bemerkenswerter Mann. Ihr solltet euch wirklich kennenlernen.«
Er stand auf. Ich beobachtete, wie er das Badetuch um seine sehnigen Hüften schlang, aber es gelang mir nicht, herauszufinden, was er dabei mit seinem Dolch anstellte. Er lächelte auf mich hinunter, wobei seine Augen so unbewegt blieben wie zwei helle Kiesel. Eine Sekunde lang stellte ich ihn mir im Gespräch mit Galen vor und fror trotz des heißen Wassers, in dem ich lag.
Er hockte sich neben mich, griff in meine Haare und sagte: »Na los doch, meine süße kleine Bettwanze. Du hast das Spiel angefangen, jetzt müssen wir es auch zu Ende bringen. Wo gehst du für gewöhnlich mit deiner Kundschaft hin?«
Ich stieg aus dem Becken und wies ihm den Weg zu den Ruheräumen, meinen vorlauten Scherz von eben ernsthaft bereuend. Nikal öffnete die Tür zu einem als leerstehend bezeichneten Zimmer und blickte wachsam hinein, ehe er es betrat. Herrisch wies er auf das niedrige Bett, das das einzige Möbelstück im Raum war, verriegelte die Tür und lehnte sich mit verschränkten Armen dagegen. Ich hockte mich unbehaglich zwischen die Kissen und nestelte an meinen hochgebundenen Haaren herum. Nikal grinste auf mich herunter.
»Nur ein Krontaler für ein Schäferstündchen mit dem Erben von Salvok, dem Enkel der Herrin von Kerel Nor?« spottete er. »Meinst du nicht, daß das ein wenig billig ist, Elloran?« Ich wurde blutrot. Das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht, als hätte jemand eine Kerze ausgeblasen. »Ich werde dich also mit Ruud bekanntmachen«, sagte er. »Du verkaufst ihm deine Briefe, gibst mir einen Teil des Geldes und die abgemachte Anzahlung, und ich schaffe dir diese Leute vom Hals.« Er hielt nachdenklich inne. »Es verlangt mich brennend, sie kennenzulernen. Möchte wissen, woher sie meinen, mich zu kennen.«
»Der Kater sagte, er hätte ein Huhn mit d-dir zu rupfen«, sagte ich unbedacht. Seine Augen verengten sich.
»Da ist er sicher nicht der einzige«, murmelte er. Er starrte mich wieder sehr merkwürdig an.
»Nikal«, fragte ich, »erinnerst du d-dich eigentlich an Salvok?«
Er schnaubte amüsiert, antwortete aber nicht. »Wie hat Julian dich eigentlich gefunden, n-nachdem du aus dem Verlies entkommen bist?« fragte ich hartnäckig weiter. Irgendwie mußte es mir doch gelingen, den alten Nikal noch einmal zu wecken!
»Julian?« Er runzelte ungeduldig die Stirn. »Wer, bei allen Dämonen, ist Julian?« Mit einer geschmeidigen Bewegung stieß er sich von der Tür ab und trat auf das Bett zu. »Sollten wir nicht langsam etwas tun, damit man uns unser zärtliches
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