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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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weiß, warum hat er dann nicht gehandelt?«
    »Julian hat versprochen, daß er uns nicht verrät. Er will uns helfen.«
    Großmutters Lachen klang bitter. »Ein Zauberer mit Familiensinn – die Göttin stehe mir bei! Das macht meine Bitte nur noch dringender: Ich möchte Elloran so bald wie möglich zu mir holen. Die Lage hier ist zu unsicher ... Was sagt übrigens Ellorans Vater? Macht er sich keine Sorgen?«
    »Natürlich sorgt er sich, sogar mehr, als es für meinen Geschmack gut ist. Er gehört auch zu denen, die glauben, sich ständig in Ellorans Erziehung einmischen zu müssen. Wahrscheinlich bildet er sich ein, ein Recht darauf zu haben, weil die beiden dauernd zusammenstecken.«
    Ich traute meinen Ohren nicht. Was bezweckte sie nur mit dieser Lüge? Jäh wurde ich aus meinen Gedanken gerissen, als sich eine Hand schwer auf meine Schulter legte. Ich fuhr empor und blickte in das vor Zorn puterrot angelaufene Gesicht meines Vaters.
    »Ich glaube es nicht!« brüllte er. »Mein mißratener Sohn hockt hinter Türen und lauscht!« Er schüttelte mich heftig. Ich wünschte, der Erdboden täte sich unter mir auf, oder ein Blitz käme vom Himmel, um mich zu erschlagen, aber nichts davon geschah. Statt dessen standen jetzt auch noch Ellemir und meine Großmutter im Zimmer und starrten mich an. Gleichzeitig erntete ich eine Maulschelle, daß meine Ohren klingelten. Morak holte ein zweites Mal aus, aber meine Mutter fiel ihm in den Arm.
    »Laß ihn los«, bat sie. Morak gehorchte knurrend. Ich rieb mir die Wange und blickte auf meine Füße herab.
    »Also?« fragte Ellemir scharf. Ich war mir der drei Augenpaare, die auf mich gerichtet waren, nur zu bewußt. »Mein Sohn, ich erwarte eine Erklärung für dein ungeheuerliches Betragen!« Ich schluckte trocken. Was konnte ich da schon erklären?
    »Elloran, würdest du mich bitte ansehen?« Mutters Beherrschung lag wie ein dünnes Häutchen über einer vor dem Aufblühen stehenden Knospe aus Zorn. Moraks wütendes Brummen wurde lauter. Ich beendete die Inspektion meiner Fußspitzen.
    »Ich – ich wollte nur endlich einmal wissen ...« Mein spärlicher Mut verließ mich vollends beim Anblick von Mutters Miene.
    »Was wolltest du wissen?« fragte sie gefährlich leise. Ich sah hilfesuchend zu meiner Großmutter hinüber. Zu meiner Überraschung blickte sie mich alles andere als böse an, sie schien mir sogar aufmunternd zuzunicken.
    »Was ihr mir ständig verschweigt!« platzte ich heraus. »Ihr lügt mich alle nur an und sagt mir nicht, was mit mir los ist. Aber ich habe doch ein Recht darauf ...«
    Klatsch! hatte ich meine nächste Ohrfeige geerntet. Dieses Mal kam sie von meiner Mutter, die keine wesentlich zartere Handschrift führte als Morak.
    »Du gehst jetzt sofort auf deine Kammer und bleibst dort. Ich will dich heute nicht mehr sehen!« Mutters Stimme bebte vor Zorn.
    Kaum hatte ich die Tür hinter mir geschlossen, da hörte ich drinnen meinen Vater losbrüllen, aber ich war nicht so tollkühn, den folgenden Streit ebenfalls zu belauschen. Meine Schande wog zu schwer.
    So schmorte ich während des weiteren Aufenthalts meiner Großmutter auf Salvok im Stubenarrest. Ich saß herum, blätterte gelangweilt in meinen Ritterschmökern und schmiedete unsinnige Fluchtpläne. Bedeckt mit Ruhm und beladen mit Reichtümern würde ich erst als Erwachsener zurückkehren, und alle würden mir zujubeln und es schrecklich bereuen, mich so schändlich behandelt zu haben.
    Eine Handvoll Kiesel, die vor meinem Bett auf den Boden prasselten, riß mich unsanft aus meinen Tagträumen. Ich blickte neugierig hinaus und entging um Haaresbreite einer zweiten Ladung kleiner Steine, die an mir vorbei ins Zimmer regnete. Auf dem Wehrgang, der vom Burgfried zum Palas führte, stand Jenka und hüpfte ungeduldig von einem Bein auf das andere.
    »Was ist?« rief ich gedämpft.
    »Kommst du raus? Ich muß mit dir reden.«
    »Geht nicht, ich habe Arrest.«
    »Pferdescheiße!« Sie kratzte sich am Kopf, dann musterte sie die Mauer zwischen dem Wehrgang und meinem Fenster. Sie spuckte in die Hände, bohrte ihre kräftigen Finger in die unregelmäßigen Fugen zwischen den Steinen und hangelte sich zu mir hinüber.
    »Jen, bist du übergeschnappt?« Ich fiel vor Schreck fast aus dem Fenster.
    »Halt den Mund, hilf mir lieber«, keuchte sie, eng an die Wand gepreßt, mit nichts unter sich als einer schönen Aussicht auf den Burghof. Ich suchte fieberhaft nach irgend etwas, mit dem ich ihr Halt geben

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