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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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Ich brauche dringend Bewegung.« Vielleicht wäre es nicht falsch, mich mit Toms Pferd vorsorglich ein wenig anzufreunden.
    »Oh, Bewegung?« lachte Tom. »Da hätte ich allerdings einen viel besseren Vorschlag!« Ich zwang mich, ihn anzulächeln, obwohl ich ihn am liebsten bespuckt hätte. Mein Lächeln mußte entsprechend gequält ausgefallen sein, denn er stutzte. Er wandte den Kopf und bat Akim, kurz anzuhalten. Dann sprang er vom Bock und kletterte zu mir hinein. Er hockte sich neben mich und legte in scheinbarer Besorgnis einen seiner langen Arme um meine Schultern. Ich konnte ein Schaudern nicht unterdrücken und machte mich hastig von ihm los. Es war unmöglich. Ich schien unfähig, mich zu verstellen, und um der Täuschung willen weiter die Zärtlichkeiten dieses mörderischen ›Vaters der Lügen‹ hinzunehmen. Ich konnte meinen Ekel und meine Wut nicht länger vor ihm verbergen.
    »Ho, chu-chula , was ist mit dir?« fragte er leise. Ich sah in sein falsches, gespielt bekümmertes Gesicht, und es würgte mich. Wie hatte ich nur auf diesen Unmenschen hereinfallen können? Ich hatte ihm alle seine Lügen nur zu bereitwillig abgekauft, und wie herzlich hatte er wohl mit seinem Kumpan darüber gelacht! Der einfältige, leichtgläubige Stallbursche, der sich von dem ersten besten Fremden, der ihm Avancen machte, freudig auf den Rücken legen ließ – oh, wie mußten sie sich amüsiert haben! Tom legte seine Hand auf meinen Arm, und ich schlug sie fort.
    »Geh weg von mir!« fauchte ich und spuckte ihm ins Gesicht. Er hockte da wie vom Schlag gerührt, während der Speichel an seiner Wange herabtroff. Gleich einem Schlafwandler wischte er ihn fort und blickte fassungslos auf seine feuchte Hand. O große Göttin, was für ein Schauspieler! Hätte ich es nicht besser gewußt, hätte seine tödlich verwundete Miene mir unfehlbar das Herz gebrochen.
    » Chu-chula , was habe ich dir getan?« fragte er tonlos.
    »Getan?« fuhr ich auf. »Das wagst du noch zu fragen?« Akim brachte mit alarmierter Plötzlichkeit den Wagen zum Stehen und beugte sich wachsam zu uns hinein. Ich hatte vergessen, wie gefährlich diese beiden Männer waren. Schlimm genug, daß sie nun wußten, daß ich sie durchschaut hatte. Wahrscheinlich würden sie mich umbringen, aber selbst das war mir in meinem weißglühenden Zorn gleichgültig. Hilflos hob ich eine Faust und schmetterte sie gegen die Wand. Tom wechselte einen schnellen Blick mit dem falschen Heiler und wagte dann wahrhaftig, mich erneut zu berühren. Ich schlug blindwütig zu und sah mit Befriedigung, wie seine Lippe aufplatzte und ihm das Blut über das Kinn lief.
    »Du verdammter Mörder!« schrie ich und hob die Faust, um ein zweites Mal zuzuschlagen. Aber dieses Mal war er gewappnet. Seine starken Finger umschlossen mein Handgelenk wie ein Schraubstock.
    »Akim, nein!« hörte ich ihn noch rufen, dann explodierte die Welt vor meinen Augen und erlosch. 

8
    M it heftig brummendem Schädel erwachte ich aus meiner Ohnmacht. Der Wagen rollte wieder, und durch das Klingeln in meinen Ohren drangen der Hufschlag der Pferde und die Stimmen meiner Peiniger auf dem Bock.
    Ich mühte mich in eine sitzende Stellung. Zwar war ich an Händen und Füßen gefesselt, aber dieses Problem hatte ich schon einmal zu lösen gewußt. Doch diesmal mußte ich feststellen, daß meine Gabe sich einen ungünstigen Zeitpunkt gewählt hatte, um mich erneut im Stich zu lassen.
    Ein Ausruf ließ mich innehalten und lauschen. Tom fluchte, und der Heiler zankte: »Nun laß es mich doch wenigstens einmal sehen!« Ich hörte Tom leise ächzen.
    »Der Junge hat dich ordentlich zugerichtet, das muß ich schon sagen! Es wird besser sein, wenn ich das versorge.«
    »Bleib mir bloß mit deiner stinkigen Salbe vom Leib! O ihr Götter, was gäbe ich darum, wieder in einer zivilisierten Gegend zu sein!«
    »Keine Sorge, ich habe was Besseres als Salbe. Halt still.«
    »Maddoc! Bist du wahnsinnig geworden? Weißt du, was passiert, wenn Quinn das hier sieht?«
    »Dann stehe ich Auge in Auge mit meinem Erschießungskommando, ich weiß. Deshalb sorgen wir auch besser dafür, daß Quinn es nicht zu Gesicht bekommt.«
    Es war wieder still. »Was jetzt?« brach nach einigen Minuten der Heiler das Schweigen.
    »Ich verstehe das alles nicht«, sagte Tom mit belegter Stimme. »Der kleine Dummkopf muß irgend etwas in den falschen Hals bekommen haben. Worüber haben wir uns bloß unterhalten, bevor er aufwachte?«
    Akim kicherte.

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