Ellorans Traum
benimmst. Übrigens, wenn ich für jedes Mal, das du geschworen hast, jemanden ernsthaft und treu zu lieben, ein Mittagessen bekommen hätte, könntest du mich jetzt hier die Straße runterrollen.«
Tom lachte. »Mein lieber Freund und Kampfgefährte, du solltest aber doch freundlicherweise zugeben, daß ich es jedesmal genauso gemeint habe, wie ich es sagte.«
Akim lachte zustimmend und spöttisch sein rostiges Lachen: »Also gut, dann sind wir uns ja soweit einig. Du meldest dich bei der nächsten Gelegenheit zu einer Untersuchung bei mir. Das ist übrigens ein Befehl.«
»Aye, Doktor Abou-Khalil, Sir!« schnarrte Tom. Ich schüttelte den Kopf. Bis dahin hatte ich der Unterhaltung folgen können, auch wenn der Hinweis auf ›eigenartige Sonderformen‹ mich etwas verwirrt hatte. Aber dieser letzte Satz Toms war in einer mir fremden Sprache erklungen. Was mochte ›Eidoktabukalilsör‹ für eine Bedeutung haben? Es klang wie eine geheimnisvolle Beschwörung, aber dagegen sprach der scherzhafte Ton, in dem Tom diese Äußerung getan hatte.
Nikals Name holte mich schnell zurück in die Gegenwart. »Aber was sollen wir mit ihm machen, wenn wir ihn endlich in den Fingern haben?« fragte Toms tiefe Stimme gerade. »Nach dem, was der Junge sagt, ist er ja wohl komplett durchgedreht.«
Akim knurrte etwas, das ich nicht verstand. Tom lachte und sagte: »Bester Maddoc, die Assistenz bei dieser scheußlichen und ausgesprochen blutigen Angelegenheit überlasse ich von Herzen gern der Kleinen und unserem verehrten Wunder. Das ist euer schmutziges Metier, davon verstehe ich glücklicherweise nicht genug. Im Übrigen, mein Lieber, finde ich deine Ausdrucksweise ziemlich unappetitlich!«
Dieses Mal konnte ich Akims Antwort deutlich verstehen. »Das mag dir unappetitlich erscheinen oder nicht, aber er ist nun einmal zu einer ernsten Gefahr geworden und muß schleunigst beseitigt werden. Das müßte doch sogar in dein beschränktes Katzenhirn gehen. Außerdem reißt uns Galen die Ohren ab und frißt sie ohne Salz zum Abendessen, wenn wir ihm nicht bald Koljas Kopf auf einem Tablett servieren.«
Mit einem Mal war ich hellwach. Ich mußte in meinem Entsetzen wohl ein verräterisches Geräusch gemacht haben, denn ich hörte Akim leise sagen: »Halt den Mund, ich glaube, der Junge ist wach. Du und deine Bettgeschichten!«
»Elloran, Lieber? Bist du wach?« rief Tom munter und blickte über seine Schulter zu mir hinein. Ich rührte mich nicht. Vielleicht ließen sie sich täuschen und schmiedeten weiter an ihren finsteren Plänen.
»Du hast dich verhört«, sagte Tom. »Er schläft immer noch so tief und fest wie ein satter Säugling. Übrigens, mein Guter, in was für einem Ton redest du eigentlich mit deinem vorgesetzten Offizier?« Akim lachte nur kurz und höhnisch auf, und dann war lange Zeit Ruhe. Meine Gedanken rasten. Tom hatte mich nach Strich und Faden belogen, und ich war seinem bestrickenden Charme in die Falle gegangen wie ein verliebtes Bauernmädchen. Die beiden Männer waren alles andere als Nikals Freunde, das war mir jetzt klar. Es waren gedungene Mörder, Söldner, weiß Göttin was sonst noch. Sobald sie ihn in den Händen hätten, würden sie ihn umbringen. Was konnte ich tun? Ich mußte verhindern, daß sie ihn fanden, aber wie sollte ich das bewerkstelligen? Mein erster Gedanke war, mich bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit auf dem Biest aus dem Staub zu machen. Es war allerdings mehr als fraglich, ob das tückische Vieh dabei mitspielte. Meine Flucht wäre ohnehin bald entdeckt, und dann hätte ich nicht nur meines Vaters Wache, sondern auch noch diese beiden Totschläger auf meinen Fersen. Wahrscheinlich war es viel gescheiter, sie im Auge zu behalten, wenn ich ihre blutigen Pläne durchkreuzen wollte. Noch waren wir erst auf dem Weg zur Krone, und überdies fehlten die eigentlichen Mordgesellen: das geheimnisvolle Wunder und die Frau, die sie die ›Kleine‹ nannten. Es wäre sicherlich nicht falsch, wenn ich mir die beiden gut ansah. Ich mußte meine und Nikals Feinde kennen, wenn ich sie bekämpfen wollte. Also hieß es wohl oder übel, das Spiel mitzuspielen. Ich gähnte laut und machte einigen Lärm, indem ich mich reckte und streckte.
Tom steckte seinen Kopf durch die kleine Luke und sagte fröhlich: »Gut geschlafen, mein Herz?«
Dieser verdammte Heuchler! Ich knirschte mit den Zähnen, zwang mich aber zu einer ebenso munteren Antwort: »Wunderbar, danke. Darf ich auf dem Biest reiten?
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