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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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höflich ab, bis sich das dröhnende Gelächter der Männer gelegt hatte.
    »Und, hast du sie genommen?« krächzte Tom und wischte sich die Augen.
    »Ja, natürlich«, sagte Ranan fast empört. »Es waren drei wirklich schöne Tiere; ich habe sie dem Fürsten verkauft. Er wollte mich zwar gleich als Dreingabe dabehalten, aber als ich ihm sagte, daß er mit einem Kopf auf den Schultern sicher viel besser aussehen würde, ließ er mich gehen. Er hat einen sehr guten Preis für die Tiere bezahlt.«
    Tom kicherte und zog mich fester an sich. »Du bist eine freche Göre, Ran. Hast du neben deinen privaten Vergnügungen auch noch das eine oder andere von dem erledigen können, weswegen Quinn dich nach S'aavara geschickt hat?« Seine Lippen gingen wieder auf mir spazieren, aber trotz der Ablenkung bemerkte ich den wachsamen Blick, den Ranan mir zuwarf, ehe sie widerstrebend antwortete.
    »Ja, so gut wie alles. Omelli hatte recht; es sieht mehr als übel aus. Da versucht jemand, gründlichen Ärger zu machen.« Tom setzte sich auf, und ich konnte mich gerade noch mit den Händen abfangen, ehe ich ins Feuer rollte.
    »Entschuldige«, sagte er geistesabwesend. »Was meint Quinn dazu?«
    »Wir sollen Galen abholen und dann zu Omelli zurückkehren.« Ihre Stimme klang unglücklich.
    Akim, der bis dahin stumm zugehört hatte, sog scharf den Atem ein. »Und Nikolai?« fragte er. Ranan antwortete nicht, aber ihr Gesicht sprach Bände. Tom sprang auf und entfernte sich ein paar Schritte vom Feuer. Sein Gesicht war angespannt und wirkte im flackernden Feuerschein wie eine fremde, böse Maske.
    »Da spiele ich nicht mit«, sagte er wütend. Ranan sah ihn nicht an; sie drehte unruhig an ihren Lederarmbändern herum. »Akim«, sagte Tom beschwörend, »das können wir nicht machen!«
    Akim seufzte. »Was willst du denn tun, Kater? Meutern?« Tom stieß einen erbitterten Fluch aus und trat gegen einen Ast, der aus dem Feuer herausragte. Die Funken stoben wie Glühwürmchen hoch in die Luft.
    »Komm, laßt uns schlafen gehen«, sagte Akim begütigend. »Wir werden morgen weitersehen.« Tom fuhr mit einem Fauchen herum und verschwand in der Dunkelheit. Ich wollte ihm folgen, aber Akim hinderte mich daran.
    »Laß ihn lieber allein, Landplage. Er beruhigt sich schon wieder.« Er reckte sich und klopfte Ranan auf den Rücken. »Komm, altes Mädchen. Wir wollen morgen nicht so spät los. Sonst ist Quinn am Ende noch vor uns in der Kronstadt.«
    Mitten in der Nacht wurde ich dadurch geweckt, daß jemand unter meine Decke schlüpfte. Ich murmelte schlaftrunken: »Tom?«
    »Psch. Schlaf weiter«, flüsterte er und zog mich an sich. Ich seufzte zufrieden und kuschelte mich eng an ihn. Er roch ungewöhnlich fremd: nach feuchtem Laub und harzigem Holz. Sein Arm legte sich um mich, und ich sank beruhigt zurück in den Schlaf.
    Der Morgen dämmerte schwül und drückend herauf, die Sonne war leicht verschleiert, als hinge ein Gewitter in der Luft. Tom war mürrisch und schweigsam. Er ritt auf dem Biest voraus und ließ sich den ganzen Vormittag nicht sehen. Vorsichtig begann ich mich mit Ranan etwas besser bekannt zu machen. Ein Rest von Mißtrauen gegen die Beweggründe dieser seltsamen Reisegruppe war anscheinend in meinem Herzen zurückgeblieben, trotz der heftigen Zuneigung, die ich für Tom empfand. Ich war immer noch nicht restlos davon überzeugt, daß sie Nikal nicht übelwollten.
    Bei unserer ersten Rast packte die große Frau eines der geheimnisvollen Bündel aus, die sie mitgebracht hatte. Aus der Umhüllung tauchte etwas auf, das ich nicht einordnen konnte. Ranan sah darauf nieder wie ein Kind auf sein erstes Rauhnacht-Geschenk. Fast zärtlich nahm sie den Gegenstand in die Hände und drehte ihn vor ihren Augen hin und her. Dann holte sie aus dem Beutel an ihrem Gürtel ein schlankes Metallinstrument und bearbeitete das Ding damit. Indem sie das Instrument beständig zwischen den Fingern drehte, löste sie nacheinander mehrere kleine Metallstifte aus dem Gegenstand heraus und nahm dann eine seiner Wände ab, die anscheinend mit den Stiften befestigt gewesen war. Neugierig ergriff ich eines dieser kleinen Dinger und betrachtete es genauer. Auf den ersten Blick sah es aus wie ein sehr kurzer Nagel, aber sein breiter, flacher Kopf hatte Vertiefungen, in die der untere, flache Teil des Instruments, das Ranan jetzt beiseitegelegt hatte, genau hineinpaßte. Das Bein des Stiftes war eigentümlich in sich gedreht, nicht glatt wie ein Nagel.

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