Ellorans Traum
Ranan war jetzt völlig in das Innere des Gegenstandes vertieft. Ihre Finger steckten in seinem Inneren, und ihr Gesicht war ganz verkniffen vor Konzentration. Endlich fluchte sie und zog ihre Hand heraus.
»Mit meinen verdammten Wurstfingern komme ich nicht weiter«, schimpfte sie und rieb hektisch über das Armband an ihrem rechten Handgelenk. »Hölle und Verdammnis, ich halte das nicht aus!« Sie griff wutentbrannt nach dem Lederband und wollte es anscheinend abreißen, aber Akim, der auf ihren Ausruf besorgt herbeigeeilt war, hielt ihre Hand fest.
»Kleines, du weißt, daß du sie nicht abnehmen solltest«, sagte er fast liebevoll. Sein Gesicht wirkte mitleidig. Er hielt ihre Hand weiter fest und streichelte sie besänftigend. Ranan sträubte sich noch ein wenig, dann entspannte sich ihr verzerrtes Gesicht. Sie lächelte Akim an.
»Danke, Maddoc. Ich werde vernünftig sein, versprochen.« Er nickte und strich ihr im Fortgehen noch einmal über die Schulter. Sie seufzte und packte das seltsame Ding wieder in seine Umhüllung.
»Was ist das?« wagte ich eine Frage. Sie sah verstört auf, als hätte sie vergessen, daß ich neben ihr hockte.
»Oh, das. Das ist ein – Artefakt, das ich in S'aavara erstanden habe. Alt, uralt. Wahrscheinlich älter als alles, was du je gesehen hast.«
»Wozu hat es gedient? Oder ist es Zierrat?«
»Ich weiß es nicht – noch nicht. Wenn ich das richtige Werkzeug hätte, und meine Finger nicht so verdammt ungeschickt und grob wären ...« Ich mußte lachen. Sie sah mich verständnislos an.
»Die reinsten Blutwürste«, kicherte ich und deutete auf ihre schlanken weißen Finger. Sie sah verwirrt darauf nieder, dann grinste sie verlegen.
»Ich weiß, das klingt seltsam. Aber für solch feine Arbeit ...«, sie seufzte wieder und legte das Paket zurück in den Wagen. Dann streckte sie sich, daß die Nähte der engen roten Weste, die sie heute anstelle ihrer weißen Tunika trug, gefährlich knirschten. Sie reichte mir eine Hand und zog mich hoch.
»Gehen wir schwimmen«, schlug sie vor. Es war eine gute Idee, denn mir klebten die Kleider am Leib, und das seit Stunden über uns hängende Gewitter ließ auf sich warten.
Nahe unserem Rastplatz hatte Ranan einen kleinen See entdeckt. Einladend lag er da, sein Wasser wirkte klar und kühl. Ranan stieß einen kleinen Schrei des Entzückens aus und riß sich die Kleider vom Leib. Sie war schon im Wasser, als ich mich noch zögerlich aus meinen Sachen schälte. Wie immer wollte ich meine Wäsche anbehalten, aber dann schalt ich mich einen Narren. Wen störte es noch, wie ich aussah, es wußten doch ohnehin alle über mich Bescheid. Und sollte Ranan es wahrhaftig noch nicht erfahren haben, dann wußte sie es eben jetzt. Ich warf meine Wäsche auf den Kleiderhaufen und lief zum Seeufer hinunter. Ranan tauchte gerade auf, die rotblonden Haare wie eine enganliegende Kappe an den Kopf geklebt.
»Na los, komm schon rein! Es ist wunderbar«, rief sie mir zu und tauchte wieder unter. Ich sah ihren weißen Körper wie einen riesigen Fisch durch das Wasser schießen. Mit einem entschlossenen Sprung tauchte ich neben ihr ein. Das eisige Wasser benahm mir zuerst den Atem, aber nach ein paar Schwimmstößen streichelte es nur noch angenehm kühl über meine prickelnde Haut. Ranan tauchte prustend neben mir auf und schüttelte sich lachend die Tropfen aus dem Gesicht. Sie legte sich auf den Rücken und ließ sich treiben. Zuerst wagte ich nicht, sie anzusehen, sondern richtete meine schamhaften Blicke ans gegenüberliegende Seeufer. Auf Salvok pflegte man sich nicht unverhüllt vor Angehörigen des anderen Geschlechtes zu zeigen, zumindest nicht in der Öffentlichkeit. Ich konnte mich nicht erinnern, jemals eine der Frauen der Burg ohne ihre Kleider gesehen zu haben.
»Was ist los mit dir?« neckte sie mich, als sie meine Verlegenheit bemerkte. Wassertretend nahm sie mein Gesicht zwischen die Hände und drehte meinen Kopf zu sich herüber. »Sieh mich ruhig an, das tut mir nicht weh«, lachte sie. Ihre runden weißen Brüste, die da vor meinen Augen schwammen, waren genauso von Sommersprossen übersät wie offenbar jeder einzelne Zentimeter ihres Körpers. Sie sah meinen gefesselten Blick und kicherte. Dann tauchte sie mich ohne Vorwarnung unter. Ich schluckte eine ordentliche Portion Wasser und schlug panisch um mich. Sie ließ mich los, und ich kam keuchend wieder an die Oberfläche und spuckte eine Mundvoll Entengrütze aus.
»Na warte«,
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