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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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Unterlippe zwischen den makellos weißen Zähnen, begann sie, an meiner Stirnlocke herumzusäbeln. Ihre erstaunlich schmalen Hände waren wirklich so geschickt, wie sie gesagt hatte.
    Tom kam von seinem Beutezug zurück, ein Kaninchen in der Hand und vier Nebeltauben an seinem Gürtel baumelnd. Ich staunte ihn an. Er warf die Beute Akim zu, der sich freiwillig zum Küchendienst gemeldet hatte – Toms und meine Kochkünste schienen ihm nicht sehr zuzusagen – und steuerte Ranans improvisierte Barbierstube an. Er trat hinter mich und legte mir die Hände auf die Schultern. Wie jedesmal, wenn er mich berührte, durchfuhren mich kleine Schauer.
    Mit beiden Händen griff er liebkosend in meine Haare und sagte bedauernd: »Eigentlich wäre es schade darum. Willst du sie ihm wirklich abschneiden?« Ranan hatte das Messer sinken lassen und sah ihn ganz überrascht an. Als er sich jetzt auch noch über mich beugte und mich auf den Mund küßte, fiel ihr Unterkiefer etwa bis auf Kniehöhe.
    »Mach den Mund zu, Ran, und schneide weiter. Aber nicht zu kurz«, empfahl Tom und wechselte zu Akim hinüber, um ihm beim Ausnehmen der Tiere zu helfen. Ranan blickte ihm fassungslos hinterher, das Messer reglos in der Luft.
    »Also gut. Dann lassen wir sie eben lang«, sagte ich enttäuscht. Hatte der wankelmütige Tom nicht selbst den Haarschnitt gewollt? Ich würde mir meine Haare zusammenbinden müssen, damit sie mir nicht ständig ins Gesicht flogen. Insgeheim war ich ein bißchen stolz darauf, daß mein Äußeres ihm etwas zu bedeuten schien. Ranan gab einen erstickten Laut von sich, löste sich aus ihrer Erstarrung und säbelte dann vorsichtig weiter.
    Mit fettigen Fingern saßen wir später um das schwelende Feuer, satt und zufrieden. Akims Kochkünste konnten sich wirklich sehen lassen. Ich lehnte träge an Toms Knien, und er spielte mit meinen Locken. Er wickelte sich eine Strähne um den Finger und zog sanft daran. Ich wandte ihm mein Gesicht zu, und er küßte mich. Ranan, die an einem Kaninchenknochen saugte, sah sehr betont in eine andere Richtung. Akim stocherte zwischen seinen Zähnen herum und grinste in sich hinein. »Sag mal«, wandte er sich an sie. »Wie war es eigentlich in S'aavara? Du hast noch gar nichts davon erzählt.«
    Ranan spuckte einen Knorpel aus und warf den Knochen ins Feuer. »Lustig«, sagte sie gedehnt. Akim zog die Brauen hoch und wechselte einen Blick mit Tom.
    »Wieviele Tote?« fragte Tom gleichmütig. Ich starrte ihn an. Seine Finger hatten nicht aufgehört, mit meinem Haar zu spielen. Ranan zog wieder ihre kurze Nase kraus und spitzte die Lippen.
    »Ich weiß gar nicht, was du von mir willst«, beklagte sie sich, aber es klang nicht sehr überzeugend.
    »Wie viele ahnungslose S'aavaraner hast du auf ihre unwiderruflich letzte Reise geschickt?« Und, seufzend, als er ihre unschuldsvolle Miene sah: »Oder, anders ausgedrückt, wieviele dunkelhäutige Witwen und Waisen mehr als vor deinem kleinen Ausflug beherbergt dieses beklagenswerte Land nun?«
    Ranan zuckte die Achseln und sah beleidigt aus. »Ach, geh doch und fang ein paar Mäuse!« schnappte sie.
    Ich schluckte. Mir fiel die Unterhaltung der beiden Männer ein, die ich so schrecklich mißverstanden zu haben meinte – oder vielleicht doch nicht? Wie war das noch gewesen mit dem ›schmutzigen Metier‹ und den ›blutigen Angelegenheiten‹? Sollte diese unschuldig dreinblickende junge Frau wahrhaftig eine der legendären Mordsöldnerinnen sein, von denen nur hinter vorgehaltener Hand erzählt wurde? Jeder Soldat, den ich kannte, leugnete die Existenz käuflicher Mörder, aber es gab genügend Hinweise darauf, daß es sie geben mußte. Schließlich war sogar der Vater der jetzigen Krone dem Anschlag gedungener Mörder erlegen.
    Wegen meiner düsteren Überlegungen hatte ich den Anfang einer Geschichte verpaßt, die Ranan jetzt auf Drängen der beiden Männer vortrug.
    » ... dann bin ich dahintergekommen, daß dieser Schweinehund von Karawanenführer versuchte, mich an den minor, den jüngeren der beiden T'jana-Fürsten, zu verkaufen. Der hätte wohl gerne eine Frau meiner Farbe in seinem Harem gehabt.« Sie errötete mädchenhaft und fuhr fort: »Ich hab mir den Mistkerl gegriffen und ihm den Arm gebrochen. Als ich ihm damit drohte, seine Eier abzureißen und ihm durch die Ohrläppchen zu fädeln, hat er gejammert und mir drei seiner besten Kamele angeboten, wenn ich ihn laufen ließe.« Sie schlug sittsam die Augen nieder und wartete

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