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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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verdrehte die Augen und murmelte: »Ihr Götter, was findet er nur an diesem Bauerntölpel!« Ich wurde blutrot. Sie hockte sich neben mich und nahm meine Hand. Ich ließ es widerwillig zu.
    »Hör zu, Junge. Wir haben eine wichtige und sehr anstrengende Mission zu erfüllen. Ich kann es mir nicht leisten, daß meine Leute dabei abgelenkt werden. Ich kann nicht zulassen, daß sie verwundet oder getötet werden, weil sie jemanden am Rockzipfel hängen haben, der in irgendwelchen Schwierigkeiten steckt! Verstehst du mich?« Ihre Stimme klang hart und entschieden. Ich senkte den Kopf. Wahrscheinlich hatte sie recht. Dieser Überfall hatte mir gegolten, auch wenn ich mir nicht erklären konnte, warum. Tom war dabei fast getötet worden, was somit auf mein Kerbholz ging. Ich nickte resigniert. Sie klopfte mir erleichtert auf die Schulter.
    »Brav, mein Junge. Akim sagt, du hättest eine ordentliche Gehirnerschütterung, deren Heilung aber gut vorangeht. Ich setze dich jetzt nicht hier mitten im Wald aus, aber bei dem nächsten Gasthof, zu dem wir kommen, verläßt du uns. Ich gebe dir genügend Geld, daß du dir einen Schlafplatz mieten kannst, bis du wieder bei Kräften bist.«
    Sie wartete mein Nicken ab und fuhr fort: »Und jetzt sag mir bitte: warum sind wir überfallen worden? Wer waren diese Leute?« Ich zuckte mit den Achseln. Das waren keine von Moraks Soldaten gewesen, und wer sollte mich sonst gefangennehmen wollen? Sie schüttelte den Kopf.
    »Wir haben versucht, den einen zu vernehmen, den Akim mit der Pfanne verarztet hat. Die anderen waren ja nicht mehr allzu gesprächig, nachdem Ranan und Tom mit ihnen fertig waren. Aber er hat es vorgezogen zu sterben. Du weißt es wirklich nicht?« Ich schüttelte den Kopf. »Schade«, sagte sie. »Aber es ist schließlich nicht unser Problem.« Sie zögerte. »Akim sagte, du kennst Nikolai?« fragte sie. Da war etwas in ihrer Stimme, das mich neugierig machte. Ihr Gesicht wirkte undurchdringlich, aber ihre Stimme verriet sie.
    »J-ja. Nik ist m-mein F-Freund.« Warum fiel mir nur das Sprechen so schwer?
    »Du bist nicht mit ihm verwandt?« fragte sie barsch. Ich schüttelte verwirrt den Kopf. Sie nickte wieder und stand auf. »Wir fahren jetzt los. Du solltest dich auch wieder hinlegen, Kind. Maddoc macht mir sonst die Hölle heiß.«
    Ich schleppte mich geschlagen in den Wagen zurück. Tom lag mit weit offenen Augen auf seinem Lager und starrte ins Leere. Ich sprach ihn an, aber er reagierte nicht. Ich rollte mich unter meiner Decke zusammen und verbiß mir die Tränen. Ich war kein Kind mehr, das losgreinte, wenn es seinen Willen nicht bekam. Diese Genugtuung sollte Quinn nicht haben; ich würde ihr nichts vorheulen, weil sie mich fortjagte. Ich wollte sie nicht über mich bestimmen lassen! Zwar konnte ich sie nicht dazu zwingen, mich weiter mitzunehmen, und sicher würde ich sie nicht darum bitten! Aber ich hatte vor, Zeitpunkt und Ort meines Abgangs selbst zu bestimmen. Ein trockenes Schluchzen entfuhr mir. Tom bewegte sich, seine Hand berührte meine Schulter. Ich blieb regungslos liegen, als schliefe ich. Er seufzte und blieb an meiner Seite. Seine Hand strich leise über meinen Arm und wieder zurück zur Schulter, eine seltsam trostlose, mechanische Geste.
    » Chu-chula «, flüsterte er heiser und unglücklich. » Chu-chula .«
    Der Tag ging vorüber, das Nachtlager wurde aufgeschlagen, Ranan brachte uns Suppe und Brot. Akim wechselte Toms Verbände und versorgte die Beule an meinem Hinterkopf, wieder so schweigsam und mürrisch, wie ich ihn kannte.
    Tom und ich wechselten kein Wort miteinander. Er sah elend aus, das bleiche Gesicht verschlossen wie eine eiserne Maske. Es wurde früh ruhig im Lager, anscheinend waren alle zu erschöpft und nicht in der Stimmung, um noch am Feuer zu sitzen und zu schwatzen.
    Ich wachte die ganze Nacht hindurch, die Arme um die Knie geschlungen. In der vergangenen Zeit hatte ich mehr als genug Schlaf bekommen; mir war, als würde ich in meinem ganzen Leben kein Auge mehr zutun können. Das Bündel mit meinen spärlichen Kleidungsstücken und dem aufgesparten Kanten Brot vom Abendessen lag griffbereit neben der Tür. Als draußen die ersten zaghaften Vogelrufe die nahende Morgendämmerung ankündigten, krabbelte ich leise die Treppe hinunter und zog mein Bündel vom Wagen. Lautlos umrundete ich die Schläfer neben dem Wagen und schlug mich in die Büsche. Der brave Schimmel tauchte wie ein bleiches Gespenst neben mir auf und

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