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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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immer noch leicht übel. Benommen sah ich zu der großen Frau auf, die meine Decken zurechtzog.
    »Du siehst wohler aus. Akim ist recht zufrieden«, sagte sie leise.
    »W-was ist mit T-Tom?« fragte ich. Sie hob die Schultern.
    »Er ist zäh; du wirst sehen, er ist schneller wieder auf den Beinen, als Akim lieb ist. Freu dich schon mal auf den Streit, den es dann geben wird, ob er aufstehen darf. Tom gewinnt ihn immer.« Sie kicherte und faltete sich wieder zu fast ihrer vollen Länge auseinander. Hier im Wagen konnte sie nicht aufrecht stehen. »Schlaf jetzt, Elloran. Schlafen ist das Beste, was du tun kannst, sagt Akim.« Sie warf noch einen besorgten Blick auf Tom und verließ uns. Ich seufzte und schloß meine Finger wieder um die reglose Hand Toms. Er bemerkte es wahrscheinlich nicht einmal, aber mir war die Berührung tröstlich.
    Ich schlief wieder, und dieses Mal war mein Schlaf tiefer und erholsamer als das unruhige, kurze Wegdämmern, das meine letzten Stunden – oder gar Tage? – begleitet hatte. Ich schlief traumlos und erwachte nur, weil mir ein fremdes Gewicht an meiner Schulter bewußt wurde. Mühsam lenkte ich meinen Blick dorthin und sah auf einen runden Kopf mit spärlichem Haarwuchs und spitzen Ohren, der an meiner Schulter ruhte. Toms Augen waren geschlossen, und sein Atem ging ruhig. Er roch ganz schwach nach saurer Milch und Zimt, aber sein Körper war wieder beruhigend warm. Ich legte, um es ihm etwas bequemer zu machen, vorsichtig meinen Arm um ihn und sank wieder in Schlaf.
    »Nein, was für ein rührendes Bild«, spöttelte eine heisere Stimme. Ich öffnete die Augen und sah in der Tür die verkrüppelte Gestalt des Fremden stehen. Helles Sonnenlicht fiel durch die Tür und verlieh dem Schattenriß eine strahlende Aureole. Tom neben mir rührte sich und erwachte. »Guten Morgen, S'TomCroQ'nan«, sagte der Fremde förmlich.
    »Guten Morgen, Quinn«, murmelte Tom schläfrig. Seine Stimme klang kräftiger. Er drückte kurz und fest meine Hand und ließ sie los. Vorsichtig setzte er sich. Quinn trat näher und hockte sich neben ihn, ohne mir auch nur einen Blick zu gönnen.
    »Was meinst du, Tom, fühlst du dich kräftig genug? Ich würde gerne gleich mit dir reden.« Das war in verbindlichem Ton vorgebracht, doch der darunter liegende Befehl war kaum zu überhören.
    Toms Gesicht glich einer abweisend geschlossenen Tür, aber er antwortete, ohne zu zögern: »Zu Befehl, Captain.«
    Ich musterte den Fremden, der mir nun den Gefallen tat, sein Gesicht ins Licht zu wenden. Wie bei einem Vexierbild, das man lange betrachtet, verschoben sich seine Züge vor meinen Augen und setzten sich neu zusammen. Ich blinzelte verblüfft. Wie hatte ich Quinn nur für einen Mann halten können? Sie hatte Tom ihre Hand auf die Schulter gelegt und sah ihn schweigend an. Er wand sich unter diesem Blick, senkte aber die Augen nicht.
    »Tom«, sagte Quinn leise tadelnd, »sei bitte nicht verstockt. Ich denke, ich habe ein gewisses Recht darauf, von dir zu erfahren, was hier vor sich geht. Oder etwa nicht, Commander ?« Er antwortete nicht, und sie wandte sich ab. Ein flüchtiger kalter Blick traf mich, bevor sie ausstieg. »In einer halben Stunde«, sagte sie und schloß die Tür.
    Tom hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Als ich ihn zaghaft an der Schulter berührte, blickte er auf. Ich war auf Verzweiflung oder Zorn gefaßt gewesen, doch nicht auf die fröhliche Ergebenheit, mit der er mich ansah.
    »Das gibt ein Festessen, mein Herz«, sagte er heiter. »Sie wird mich häuten, ausnehmen, entbeinen, in kleine Stückchen schneiden und ein wunderbares Ragout bereitet haben, noch ehe einer von euch die Zwiebeln dazu geschält hat.« Ich hatte ihn noch nie in einer so seltsamen Stimmung erlebt. Seine Augen glitzerten; er zog mich hart an sich und gab mir einen Kuß, der eher einer Ohrfeige als einer Liebkosung glich. Dann kam er langsam auf die Beine und bewegte vorsichtig seine Schultern, reckte die Arme und bückte sich, um in einer der Kisten nach einem Hemd zu suchen. Er schwankte und hielt sich an der Kiste fest, zerrte ein dunkles weites Hemd heraus und zog es sich ächzend über den Kopf. Ermattet sank er in die Hocke und schloß die Augen. Sein Gesicht war kreidebleich, und die Schatten unter seinen Augen schienen sich zu vertiefen, während ich ihn ansah.
    Die Tür schwang auf und knallte gegen die Außenwand. Akim stürmte herein und brüllte sofort los: »Bist du eigentlich von allen guten Geistern

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