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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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gerne würde fliegen können – und ebenso verlockend. Der Magier drängte mich nicht zu einer Antwort, betrachtete mich nur weiter. Plötzlich wünschte ich mich weit fort von ihm, fort von diesem durchdringenden Blick. Ich sehnte mich nach Nikal und seiner nüchternen, besonnenen Art. Wie hätte er darüber gelacht! Julians kalte grüne Augen nagelten mich in meinen Sitz. Mir schwindelte, in meinen Ohren summte es, und ich begann, trotz der Kälte zu schwitzen.
    Julian brach endlich den Bann, er faltete sich aus seinem verschlissenen Sessel und trat zu einem der Bücherstapel auf dem Boden.
    »Sag, was möchtest du lesen?« fragte er in freundlichem Plauderton. »Was hältst du von der ›Geschichte von O'Raulikavara‹?« Lächelnd stand er vor mir, ein in dunkles Leder gebundenes Buch in der Hand, groß, mager und freundlich wie immer, das melancholische Gesicht umrahmt von zotteligem schwarzen Haar. Ich schüttelte benommen den Kopf, wie nach einem tiefen Schlaf.
    »Ja, danke!« Begeistert griff ich nach dem Buch. Alle Beängstigung war verschwunden, hatte nie existiert. Es war, als wäre ich nur kurz eingenickt und hätte schlecht geträumt.
    Von diesem Nachmittag an begann sich Julians Unterricht zu verändern. Er fing an, mich in die Grundlagen der Hexerei einzuweisen. Zuerst fiel mir an den Lektionen nichts weiter auf, er schien nur plötzlich einen unerklärlichen Wert auf rituelle Wiederholungen mir sinnlos erscheinender Formeln und Handbewegungen zu legen. Eigentümlicherweise fragte ich ihn während dieser ganzen Zeit nicht nach deren Sinn oder dem Zweck dieses seltsamen Unterrichts. Es war, als stünde ich unter einem Bann, der mich davon abhielt, seine Anweisungen zu hinterfragen. Dennoch war ich völlig klar bei der Sache und fühlte mich alles andere als willenlos oder behext.
    Dann kam der Tag, an dem Julian mich meinen ersten richtigen Zauber lehrte. Wir saßen nach einer Geschichtsstunde noch am Tisch und tranken Tee. Julian drehte gedankenverloren eine grünschimmernde Feder zwischen seinen Fingern. Er war noch schweigsamer als sonst. Ich betrachtete ihn neugierig. Seine kühlen Augen trafen mich, und er lächelte beinahe grimmig. Dann legte er die Feder zwischen uns auf die Tischplatte und stieß sie leicht mit dem Finger an. Ich sah darauf nieder und dann fragend auf den Magier. Er sagte sanft: »Bewege diese Feder, ohne deine Hände zu benutzen.« Ich zog meine Brauen empor und grinste. Nichts leichter als das. Mit einem kräftigen Pusten fegte ich die Feder in die Luft und vom Tisch.
    Julian schnaubte, und ich sah das ärgerliche Funkeln in seinen Augen. »Dummer Junge«, schalt er. »Doch nicht so! Was habe ich dir denn in all den Wochen beigebracht?«
    Es mag verrückt klingen, aber jetzt erst begriff ich, was er von mir erwartete. Es war, als fiele mir ein Schleier von den Augen, und ich erkannte den Zweck der scheinbar so sinnlosen Lektionen der letzten Wochen.
    Julian hob eine seiner schmalen Hände und bewegte sie sacht. Seine dürren Finger malten wirre Muster in die Luft. Ich vermeinte, ein schwaches violettes Glühen zu erkennen, das der Spur seiner Bewegungen folgte und wieder verglomm. Die Feder auf dem Boden zitterte sanft wie in einer unsichtbaren Brise und erhob sich taumelnd. Langsam, wie von unsichtbaren Fäden gezogen, tanzte sie empor und landete vor mir auf dem Tisch.
    Julian ließ seine Hand sinken und sah mich auffordernd an. Ich verstand. Ich schloß für einige Atemzüge meine Augen und beruhigte meine Gedanken. Dann legte ich meine Hände flach auf den Tisch und betrachtete die Feder, prägte mir ihre Form ein, ihre Farbe – schwarz mit einem grünlichen Schimmer – das flaumige Ende, den weißen Kiel. Ich bemühte mich, selbst zu dieser Feder zu werden. Dann hob ich langsam meine linke Hand, deren Finger nicht ganz so ruhig waren, wie ich es mir gewünscht hätte. Ich leckte mir über die vor Aufregung trockenen Lippen und zeichnete das Muster in die Luft, so, wie Julian es kurz zuvor getan hatte. Mir mangelte es an der Eleganz und der Leichtigkeit, die seine Bewegung ausgezeichnet hatte, und ich erreichte nur, daß die Feder wild auf dem Tisch zu kreiseln begann. Atemlos wie nach einem langen Lauf blickte ich auf und erwartete einen strafenden Blick meines Lehrers, aber Julian saß mit verschränkten Armen da und sah mich beinahe liebevoll an.
    »Gut, mein Junge«, sagte er sanft. »Sehr gut. Die Beschwörung war noch nicht ganz vollkommen, deshalb stimmte die

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