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Ellorans Traum

Ellorans Traum

Titel: Ellorans Traum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances G. Hill
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habe ich ja, aber sie wurde böse und hat mich ins Bett geschickt. Und Malima hat mich ausgeschimpft.«
    Er seufzte und setzte sich wieder ins Gras. »Also gut.« Er kratzte sich am Kopf. »Eine Sache solltest du mir vorher erklären. Was hat es für einen Grund, daß du immer deine Wäsche anbehältst, wenn wir schwimmen gehen?«
    Ich wurde rot. »Mutter hat es mir befohlen.«
    Nikal kaute nachdenklich auf seiner Lippe. »Du hast die anderen Jungs gesehen und mich. Sehen wir – irgendwie anders aus als du? Ich meine – hm – zum Beispiel zwischen den Beinen?« Ich bekam heiße Ohren, sie mußten feuerrot angelaufen sein. Nikal wirkte auch nicht besonders glücklich. Ich bereute es bereits, dieses Gespräch überhaupt angefangen zu haben.
    »Jjjja, schon«, gab ich zögernd zu.
    »Würdest du deine Wäsche vielleicht einmal – also, du mußt nicht, aber dann könnte ich dir vielleicht sagen, ob ...« Ich hatte ihn noch nie so außer Fassung erlebt. Mit zitternden Fingern streifte ich mein Unterzeug ab. Dann stand ich da, die Zähne zusammengebissen und erwartete mein Urteil. Nikal musterte mich in meiner gänsehautüberzogenen Nacktheit und stutzte. Seine Miene wurde sehr finster.
    »Zieh dich wieder an, Elloran.« Seine Stimme klang sanft, ganz im Gegensatz zu seinem Gesicht. Er sah so wütend aus wie damals, als er den Soldaten Cal zurechtgewiesen hatte.
    »Was – was ist?« Ich war den Tränen nahe. »Bin ich ein T'svera?«
    »Nein«, preßte er hervor, anscheinend kaum in der Lage, seine Wut zu bezähmen. Ich wußte nicht, was ich getan hatte, ihn so zu reizen. Er merkte, daß ich kurz davor war, in Tränen auszubrechen und nahm mich in den Arm.
    »Paß jetzt gut auf, Kleiner. Du darfst niemandem, niemandem , hörst du? etwas davon erzählen. Das hier ist nie geschehen. Und vergiß das mit dem T'svera. Das ist ganz dummes Zeug.«
    »Aber was ist denn nun ein T'svera?« Ich war erschrocken wegen seines ernsten Tones und ein bißchen böse, weil einfach niemand meine Fragen beantwortete. Er bemerkte es. Sein Griff um meine Schultern wurde fester, dann ließ er mich los.
    »T'svera ist ein Mensch, wenn er ...«, Nikal rieb sich das Gesicht und stöhnte. »Wie erkläre ich dir das bloß? Du weißt, es gibt Männer und Frauen auf der Welt. Um Kinder zu bekommen – nein, anders.« Bei jeder anderen Gelegenheit hätte mich seine Verlegenheit amüsiert, aber jetzt litt ich mit ihm.
    »Deine Mutter stammt aus L'xhan«, setzte er nach einem Augenblick der Sammlung neu an. »Dort sind T'svera durchaus geachtete und angesehene Leute.« Er verstummte wieder und wischte sich gepeinigt den Schweiß von der Stirn. Ich gab keinen Laut von mir, sah ihn nur verständnislos, aber aufmerksam an. Er fuhr fort: »T'svera sind weder Männer noch Frauen. Sie sind – irgend etwas dazwischen. Etwas von beidem. Nicht fähig, sich fortzupflanzen.« Er stockte wieder und setzte dann in eindringlichem Ton hinzu: »Du bist keiner von ihnen! Du bist ... kein T'svera.« Er hatte eigentlich irgend etwas anderes sagen wollen. Seine Augen irrten von mir fort. Hastig sagte er: »Aber, Kleiner, deine Mutter hat recht. Laß dein Unterzeug an, wenn du mit jemand anderem als mir schwimmen gehst. Es ist wirklich besser so.«
    Mein Kopf schwirrte. Etwas im Klang seiner Stimme verriet ihn: er belog mich – oder sagte mir zumindest nicht die ganze Wahrheit.
    In verstimmtem Schweigen gingen wir zur Burg zurück. Als wir durch das Burgtor schritten, holte Nikal tief Luft, wie vor einer schwierigen Entscheidung. Über seinem Gesicht hing noch immer eine Gewitterwolke, während wir gemeinsam die Treppe zum Eingang des Palas erklommen. Ich warf ihm aus dem Augenwinkel einen ängstlichen Blick zu, die Mißstimmung zwischen uns bedrückte mich.
    Wortlos folgte er mir zu den Gemächern meiner Mutter. Ich bewohnte seit kurzer Zeit eine eigene Kammer und dachte, er wolle mit mir dorthin – warum auch immer. Aber er überraschte mich damit, daß er vor Ellemirs Tür stehen blieb und anklopfte. Malima öffnete und sah ihn fragend an. Ohne ein Wort schob er sie wie einen Vorhang beiseite und trat ein. Empört aufschreiend fuhr sie herum und folgte ihm.
    »Was fällt dir ein, du grober Klotz? Du kannst doch nicht einfach so mir nichts, dir nichts hier hereinmarschieren ...«
    Ihr Keifen verklang im Inneren des Gemachs, während die Tür hinter ihr offenblieb. Von unerträglicher Neugier getrieben, schlich ich hinter ihnen her. Aus dem hinteren Gemach

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