Elric von Melnibone
Münze in seinen Beutel und griff nach den beiden Weinkelchen auf dem Tresen. Obwohl er Verschwendung haßte, war es wohl klüger, die beiden Kelche fortzuwerfen, für den Fall, daß sie irgendwie befleckt worden waren.
Das Schiffdas-Über-Landund-Meer-Fährt erreichte die Bucht zur Mittagsstunde des folgenden Tages und lag nun dicht unter der Küste, vor der nahen Stadt durch eine kurze Landzunge verborgen, auf der eine geradezu tropische Vegetation wucherte. Elric und Dyvim Tvar wateten durch das klare flache Wasser an Land und betraten den Wald. Sie hatten beschlossen, vorsichtig zu sein und sich erst zu zeigen, wenn sie wußten, ob es in Dhoz-Kam wirklich so stand, wie es der Wirt mit verächtlichen Worten geschildert hatte. Kurz vor dem Ende der Landzunge fand sich ein halbhoher Hügel und darauf etliche große Bäume. Elric und Dyvim Tvar hackten sich mit den Schwertern einen Weg durch das Dickicht, erstiegen den Hügel und suchten sich den Baum aus, der am einfachsten zu erklettern war. Elric wählte einen, der ein Stück weit gekrümmt wuchs und sich dann wieder aufrichtete. Er steckte das Schwert in die Scheide, legte die Hände um den Baumstamm und zog sich, von den Beinen unterstützt, hoch, bis er einige dicke Äste erreichte, die sein Gewicht zu tragen vermochten.
Gleichzeitig erstieg Dyvim Tvar einen in der Nähe stehenden Baum. Auf diese Weise hatten beide Männer nun einen ungehinderten Blick über die Bucht, in der Dhoz-Kam gut zu beobachten war. Die Stadt selbst entsprach durchaus der Beschreibung des Wirts. Sie war häßlich und schmutzig und offensichtlich arm. Zweifellos war Yyrkoons Wahl gerade deswegen darauf gefallen, denn Oin und Yu waren mit einer Handvoll ausgebildeter Imrryrier und einigen Zauberfreunden Yyrkoons sicher leicht zu erobern gewesen. In der Tat, nur wenige hätten sich die Mühe gemacht, einen Ort anzugreifen, der so offensichtlich armselig war und dessen geographische Lage keinerlei strategische Bedeutung hatte. So gesehen war Yyrkoons Wahl gut, zumindest was die Geheimhaltung anging. Hinsichtlich der Flotte von Dhoz-Kam hatte sich der Wirt allerdings geirrt. Selbst aus dieser Entfernung konnten Elric und Dyvim Tvar mehr als dreißig große Kriegsschiffe im Hafen ausmachen, und flußaufwärts schienen weitere Boote zu ankern. Die Schiffe waren aber nicht so interessant wie das Ding, das über der Stadt blitzte und flimmerte - ein Gebilde auf riesigen Säulen, welche eine Achse stützten, die ihrerseits einen riesigen kreisförmigen Spiegel drehte, dessen Entstehung offensichtlich ebensowenig auf sterbliche Hände zurückzuführen war wie das Schiff, das die Melniboneer hergetragen hatte. Kein Zweifel - das war der Gedächtnisspiegel. Jeder, der in den Hafen segelte, solange der Spiegel dort stand, verlor sofort seine Erinnerungen an alle Dinge, die er gesehen hatte.
»Es will mir scheinen, mein Lord«, sagte Dyvim Tvar von einem Ast, der nur gut einen Meter entfernt war, »daß wir unklug handeln würden, wollten wir ganz offen in den Hafen von Dhoz-Kam eindringen. Wir könnten sogar schon in Gefahr sein, wenn wir nur in die Bucht einfahren. Ich glaube, daß wir selbst jetzt den Spiegel nur deshalb ungeschoren betrachten können, weil er nicht unmittelbar auf uns gerichtet ist. Aber wie du siehst, kann der Spiegel mit dieser Maschinerie in jede gewünschte Richtung gedreht werdenaußer einer; der Spiegel kann nicht auf das Binnenland hinter der Stadt gerichtet werden. Das ist auch gar nicht nötig, denn wer würde sich Oin und Yu aus den Ödgebieten außerhalb der Grenzen nähern; wer sollte außer den Bewohnern von Oin oder Yu über Land in die Hauptstadt reisen?«
»Ich glaube zu verstehen, was du meinst, Dyvim Tvar. Du willst sagen, es wäre ratsam, sich der besonderen Eigenschaften unseres Schiffes zu bedienen und.«
»... und über Land nach Dhoz-Kam zu segeln, überraschend anzugreifen und uns dabei der Dienste der mitgebrachten Veteranen zu versichern, in schnellem Vorstoß, ohne uns um Prinz Yyrkoons neue Verbündete zu kümmern. Unser Ziel muß der Prinz selbst sein mit seinen Verrätern. Wäre das zu schaffen, Elric? In die Stadt stürmen - Yyrkoon angreifen, Cymoril retten und dann in schneller Fahrt wieder fort?«
»Da wir für einen direkten Sturmangriff nicht genug Männer haben, bleibt uns gar nichts anderes übrig, obgleich es gefährlich ist. Sobald wir den Versuch begonnen haben, ist natürlich das Überraschungsmoment verloren. Ginge der erste Angriff
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