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Elsa ungeheuer (German Edition)

Elsa ungeheuer (German Edition)

Titel: Elsa ungeheuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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Grund meiner Pupillen.
    Die Kratzlerin und ich stürmten zur Haustür. Unerträglich langsam durchquerten zwei Gestalten den Garten.
    »Was ist passiert?«, stieß unsere Haushälterin hervor, als sie den Eingang erreicht hatten.
    »Lorenz? Elsa?« Meine Stimme war ein flehendes Flüstern.
    »Sofort rein da.« Gustav scheuchte meinen Bruder und das Mädchen in den Frühstücksraum.
    »Es ist fast zwei Uhr morgens! Wo seid ihr gewesen?«
    Keine Entschuldigungen, keine Ausreden. Mit eisernen Mienen und seltsam teilnahmslos saßen Elsa und Lorenz nebeneinander.
    Sie haben das Ende der Welt gesehen, dachte ich.
    Egal in welcher Tonart Gustav und die Kratzlerin versuchten, eine Erklärung aus ihnen herauszulocken oder zu -quetschen, sie schwiegen. Auch die beiden Väter, die wenig später eintrafen, brachten ihre Kinder nicht zum Sprechen.
    Wo seid ihr gewesen? Was ist passiert? Je öfter diese Worte ertönten, desto unmöglicher schien eine Antwort zu werden. Und allmählich verloren die Fragen selbst jeglichen Sinn.
    »Vielleicht gehen wir jetzt einfach schlafen«, sagte Randolph erschöpft. Aus Mangel an Alternativen stimmten die übrigen Erwachsenen seinem Vorschlag zu.
    Ich hatte Angst um Elsa, als Gustav und Hubertus sie abführten. Was würde sie jetzt erleben?
    Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, folgte ich meinem Bruder nach oben.
    »Lorenz?« Ich hielt ihn fest, bevor sich unsere Wege am zweiten Treppenabsatz trennten. Was sollte ich ihn jetzt fragen? Wo seid ihr gewesen? Was ist passiert?
    »Lorenz?«, setzte ich noch einmal an.
    Er schüttelte den Kopf, und ich ließ ihn ziehen.
    Keine Antwort. Nicht in dieser Nacht, nicht am nächsten Tag.
    Er schlug sie nicht mehr. Zwar zuckten Lorenz’ Finger, wenn sie ihn attackierte, doch er berührte Elsa nicht. Nicht als sie ihn gegen das Schienbein trat, nicht als sie ihn einen kompletten Vollidioten nannte und ihre scharlachroten Nägel in seinen Unterarm krallte. Auf dem Schulhof begnügte Elsa sich damit, Prügeleien anzuzetteln, verschwand aber, sobald es ernst wurde, und mein Bruder musste die Kämpfe allein ausfechten.
    Wo seid ihr gewesen? Was ist passiert? Eine Zimmerlänge, eine Grabesbreite und zwei unbeantwortete Fragen. Jahre sollten vergehen, bis ich eine Antwort erhielt.
    Einen Monat nach jener Nacht begannen die Sommerferien. Am letzten Schultag trafen wir drei uns vor dem Tor und liefen zum Marktplatz.
    In der einen Hand ein Eis, in der anderen die Zeugnisse hockten wir auf der Brunnenmauer. Am schlechtesten hatte mein Bruder abgeschnitten, Elsa lag im Mittelfeld. Mich dagegen hatte man in fast jedem Fach mit sehr gut benotet.
    »Ich bin nicht dumm«, sagte Lorenz leise und starrte auf seine Zensuren.
    Jetzt legt sie los, dachte ich, aber Elsa schwieg. Das Gesicht der Sonne entgegengestreckt, kaute sie mit verschmiertem Vanillemund den letzten Bissen der Waffel, während ihre Hände aus dem Blatt Papier ein Schiffchen formten.
    »Elsa«, rief ich erschrocken. »Die Gröhlers werden dich umbringen.«
    Sie zuckte bloß mit den Schultern und ließ das Zeugnis-Schiff schwimmen.
    Lorenz schüttelte den Kopf. »O Mann, Elsa, du bist echt bescheuert.«
    »Guck auf die Uhr«, befahl sie mir, Lorenz’ Beleidigung ignorierend. »Wenn es länger als neun Minuten durchhält, ist das ein gutes Zeichen.«
    Elsa und Lorenz starrten gebannt auf die Wasseroberfläche, nur ich behielt die Uhr im Blick.
    »Und?«, fragte Elsa, als das Schiffchen nach sieben Minuten und zwanzig Sekunden kippte und sank.
    »Fast zehn.«
    Randolph fuhr nach Den Haag, und wir blieben bei Frau Kratzler. Sie war noch immer rüstig, aber langsam schwanden ihre Kräfte, und ganz allein traute sie sich die Verpflegung der Feriengäste, der Ponys, des Esels und der Katzen nicht mehr zu. Lorenz und ich versprachen unserem Vater, ihr zu helfen, damit er seine tote Frau besuchen konnte.
    Wir schleppten nasse Bettwäsche aus dem Waschkeller nach oben, im Trabschritt, um möglichst schnell fertig zu werden.
    »Lorenz! Karl! Herzjesulein, das gibt doch Grasflecken!«, brüllte die Kratzlerin aus dem Fenster, als wieder ein Bezug, anstatt über der Leine, auf der Wiese landete.
    »Das ist eine astreine Technik, nur noch nicht ganz ausgefeilt«, rief Lorenz, nahm ein Laken aus dem Korb, schwang es wie ein Lasso und schleuderte es Richtung Leine. Dieses Mal traf er. Ich jubelte, und unsere Haushälterin knallte das Fenster zu.
    »Wir verkaufen sie auf jeden Fall, wenn wir sie erben«, sagte Lorenz

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