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Elsa ungeheuer (German Edition)

Elsa ungeheuer (German Edition)

Titel: Elsa ungeheuer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Rosenfeld
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aber meistens wartete ich vergebens auf die beiden. Ob sie mich wirklich vor dem Schultor nicht hatten finden können, wie mein Bruder stets beteuerte?
    Ich wollte nicht heulen. Aber manchmal, wenn Lorenz erst spät nach Hause kam, füllten sich meine Augen mit Tränen.
    Eines Abends musste Lorenz meine Traurigkeit bemerkt haben, denn am nächsten Tag, einem heißen Mittwoch im Mai, übersahen sie mich nicht. Wir kauften uns ein Eis und schlenderten zum Springbrunnen.
    »Es ist so warm, dass man da reinhüpfen möchte«, sagte Elsa.
    »Dann mach doch.« Lorenz sah sie herausfordernd an.
    »Mach du doch.«
    »Du hast gesagt, dass du da reinwillst. Aber du traust dich nicht.«
    »Du traust dich auch nicht.«
    »Ach, Elsa! Immer den Schnabel weit aufreißen, das kannst du.«
    Sie zog ihre Stiefel aus und schleuderte sie uns vor die Füße. Da lag es, mein lackgewordenes schlechtes Gewissen. Seit der Nacht, als ein Miauen mich in das Haus der Gröhlers geführt hatte, wartete ich auf den richtigen Moment. Den Moment, um Elsa zu beichten, wer die Stiefel bezahlt hatte. Aber ich verschob es ein ums andere Mal.
    Kleid und Krawatten behielt sie an. Hochmütig schwang Elsa sich über das Mäuerchen und marschierte durch das knietiefe Wasser. »Und? Wer reißt den Schnabel auf?«
    »Flamingo! Bist du in den Brunnen gefallen?«
    Er hatte sich überhaupt nicht verändert, trotzdem brauchten wir drei einen Moment, bis wir begriffen. Noch immer bestand sein gebräunter Körper ausschließlich aus Muskeln und glich sein Gesicht dem eines Engels. Auch das Feinrippunterhemd war geblieben, nur die Blutflecken fehlten.
    »Raus da, Flamingo«, rief Schweine-Willi lachend und klopfte meinem Bruder und mir auf die Schulter. »Lorenz, Karl. Alles klar?«
    Elsa stakste zum Brunnenrand. »Was machst du denn hier? Ich dachte, du bist in Texas.«
    »Bin nur zu Besuch. Mensch, Flamingo, du bist ja erwachsen geworden.«
    Sie verschränkte ihre Arme vor der Brust. »Ich bin fast fünfzehn.«
    »Du bist gerade erst vierzehn«, entfuhr es mir. Sie strafte mich mit einem bösen Blick.
    »Vierzehn oder fünfzehn, egal… irgendwie erwachsen«, sagte er.
    Und er hatte recht. Obwohl Elsa nur wenige Zentimeter gewachsen war und ihr Busen fast gar nicht, hatte sich ein Stück Kindlichkeit aus ihren Zügen gestohlen.
    »Und wie ist es so in Texas?«, fragte sie und hockte sich auf die Mauer.
    »Toll. Riesig. Würd dir gefallen.«
    »Ach ja?«
    »Kannst ja mal vorbeiflattern.«
    Ihre Augen verengten sich. »Und jetzt schlachtest du Rinder, Schweine-Willi?«
    »Ich züchte sie. Kann ich dir ’ne Menge drüber erzählen.«
    »Interessiert mich aber nicht. Was kannst du mir denn sonst noch erzählen?«
    »Was? Was ich noch…« Willi geriet ins Schleudern.
    Elsa lachte laut auf. »Nichts!«, sagte sie. »Richtig?«
    Ein unsicheres Grinsen umspielte den Mund des Ex-Schweineschlächters. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er zu seiner alten Lässigkeit zurückfand. »Ich muss jetzt weiter. Flieg heute Abend wieder rüber.«
    »Tschüss«, sagten wir im Chor.
    Er tat zwei Schritte. Zögerte. Kehrte um, erbat Stift und Papier und kritzelte seine Adresse auf einen Zettel. »Flamingo, schreib mir mal, erzähl du mir was.«
    Elsa betrachtete den Zettel. »Vielleicht, wenn mir was einfällt.«
    »Na dann. Auf Wiedersehen ihr drei.« Willi trabte davon. »Oder komm mich besuchen, Flamingo«, rief er, ohne sich umzudrehen.
    »Und«, fragte ich, als Schweine-Willi aus unserem Sichtfeld verschwunden war, »fährst du hin?«
    »Warum sollte ich? Er ist so dumm, dass mir schlecht wird. Rinder! Was hab ich damit zu tun?«
    Seit das Murmeltier unter der Erde lag, bemühte sich Randolph Brauer, den Alkohol auf ein Minimum zu reduzieren und sich um seine Söhne zu kümmern. Seinem neuerwachten Verantwortungsbewusstsein verlieh er vor allem dadurch Ausdruck, dass er uns bis zu hundert Mal täglich fragte, ob es uns gutgehe. Egal, wie schwer unser Kummer wog, wir antworteten stets mit Ja. So war es für alle Beteiligten am einfachsten.
    Doch immerhin gab der fast nüchterne Fast-Hotelier den Grabstein in Auftrag, den wir Kinder für unseren verstorbenen Dauergast erdacht hatten: ›Hier schläft das Murmeltier‹. Mehr nicht. Schwarze Buchstaben auf weißem Marmor. Volltrunken hätte Randolph wohl dem Drängen des Steinmetzen, ein Datum und einen richtigen Namen in die Platte zu meißeln, nachgegeben.
    Die Stunden, die Elsa, Lorenz und ich auf dem Friedhof verbrachten, waren mir

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