Elton John - Bego, M: Elton John

und sagte: ‚Ich will sobald wie möglich eine Therapie anfangen.‘ Damals gab es keine Behandlungszentren, in denen Patienten gleichzeitig gegen Bulimie, Alkoholismus und Drogensucht behandelt und alle drei Problemfelder abgedeckt wurden. Aber man fand in einer Klinik in Chicago einen Platz für mich, und dort ging ich hin. Mein Appetit für das Leben erwachte wieder. Ich hatte eine zweite Chance bekommen, und dieses Glück haben nicht viele Menschen.“ (50)
    Durch Ryan Whites Tod, Hugh Williams’ Entzug und den Entschluss, sich endlich seiner eigenen Drogen- und Alkoholsucht zu stellen, sah Elton die Welt endlich wieder mit klarem Blick. „Seit ich nüchtern bin, begebe ich mich nicht mehr so oft in sexuelle Situationen mit hohem HIV-Risiko. Bisher hatte ich Glück gehabt, mich nie irgendwo anzustecken.“ (51)
    Endlich erkannte er, wie unglaublich selbstzerstörerisch und selbstsüchtig er gewesen war. „Ich versuche, diese Muster zu durchbrechen. Ich akzeptiere, dass ich meine Persönlichkeit nicht über Nacht ändern kann. Es wird besser, aber für mich ist es besonders schwer, weil ich mein ganzes Leben lang eigentlich nur süchtig nach Liebe war.“ (52)
    Jahrelang hatte Eltons Leben nur aus Scotch, Kokain und Schwulenpornos bestanden. Schließlich erkannte er, dass ein solches Leben hohl und leer war. Trotz seines Reichtums und seines Ruhms war er depressiv, gesundheitlich angeschlagen und schrecklich traurig gewesen. Die Ärzte, an die er sich wandte, sagten ihm, er müsse mit den Drogen aufhören, sonst werde er nur noch ein paar Jahre leben. Dies war der Weckruf, der Elton John wieder zu Bewusstsein brachte. All die Jahre hatte er furchtbare Angst gehabt, wie Elvis Presley zu enden und einen langsamen, durch Drogen verursachten Selbstmord zu begehen. Elvis war mit 42 Jahren gestorben. Elton war jetzt 43 und hatte sich in seinen größten Alptraum verwandelt. Als er bereit war, sich seinen Dämonen zu stellen, wollte er am liebsten sofort geheilt werden. Die Ärzte sagten jedoch, es werde länger dauern. „Als sie mir sagten, ich müsse sechs Wochen in Therapie, antwortete ich: ‚Aber ich muss ein Album abmischen! Ich kann mir doch nicht sechs Wochen frei nehmen!‘“ (53)
    Elton musste sich Zeit nehmen, um sein Leben wieder in den Griff zu bekommen. Und von Juli 1990 bis Ende des folgenden Jahres sollte er genau das tun: „Als ich aus der Behandlung kam, nahm ich mir ein Jahr frei. Das hatte ich noch nie gemacht, aber mir war klar geworden, dass es nicht anders ging, wenn ich wirklich Fortschritte machen wollte.“ (54)
    Im Herbst 1990 bezog Elton eine neue Wohnung in London. Er ließ Woodside gerade renovieren, also warum nicht mal wieder Stadtluft schnuppern. Elton taufte seine neue Bleibe „Queensdale“, und es gab keinen Zweifel daran, wer die Königin im Haus war.
    Endlich konnte Elton mit klarem Blick auf die letzten vierzehn Jahre seines Lebens zurückblicken, in denen er vollkommen die Kontrolle verloren hatte. Wenn er high und betrunken war, hatte er sich manchmal unmöglich aufgeführt.
    In dieser Zeit schrieb Elton Entschuldigungsbriefe an all die Freunde und Bekannten, die er während seiner vierzehn Jahre dauernden Kokainsucht verletzt hatte. Sheila und Derf, seine Mutter und sein Stiefvater, entschlossen sich dazu, nach England zurückzukehren, nun, da Eltons Leben wieder in geordneten Bahnen ­verlief.
    Im November 1990 veröffentlichte MCA Records das Album To Be Continued… Das CD-Set ist wirklich das ultimative Elton John-Paket. Vom Bluesology-Album Come Back Baby und seinem Solo „Lady Samantha“ ausgehend, streifte To Be Continued… alle Alben und musikalischen Perioden in Eltons Leben und enthielt einige Raritäten und B-Seiten, darunter auch fast unbekannte Juwelen wie „Ego“, das französische Lied „Donner pour donner“ und Eltons Duett mit Millie Jackson, „Act Of War“. Zum neu aufgenommenen Material gehörte „Made For Me“, „You Gotta Love Someone“, „I Swear I Heard The Night Talkin‘“ und „Easier To Walk Away“. Elton widmete To Be Continued… seinem Freund Hugh Williams. Schließlich hatte der ihm das Leben gerettet.
    To Be Continued… schaffte es auf Platz 82 der US-Charts. Es wurden ein paar Singles ausgekoppelt. „You Gotta Love Someone“ erreichte Platz 33 in Großbritannien und Platz 43 in den USA, und der Song „Easier To Walk Away“ landete auf Platz 63 in Großbritannien. In Europa wurde das Album The Very Best Of Elton John