Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
lediglich sichergestellt,", antwortete ihr Elmor, "dass er dich dann findet, wenn ich es will."
Elisa verbiss sich eine wütende Antwort. Sie wurde aus diesem Hin und Her nicht mehr schlau: Zuerst forderte er von ihr den Ring zurück und damit zugleich das Unterpfand ihrer Loyalität. Die Beendigung des Bundes war gleichzusetzen mit Asnos sicherem Tod. Doch seine letzte Enthüllung schien in eine ganz andere Richtung zu deuten: Dass er beabsichtigte, durch sein vorgebliches Wissen um Asnos Aufenthaltsort neuerlichen Druck auf sie auszuüben.
"Was willst du eigentlich?" presste sie hervor.
Deutlich verdüsterte sich in diesem Moment seine Miene, und er sprach in dunklem Ton: "Du hast einen großen Fehler gemacht, Elisa. De facto ist unser Bund beendet. Du hast dich mir entgegengestellt und das war der Schlusspunkt."
Elisa schüttelte daraufhin nur energisch den Kopf. Doch Emor ließ sich nicht beirren.
"Die Regeln waren deutlich umrissen", erklärte er. "Du hast dich nicht zwischen mich und Jolins Nachkommen zu stellen. Was du getan hast, war aber genau das. Auch, wenn du jemand anderen zu deinem Werkzeug machtest."
" Was willst du?" wiederholte Elisa mit deutlicher Bitterkeit.
"Du hast den Bund beendet", sagte er. "Und ich beende ihn hiermit ebenfalls."
" Welchen Profit kannst du davon haben ?" fragte Elisa weiter. All ihre Gedanken strebten zu ihrem Sohn, der irgendwo, in weiter Ferne oder gar ganz in der Nähe, den Krallen des Todes preisgegeben werden sollte. Ein langsames Sterben, das vor vielen Jahren im Zuge ihres Bundes gebannt worden war und das nun, nach Elmors offenbaren Willen, erneut beginnen sollte. Sie spürte geradezu den kleinen, zitternden Körper in ihren Armen, hörte das schwere, gequälte Atmen.
"Hör mir ganz genau zu, Elisa", drang Elmors tiefe Stimme zu ihr. "Für dieses Mal ist das Spiel verloren. Wir werden es auf die verabredete Weise beenden. Asno ist ein starker Mann in den besten Jahren. Er wird einige Tage standhalten. Wie viel Zeit ist damals, als er noch ein Junge war, vergangen von der ersten Erkrankung bis zu dem Tag, an dem er wieder gesund wurde, erinnerst du dich?"
Die Zeit der Angst war bedrückend gewesen, Tage hatten sich wie Jahre hingezogen. Doch hätte Elisa ihm jede einzelne Stunde ihres Bangens, Hoffens und Verzagens aufzählen können.
"Sechseinhalb Tage sind es gewesen", sagte sie wie mechanisch. "Und er hätte höchstens noch einen Tag und eine Nacht gelebt."
"Heute würde er länger aushalten. Aber das braucht er nicht", meinte Elmor. Er hielt ihr nun die Hand ein zweites Mal entgegen. "Gib mir den Ring, Elisa. Der Bund ist ohnehin beendet, die Zeit des Sterbens hat bereits begonnen."
Sie wiegte zur Antwort leicht, wie betäubt, den Kopf hin und her.
"Du wirst den Ring vor Ablauf von sechs Tagen von mir zurück erhalten", fuhr er fort. "Wenn du mir deine Treue erweist, Elisa, dann gebe ich dir mein Wort, dass du Asno gesund und munter wiedersiehst."
"Eine Unterbrechung?" fragte Elisa tonlos. "Du willst eine Unterbrechung? Und setzt dabei das Leben meines Sohnes aufs Spiel?"
"Ich wiederhole noch einmal, Elisa", sagte er mit der Stimme eines geduldigen, freundlichen Lehrers. "Du selbst hast das Leben deines Sohnes aufs Spiel gesetzt - und leider dabei verloren. Es gibt für dich nur diese eine Chance, die notwendige, endgültige Konsequenz deines Handelns zu umgehen: Mir von nun an ohne Abstriche die Treue zu halten, den Bund in sechs Tagen aufs Neue zu schließen und danach für eine Weile an meiner Seite zu arbeiten. Asno wird es für begrenzte Zeit nicht gut gehen, doch schenke ich ihm das Leben - und euch beiden ein Wiedersehen."
Elisa war dieser Plan ganz und gar nicht geheuer. Eine Weile an Elmors Seite arbeiten? Ohne Abstriche die Treue halten? Sie war sich nicht sicher, ob sie wirklich die genaue Bedeutung dieser Worte wissen wollte. Nur eines stand ihr klar vor Augen: Er nahm ihre kleine Provokation sehr viel ernster, als sie es vorausgeahnt hatte. Und wenn sie auf diesen Handel nicht einging, würde sie einen enormen Preis dafür zahlen. Einen Preis, der ihr eindeutig zu hoch war.
„Wenn mein Sohn zu Schaden kommt, dann wird der Fluch meiner Geister auf dir lasten", stellte sie mit tiefem Groll fest. Mit einer ruckartigen Bewegung zog sie den Ring von ihrem Finger. Der blutrote Stein funkelte im Licht der Lampen, während sie ihn eine Weile in den Freiraum zwischen ihnen beiden hielt. "Ich weiß genau, du würdest den Bund nicht als beendet
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