Elurius (Vater der Engel) (German Edition)
wenig", erwiderte Elisa ihm kühl. "Doch der Empfang, den mir der Hausherr bereitet, ist allzu dürftig. Er hat mich zu sich gebeten und scheint nun meine Ankunft zu ignorieren."
"Das tut mir leid", meinte Robin entschuldigend. "Ich werde nach ihm sehen, wenn Sie wünschen."
"Das wünsche ich", bestätigte Elisa ihm fest.
Der junge Mann wandte sich ab und verschwand hinter einer der anderen Türen, dann hörte sie seine raschen Schritte auf einer leicht knarrenden Treppe. Elisa tat den kurzfristig aufflackernden Gedanken, einfach wieder den Heimweg anzutreten, als unklug ab. Doch war es ihr verhasst, stehen gelassen und nicht beachtet zu werden, wie ein unwillkommener Hausierer. Einige Minuten lang blieb es im Haus völlig still, als sei sie die einzige hier anwesende Person. Irgendwann hörte sie unverkennbar wieder Robins Schritte auf der Treppe, der zu ihr hinauf kam und kurz darauf im Raum erschien.
"Sie sind eingeladen, in die unteren Räume zu kommen, Frau Sleyvorn", teilte er ihr höflich mit. "Dort ist es ein wenig wohnlicher, als hier oben, obwohl wir auch dort nicht viel Zeit und Möglichkeit hatten, für Bequemlichkeit zu sorgen."
"Wenn es seinen Ansprüchen genügt", meinte Elisa in ironischem Ton, "dann wird es auch meine erfüllen."
Mit einer Handgeste wies ihr Robin den Weg zu der Tür, aus der er gerade gekommen war. Elisa ging zielstrebig darauf zu und fand sich im nächsten Moment in einem engen Treppenhaus auf einer nicht mehr völlig intakten, schmalen Holztreppe. Wie den Geräuschen hinter ihr zu entnehmen war, hatte sich der junge rothaarige Mann ihr auf den Weg nach unten angeschlossen. Sie gelangten in einen dunklen Vorraum, in den nur das Licht aus dem oberen Hausflur fiel. Robin schritt an ihr vorbei, öffnete eine Tür und blieb seitlich daneben stehen, um sie hereinzubitten. In dem nun sichtbar werdenden Raum brannten mehrere Lampen, sodass ihr ein warmes, helles Licht entgegenströmte. Nachdem sie einen Schritt über die Schwelle gesetzt hatte, erkannte sie auch hier kahle Wände und einen bloßen Steinboden. Es gab keine Fenster in diesem Kellerraum, jedoch stand ein rostiger, kleiner Ofen in einer Ecke, der genügend Wärme für ein behagliches Raumklima abgab. Neben dem Ofen lag ein länglicher Teppich auf dem Boden, darauf waren einige Kissen verteilt worden. Damit war die Liste der Einrichtungsgegenstände auch schon erschöpft. Sie wandte den Blick von der Ofenecke ab und sah im nächsten Augenblick in Elmors Gesicht. Er stand nur etwa zwei Schritte weit von ihr entfernt und sie stellte sich unweigerlich die Frage, wie sie ihn im Moment des Eintretens hatte übersehen können.
Elmor schien in den vielen Jahren, die sie sich nicht gesehen hatten, keine Spur seiner Vitalität eingebüßt zu haben. Er war ein weit überdurchschnittlich großer Mann mit kräftigem Körperbau und einer aufrechten Haltung. Seine Gesichtszüge waren markant. Ein breites Kinn und glitzernde Augen unter buschigen Brauen waren die hervorstechendsten Merkmale. Er war nicht auf die Weise gekleidet, wie er für gewöhnlich an die Öffentlichkeit trat. Der hochwertige Anzug eines vermögenden Bürgers war heute einem bodenlangen, schwarzen Gewand gewichen, das auf der Vorderseite mit zwei runden Fibeln verschlossen wurde, deren verschlungenes Muster eine rätselhafte Symbolik enthielt.
Wie er dort vor ihr stand, wirkte er wie ein unverrückbarer, massiver Fels. Elisa war es nie gelungen, sich der Faszination seines Anblicks zu erwehren, obwohl es Zeiten gegeben hatte, wo ihr Hass ihm gegenüber verzehrend gewesen war. Sie hatte ohne Zweifel versucht, ihn aus ihren Gedanken zu verbannen oder ihn zumindest als erbärmlichen, menschlichen Abschaum zu betrachten. Geglückt war ihr keines von beidem.
Sie vernahm das Geräusch der sich schließenden Tür hinter ihrem Rücken. Sie beide waren allein. Sie eröffnete das Gespräch. "Wie schön, dich endlich zu sehen. Mir schien es, du wolltest mit jemandem Verstecken spielen."
Er gab ein warmes Lachen von sich und reichte ihr dabei die Hand.
"Liebe Elisa, auch mich freut es, dich zu sehen", begrüßte er sie in gewohnt freundlichem Ton. Seine Stimme besaß einen angenehmen, tiefen Klang. Sie hatte ihn niemals brüllen oder schimpfen gehört.
"Es hätte dir freigestanden, mir gleich bei deinem Eintreffen hier am Ort deine persönliche Aufwartung zu machen", betonte Elisa, da er ihre erste spitze Bemerkung überhört zu haben schien. "Ich hätte dich als Gast in
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