Elvia: Insel der Leidenschaft (German Edition)
Offensichtlich wusste er, wie gewalttätig Dion gewesen war, und schämte sich deswegen. Diese Scham wollte er seiner Frau und seiner Tochter ersparen.
Savannah nickte ganz leicht, um ihm zu verstehen zu geben, dass sie seine Bitte erfüllen würde. Nun spiegelte sich Erleichterung in seinem Blick.
„Ich glaube, das Hauptproblem war, dass wir zu jung geheiratet haben“, erklärte Savannah daher. Zu diesem Schluss war sie gekommen, als sie versucht hatte, Dions Verhalten zu verstehen. „Er hatte mich gegen den Willen seiner Familie gewählt, und als unsere Ehe nicht funktionierte, war es für ihn nur natürlich, mir allein die Schuld zu geben. Ich glaube, er hatte Angst davor, die Anerkennung und Zuneigung seiner Familie zu verlieren, wenn er zugeben würde, dass er nicht perfekt war.“
Dass Dion sie jemals geliebt habe, glaubte sie nicht mehr. Vielmehr vermutete sie, dass er mit der Heirat nur rebelliert hatte, weil seine Familie ihm alles vorschrieb – sogar dass er eine Griechin aus passenden Kreisen heiraten sollte.
„Du bist sehr verständnisvoll, Savannah“, sagte Sandros anerkennend. „Aber ich muss dir leider Folgendes sagen. Mein Sohn hat von Anfang an dafür gesorgt, dass wir dich verachten.“
„Inwiefern?“ hakte Savannah nach. Vermutlich würde man ihr jetzt wieder eine von Dions Lügen auftischen.
„Er sagte, du hättest ihn mit der Behauptung, du wärst schwanger, zur Heirat gezwungen“, erklärte Helena.
Unwillkürlich lachte Savannah, weil das Ganze zu absurd war. „Das wäre dann die zweite unbefleckte Empfängnis gewesen“, meinte sie ironisch, obwohl es ihr wehtat zu erfahren, dass Dion ihr schon von Anfang an die Chance genommen hatte, jemals von seiner Familie akzeptiert zu werden. Offensichtlich war er neurotisch gewesen, denn sein Verhalten war für einen normal empfindenden Menschen nicht nachvollziehbar.
„Du warst noch Jungfrau?“ fragte Iona ungläubig. „Das gibt es doch nicht! Dion sagte, er wäre so anständig gewesen, keinen Beweis von dir zu verlangen. Aber wenn er nie mit dir geschlafen hat, musste er doch wissen, dass du nicht von ihm schwanger sein konntest.“
Savannah trank einen Schluck, bevor sie antwortete. „Deshalb war er auch ganz verzweifelt, als ich nicht sofort schwanger wurde, sobald wir verheiratet waren, sondern erst zehn Monate später. Hat er euch nie gesagt, es wäre bei mir falscher Alarm gewesen? Dann hat er vermutlich angenommen, ihr würdet es so interpretieren. Jedenfalls hat er euch belogen.“
Mehr wollte sie dazu nicht sagen. Es hätte keinen Sinn, Dion als den selbstsüchtigen, intriganten Playboy zu entlarven, als den sie ihn während ihrer Ehe kennen und fürchten gelernt hatte.
„Ja, und es beschämt mich, einen notorischen Lügner zum Sohn gehabt zu haben.“ Sandros hatte plötzlich Tränen in den Augen. „Als er mir damals erklärt hat, es wäre alles nur so gekommen, weil er sich als Mann unzulänglich fühlte, habe ich ihm unmissverständlich klar gemacht, dass Männlichkeit nicht an der Fähigkeit gemessen wird, Söhne zu zeugen, sondern vielmehr daran, wie ein Mann seine Familie behandelt. Und nur an diesem Maßstab gemessen, wäre er ein Versager. Ich glaube, er … er hat sich deswegen später an dem Tag … so sinnlos betrunken“, fügte er stockend hinzu.
„Du bist an seinem Tod nicht schuld“, versicherte Savannah ihrem Schwiegervater, von Mitgefühl erfüllt.
„Ich verstehe das alles nicht“, bemerkte Iona schockiert.
„Warum hast du mir vor einem Jahr kein Wort davon gesagt, Sandros?“ fragte Helena gekränkt.
„Es gibt Dinge, die ein Mann nicht gern zugibt“, antwortete er und senkte den Kopf.
Flüchtig überlegte Savannah, ob sie Sandros bitten sollte, auch Leiandros die Wahrheit über Dion zu sagen. Nein, das durfte sie nicht. Sie durfte von ihrem Schwiegervater nicht verlangen, dass er seine und die Schwächen seines Sohnes ausgerechnet Leiandros offenbarte.
Eines Tages würde sie Leiandros die Wahrheit erzählen. Da er nun durch den Bericht des Privatdetektivs wusste, dass sie in den vergangenen Jahren nicht einmal mit Männern ausgegangen war, hielt er sie bestimmt nicht mehr für eine treulose Frau.
Wieder trank sie einen Schluck, während sie überlegte, was sie als Nächstes sagen sollte.
„Wir sollten die Vergangenheit ruhen lassen und uns auf die Gegenwart konzentrieren“, begann Savannah schließlich. „Eva und Nyssa zuliebe. Nein, uns allen zuliebe.“
Sandros hatte sich
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