Elvira, Rubina und Sabine
bemerkte Sabine, die noch immer nicht eingeschlafen war; sie sank auf dem Sessel in sich zusammen, warum musste Claudia immer weiter und weiter reden? Warum musste sie auch noch nachfragen? Interessierte sie ernsthaft, wie schwierig es war, in Leipzig an frische Feigen zu kommen?
„Was macht Ihr denn so?“ fragte Claudia (Sabine dachte: O nein!) und richtete ihren Blick auf Sandra auf der Tonne.
Was, wenn sie eigentlich gar nicht mit mir in einem Bett schlafen will?, dachte Sabine.
„Sie arbeitet im Kino, weil es ihr Spaß macht“, sagte Jan.
Aber sie muss mit mir in einem Bett schlafen.
„Ich kann aber auch das Kino-Programm mitgestalten“, meldete sich Sandra höchstpersönlich zu Wort.
„Eigentlich studiert Sandra ja Filmkaufmann“, sagte Jan.
„Aha, Filmkauf mann “, sagte Claudia. Sabine betrachtete sie und wurde den Eindruck nicht los, dass ihr die Situation großes Vergnügen bereitete.
„Ja, ich finde das nicht so wichtig, jetzt unbedingt Filmkauffrau zu sagen“, bemerkte Sandra, die auf Zack war und die klitzekleine Kritik verstanden hatte, „Kauffrau, Kaufmann, was zählt, ist doch das Können. Und ich hab es nicht so nötig, mich extra Kauffrau zu nennen, ich finde, das ist so erzwungen.
„Sandra ist auch viel besser als die Männer“, sagte Jan.
Sabine sah erneut zu Claudia, die vor sich hinschmunzelte – ja, es machte ihr Spaß. Und während sie mit einem Ohr der Diskussion über feministischen Sprachgebrauch lauschte, die fortan nur noch von Claudia und Jan bestritten wurde, erinnerte sie sich an den Nachmittag in der Galerie. Nachdem Claudia endlich zu ihrem Kaffee und ihrem Willen gekommen, die Pension, die vermutlich nie existiert hatte, jedoch noch immer nicht gefunden worden war, nachdem sie auch ihren Besuch auf dem Messestand abgestattet hatten, sahen sie sich nun diese saftlosen erotischen Fotos an, Sex, immer ging es nur um Sex. Irgendwann stand Sabine mit dem Rücken zu Claudia und betrachtete die Bilder allein, und dabei glaubte sie plötzlich, Claudias Blick auf ihr im Rücken zu spüren, obwohl Claudia meterweit von ihr entfernt auf einem Stuhl saß, Claudias Blick, der sie irgendwie an die monströsen Riesendildos auf der Baustelle erinnerte, die sich hineinschraubten und -schraubten, immer tiefer in sie hinein, und sie bewegte sich anders von Bild zu Bild, als sie es unbeobachtet getan hätte – und als sie sich dann abrupt umdrehte, um ihren Eindruck zu überprüfen, da hatte sie recht behalten, denn Claudia sah sie tatsächlich an und hatte sie bereits die ganze Zeit angesehen, und sie hörte auch jetzt nicht damit auf, ach war das schön, hätte sie nur ewig so geguckt (und sie sah nicht nur in Sabines Augen) – als Sabine auf dem Designer-Sessel wieder aus ihren zarten und zugleich eindringlichen Erinnerungen aufwachte, war Jans Treiben Thema. Er sagte gerade: „L.A. Productions.“
Am Rande schnappte Sabine auf, dass die Miete für die Wohnung 2.500 Mark betrug, und ihr dämmerte allmählich, dass dort vor ihr waschechte Yuppies saßen, eine Spezies, die sie bislang nur vom Hörensagen kannte. Leipziger Yuppies mit leicht sächsischem Akzent.
L.A., Leipziger Allerlei Productions, das war Jans Filmproduktionsfirma. „Und?“, fragte Claudia, „willst du nicht irgendwann nach Berlin?“
Nein nein, wenn schon, dann New York! Dorthin habe er auch gute Connections. Natürlich. Sabine fixierte Claudias hässliche, rosafarbene Reisetasche auf dem Parkettboden, die nicht so recht zum Ambiente passte, und sie durchröntgte die Tasche, die sie viel mehr interessierte als Jan und Sandra – all die Dildos! „Und irgendwann gehen wir ganz nach New York“, sagte Jan, legte seine Pranke auf Sandras Bein und knetete ein bisschen. „Irgendwann gehen wir mal schön essen“, dachte Sabine.
Aber der Leipziger Themenabend sollte sich noch ganz anders gestalten.
So, als habe sie auch soeben an den Inhalt des prallgefüllten rosa Säckchens, das voller Verheißungen steckte, gedacht, sagte Sandra mit Bedauern, dass sie gar nichts von den Spielzeugen (die Sabine gerade in Gedanken der Reihe nach in die Hand nahm und durchprobierte) mitbekommen habe, weil sie ja im Kino die Gläser spülen musste.
„Na dann zeig sie deiner Freundin doch mal!“ forderte Claudia Jan auf, der anfangs noch zu glauben schien, sie würde spaßen und der sich dann aber zierte, als alle drei Frauen hintereinander „Au ja!
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