Elwin - Goldrausch (German Edition)
schießen sie ein paar Pfeile, aber mehr werden sie nicht tun.«
Sina stand auf.
»Deine Überlegungen stimmen, solange keine Verstärkung kommt. Aber sie wird kommen. Wie du gesagt hast, der Mann wird Naplus informieren. Sie haben Groohi gefangen und können sich bestimmt denken, dass wir ihn und die Adler befreien wollen.«
Elwin schwieg. Es war nur eine Frage der Zeit, bis weitere Starks kamen. Aber wie Groohi gesagt hätte: Hier sitzen und reden, ließ sie auch nicht weiterkommen.
»Sollte Naplus weitere Männer schicken, werden wir sie zeitig hören«, entgegnete er.
Batto nickte.
»Ich pfeife lange Töne, dann weißt du, sie sind im Anmarsch.«
»Wie viel Zeit bleibt uns?«, fragte Elwin.
Batto zuckte mit einer Schulter. »Vermutlich treffen sie am Abend ein.«
»Wenn keine anderen Starks in der Nähe sind«, ergänzte Sina muffig. Sie stand auf und sah Elwin mit verschränkten Armen an. »Mir gefällt das überhaupt nicht. Ich hoffe, du weißt, was du tust. Na ja, wenn du unbedingt willst, lauf und versuch, etwas herauszufinden. Bevor du gehst, musst du aber wissen, dass Batto und ich nichts für dich tun können, falls sie dich auch noch gefangen nehmen. Elwin, du riskierst dein Leben. Hast du mich verstanden?«
»Ja!«, erwiderte er. »Bevor ich gehe, möchte ich wissen, warum ihr nicht in dieses Tal gezogen seid?« Dieser Gedanke hatte ihn bereits den ganzen Morgen beschäftigt. »Hier ist doch alles, was ihr zum Leben benötigt.«
Sina lachte.
»Hierher? Nein! Niemals. Wir leben schon seit vielen Generationen auf der anderen Seite. Meine Eltern, deren Eltern und die vielen davor. Dort ist unser Zuhause. Dafür kämpfen wir.«
Elwin lächelte schief.
»Das habe ich mir gedacht. Ihr habt also etwas, an das ihr glaubt und für das es sich zu kämpfen lohnt.«
Sina nickte.
»Ich wollte es nur wissen, bevor ich gehe«, sagte Elwin und erhob sich.
Der Kirschbaum
Elwin stand mit dem Rücken an den Steinwall gelehnt und schaute angespannt über die freie Wiese zum Kirschbaum hinüber. Über eine Sache sprechen und sie tun, waren zweierlei. Aus dem sicheren Versteck schien der Abstand zum Baum gering, ein kurzer Spurt und er wäre dort. Jetzt stand er aber an der Mauer, und der Baum war scheinbar unerreichbar weit weg.
Batto und Sina stiegen den Hang hinauf. Leise schimpfend folgte sie ihrem Freund. Elwin hörte die zwei noch eine Weile. Insekten summten unermüdlich, Bienen flogen von Blume zu Blume, Vögel waren mit ihrem Nestbau beschäftigt.
Die Starks sprachen im gedämpften Ton miteinander. Das fröhliche Zusammensitzen in der Sonne war nach Groohis Festnahme beendet.
Elwin spitzte die Ohren und lauschte. Zwei Schafe blökten, dazwischen Stimmen: typische Kommandos zwischen Soldaten, kurz und barsch. Er sah abermals zum Kirschbaum. Zwei Amseln bauten in der Krone ihr Nest. Stieg er in den Baum, würden sie vielleicht mit viel Geschrei davonfliegen und die Banditen auf ihn aufmerksam machen.
»Hey, ihr da unten!«, klang es aus zwei Mündern gemeinsam.
Elwin fuhr zusammen und entspannte sich, als er die Stimmen nochmals rufen hörte. Sina und Batto hatten die obere Mauer erreicht.
»Das Volk der Haromos wird euch niemals in Ruhe lassen!«, brüllten sie. »Ihr habt unser Dorf zerstört und werdet dafür büßen! Jeder einzelne von euch!«
Einige der Schafe rannten laut blökend davon.
»Togo, nimm drei Leute und sieh nach«, kommandierte ein Mann. Es folgte ein knappes »Jawohl« und weitere Befehle.
Elwin lehnte sich mit dem Rücken an die Steine, spürte die Kühle der Mauer und versuchte, sich zu entspannen. In Gedanken war er in den vergangenen Minuten mehrmals die kurze Strecke bis zum Baum gelaufen. Jeden Augenblick musste Battos Pfiff ertönen. Aber das Signal ließ auf sich warten. Gab es ein Problem? Sina und Batto beschimpften wieder die Wachen. Elwin sah besorgt zu den beiden Amseln im Baum. Würden sie ihn verraten?
Endlich! Batto pfiff und Elwin rannte los. Er fühlte sich selbst wie ein Vogel. Seine Füße ließen ihn über die Wiese fliegen. Er spürte den warmen Wind im Gesicht, spürte das hohe Gras seine Beine streifen, sah den Baum größer und größer werden. Er fühlte sich wie in einem Traum, er lief und lief, die Welt um ihn verstummte. Dann erreichte er den Baum, packte den Stamm mit der linken Pfote, hielt sich fest und sank in einer Drehung zu Boden. Heftig hörte er sich atmen.
Sina und Batto beendeten ihr Schimpfen mit einem Freudenschrei. Elwin stand
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