Elwin - Rosenwasser (German Edition)
»Du siehst ängstlich aus, mein Freund. Sag mir deinen Namen.«
»Elwin«, antwortete der, vergaß Groohis Warnung, ging zum Brunnen und reichte Pletomuk eine Pfote.
Pletomuk betrachtete sie aufmerksam, hob eine Hand und hielt sie in die Höhe. Im Nu verwandelte sie sich auf die Größe und Form von Elwins Pfote. Schließlich streckte er sie aus.
»Wie viele Schritte hast du im Frühjahr gehört?«, fragte Groohi sachlich.
»Zwei«, antwortete Pletomuk, »zwei Trolle nach deiner Beschreibung.« Er deutete mit ausgestrecktem Arm abermals in den Wald. »Sie warteten schon eine Weile am Waldeingang und sind euch gefolgt.«
»Was sagst du da?«, rief Groohi aufgebracht. »Das ist Unsinn! Wir haben uns immer wieder umgesehen und wir waren allein. Niemand war uns gefolgt, das wüsste ich.«
»Du täuschst dich, mein Freund.« Pletomuk erhob sich leicht und glitt in den Brunnen. »Gestern waren sie wieder hier, diesmal an der Pforte. Kommt in mein Reich, dann erzähle ich euch alles.«
»Wie sollen wir denn da hinabsteigen?«, konnte Elwin noch gerade fragen, bevor Pletomuk im Wasser verschwand.
»Ich hole euch ab«, antwortete ein Mund aus dem Wasser.
Groohi lehnte sich neben Elwin über den Rand des Brunnens und blickte angespannt in das dunkle tiefe Loch. »Ich sehe ihn nicht mehr, er ist verschwunden«, flüsterte er. »Ich werde Noel benachrichtigen. Er muss wissen, das Tarons Garde die Diebe sind und Fofenda sich mit ihnen verbündet hat.«
»Das hat Zeit, meine Freunde«, brummelte Pletomuk aus der Tiefe. »Macht mir die Freude und besucht mich.« Gegenstände aus Holz fielen hart auf einen Steinboden.
»Was macht er da?«, fragte Elwin befremdet.
»Kann kaum etwas sehen«, antwortete Groohi. »Es scheint, als habe er einen runden Gegenstand ins Wasser geworfen. Sieh, es steigt rasend schnell.«
Das Wasser im Brunnen gluckste an den Steinen, auf der Oberfläche trug es einen hölzernen Kübel. »Setzt euch hinein«, sprach Pletomuks Mund aus dem Wasser, »einer nach dem anderen. Und gebt Klopfzeichen, wenn ihr sitzt.«
»Wer zuerst?«, fragte Elwin entschlossen.
»Du«, antwortete Groohi. »Ich schaue mich um, ob ich Hermolo entdecke. Er muss Noel unsere Nachricht übermitteln.«
Elwin hob den Kopf. »Hermolo? Wo?«
Groohi deutete auf einen Vogel, der hoch über dem Brunnen kreiste.
»Ist er das?«, fragte Elwin, während er in den leeren Kübel stieg und sich setzte.
»Weiß nicht«, murmelte Groohi. »Halte Pletomuk einen Moment auf, dann kann ich es herausfinden.« Er verließ den Brunnen und stieß einen kurzen Pfiff aus.
»Ich lasse mir mit dem Klopfzeichen Zeit«, erwiderte Elwin noch, doch kaum hatte er sich hingesetzt, da sackte das Wasser unter ihm weg, so plötzlich und heftig, dass sein Atem aussetzte. Er hatte kein Zeichen gegeben und rauschte dennoch in die Tiefe. Hatte Pletomuk ihr Vertrauen ausgenutzt und lockte sie unter einem Vorwand in sein Reich?
Der Kübel sauste durch den Schacht, Wasser tropfte aus den Fugen der Steine. Schnell wurde es finster, kraftlos fiel das Licht durch die Öffnung des kleinen Brunnens ein. Die Dunkelheit! Daran hatte er überhaupt nicht gedacht. Wie sollten sie dort unten etwas sehen? Dort, im nassen Reich Pletomuks, in dem bestimmt kein Licht brannte! Beklommenheit stieg in Elwin auf, je tiefer er in den Brunnen raste. Wasser rann aus den Spalten im Gestein und tropfte auf seinen Kopf.
Elwin stieß sich mit den Pfoten von der Wand ab und versuchte, den Kübel in der Mitte zu halten. Das Wasser war kalt, ebenso wurde die Luft immer kälter und feuchter. Wie konnte er nur so leichtsinnig sein und jemandem vertrauen, den er überhaupt nicht und den Groohi nur aus einer alten Geschichte kannte? Niemand hatte Pletomuk je zuvor gesehen, und diejenigen aus Groohis Stamm, die vielleicht einmal mit ihm gesprochen hatten, waren schon seit langer Zeit verstorben.
Unvermittelt brach der steinerne Brunnen nach einer Seite auf. Elwin erschrak und starrte mit offenem Mund in ein dunkles Loch. Er wollte schreien, aber seine Stimme gehorchte ihm nicht. Gleich war es um ihn geschehen, das Wasser würde ihn jeden Moment in den Hohlraum spülen und unter sich begraben!
Panisch hielt er sich am Holzkübel fest, obwohl er wusste, dass es sinnlos war. Er senkte den Kopf unter den Kübelrand, wollte sein Ende nicht sehen. Gleich musste er in die Höhle geschleudert und für immer begraben werden! Er sog tief die kalte Luft ein, füllte die Lungen, vielleicht zum letzten
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