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Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Elwin - Rosenwasser (German Edition)

Titel: Elwin - Rosenwasser (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Föhr
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Dieses Jahr stellten wir eine verzierte Öllampe auf den Brunnen. Unser Schmied hatte den halben Winter über an dem Kunstwerk gearbeitet. Wir befüllten sie mit Feuerfett, entzündeten das Licht und ließen es als Geschenk zurück. Das Licht brennt bis Mittsommer.«
    Groohi suchte mit schnellen Blicken leise schimpfend die nähere Umgebung ab. »Du hast womöglich recht. Ein Dieb muss uns damals gefolgt sein, und er hat auch die Lampe gestohlen. Um das Rosenwasser müssen wir uns nicht mehr sorgen, es ist wertlos. Wir haben den Brauch gebrochen und damit die Wirkung zerstört.«
    »Bis du sicher? Vielleicht war es Fofenda, die die Lampe genommen hat?«, fragte Elwin.
    »Nein, sie kann den Brunnen nicht berühren«, erwiderte Groohi und suchte weiter.
    Elwin half ihm, den Boden und die umliegenden Sträucher abzusuchen. Von hier gab es kein Entkommen. Der Brunnen hatte nur einen Zugang, den durch die Rosenpforte. Rückwärtig war die Stelle durch steile Felsen begrenzt, umwachsen mit dichten Dornenranken. Von dieser Seite konnte niemand vordringen. Groohi folgte Elwins Blick in die Höhe.
    »Glaub mal nicht, dass von dort oben einer herabsteigen kann«, flüsterte er. Er nahm einen kurzen abgebrochenen Ast in die Hand, drückte die Dornen zur Seite und spähte unter ihnen hindurch. »Dieser Fluch lässt ihn nicht lebend am Boden ankommen und auch nicht hinaus ...« Er schwieg.
    Elwin musterte den Freund, der ins Unterholz starrte. »Hast du die Laterne gefunden?«, fragte er.
    Groohi schüttelte den Kopf und winkte Elwin mit einer Hand zu sich.
    Elwin kniete sich neben ihn hin, senkte den Kopf und schaute in das Wirrwarr aus vertrockneten Ästen, scharfen Dornen und hohen Grashalmen. Dazwischen lagen Knochen, ausgeblichen, teils mit Moos bewachsen.
    »Das ist das Skelett eines Trolls«, erklärte Groohi sachkundig. »Er wurde mit großer Wucht gegen die Felsen geschleudert und starb an seinen Verletzungen.«
    Er ließ den Stock fallen, setzte sich, zog die Beine an und umschlang sie mit beiden Armen. »Hier kommen wir nie mehr lebend heraus«, sagte er mutlos.
    Elwin stand auf. »Abwarten«, erwiderte er und sah sich weiter um. »Wie tief ist der Brunnen?«, fragte er und begann, hinter Groohis Rücken behutsam die Steintafel der Abdeckung zur Seite zu schieben.
    »Keine Ahnung«, entgegnete der Freund niedergeschlagen.
    Elwin ließ die große Steinplatte vorsichtig über eine Kante auf die Erde gleiten und stellte sie schräg an den Brunnen. Neugierig lehnte er sich über den Rand und schaute in die Tiefe. Weit unten spiegelten sich die Umrisse seines Kopfes im Wasser wider. Modrig feuchter Geruch schlug ihm entgegen, Spinnen hatten die Steine mit Netzen überzogen. Elwin suchte den Boden nach einem Kiesel ab, fand einen und hob ihn auf.
    Plötzlich stand Groohi neben ihm. Elwin war so beschäftigt, dass er ihn nicht bemerkt hatte. Groohi packte seine Pfote. »Nicht!«, flüsterte er. »Die Quelle darf nicht gestört werden.«
    Seine Warnung kam zu spät. Der Stein glitt Elwin aus der Pfote und fiel in die Tiefe. Einen Augenblick später klatschte er ins Wasser. Das Geräusch hallte endlos lange wider.
    Groohi eilte auf die andere Seite des Brunnens, ging in die Hocke und packte die Unterkante der Abdeckung. »Hilf mir! Schnell!«, befahl er. »Wir müssen den Brunnen abdecken, bevor noch etwas Schreckliches geschieht.«
    Elwin griff schon nach der Platte, als aus der Tiefe eine Stimme ertönte. Die beiden sahen sich erschrocken an.
    Elwin lehnte sich vorsichtig über den Rand und schaute nach unten. Das Wasser war beträchtlich gestiegen und schoss rasch weiter in die Höhe. Ein kühler Luftzug strich über sein Gesicht, das Wasser gurgelte und plätscherte in den Fugen der Steine.
    »Vorsicht!«, rief er und zog Groohi weg.
    Einen Moment später griff eine blau schimmernde Hand über den Brunnenrand, ertastete geschickt die oberen Steine und umfasste sie fest. Tropfen sprühten auf den Brunnenrand. Die Haut der Hand war vollkommen glatt, weder Falten noch Gelenke noch Adern zeichneten sich ab. Es schien, als bewege sich in der gesamten Hand und den Fingern eine Flüssigkeit, klar und durchsichtig wie Wasser. Eine zweite Hand, groß und kraftvoll wie die erste, langte aus der Tiefe und fand ebenfalls Halt an den Steinen.
    Langsam erhob sich ein runder Kopf über den Rand. Er war vollkommen unbehaart, die Oberfläche glänzend wie der Morgentau auf den glatten Steinen in den Gassen von Longor. In den großen Augen

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