Elwin - Rosenwasser (German Edition)
kribbelte dennoch angenehm auf dem Fell. Er drückte kräftiger und seine Pfote verschwand im Wasser. Kälte umspülte sie. Erstaunt zog er seine Pfote zurück und sah, dass sie trocken war. Pletomuk lachte und befahl dem Wasser, langsamer zu fallen. Das Wasser gab den Schacht frei und Groohi kam in Sicht. Er hatte sich in den Behälter gekniet und schaute sich neugierig um. Pletomuk wartete nicht, bis das Wasser bis zum Boden gefallen war. Mit einer Hand hob er den Kübel samt Groohi schwungvoll in den Raum. Groohi sah ebenso sprachlos aus, wie Elwin sich fühlte. Maledonia war wirklich eine eindrucksvolle Welt!
Die Laterne auf dem Tisch war das erste, was Groohi sah. Erleichtert rief er: »Da ist sie ja!« Aufgeregt stieg er aus dem Kübel, seine Stiefel waren nass, er rutschte aus und fiel mit dem Po auf den Boden. Rasch kam er wieder auf die Beine, eilte zum Tisch und betrachtete ihr Geschenk an Pletomuk. Dass seine Hose nass war, störte ihn nicht. Zu sehr freute er sich, die brennende Laterne zu sehen. Pletomuk gab dem Wasser auf Groohis Körper einen Wink; es sammelte sich auf dem Boden und rann zurück in die Quelle.
»Beim Zwergenbart!«, rief Groohi. Alle erschraken. Seine Stimme schallte durch das stille unterirdische Reich. »Sieh nur«, wiederholte er nun mit gedämpfter Stimme, an Elwin gewandt. »Alle diese Gaben! Ich kenne sie. Hier schau, der Eisstern aus dem vergangenen Jahr. Dort, das Feuerhorn aus Ebenholz und hier, der Krug aus Edelstein. Der ist uralt! Ich kenne nur ein Bild von ihm, das einst ein Maler in unserem Dorf gemacht hat.«
Groohi lachte über das ganze Gesicht, das erste Mal seit Elwins Ankunft.
Letzte Tropfen
Groohi war überwältigt. All diese Gaben seines Stammes, über viele Jahre und Jahrzehnte von Pletomuk gesammelt, riefen wundervolle Erinnerungen in ihm wach. Er betrachtete Kostbarkeit um Kostbarkeit und erzählte Geschichten zu jedem Stück. Dass er mehr zu sich selbst sprach, störte ihn nicht. Elwin hatte ihm einen Moment zugehört, dann ließ er ihn allein die Kunst und die Vergangenheit seines Volkes würdigen. Pletomuk erfreute sich an Elwins Gesellschaft, ging mit ihm eine Reihe Fässer entlang und erklärte dem Besucher seine Arbeit. Gerade hörte Elwin einen weiteren Ausruf des Entzückens, Groohi hatte wohl wieder ein Juwel entdeckt.
Pletomuk blieb vor einem Brett aus Nussbaum stehen, auf dem sieben kleine Fässer lagerten. Sie waren kaum größer als die Becher, aus dem sie am Morgen ihre Schokolade getrunken hatten. Goldene Reifen umspannten die Dauben aus Eichenholz. Vorsichtig nahm Pletomuk das links liegende Fässchen aus dem Regal und reichte es Elwin.
»Dieses hier dürfte dich am meisten interessieren«, sagte er. »Darin reifte das diesjährige Rosenwasser. Nur zu, du darfst es anfassen.«
Elwin zögerte. In diesem kleinen Fass war also das Wasser gereift, dass den Feen so außerordentlich viel Macht verlieh. Durfte er es berühren?
»Nur zu«, wiederholte Pletomuk.
Elwin hob eine Pfote, blickte kurz darauf, wischte sie an seinem Fell sauber und strich über das dunkle Eichenholz. Das Holz war trocken, er fühlte winzige Unebenheiten. Er fuhr einen goldenen Reif entlang, einen von zweien, die das Fass zusammenhielten. Das Metall war kalt, mehr vermochte er nicht zu spüren. Ein wenig enttäuscht war er schon, hatte er sich doch erhofft, magische Kräfte würden sich beim Berühren auch auf ihn übertragen. Leider war er keine Fee.
Pletomuk schaute kurz zu Groohi, der gerade eine Blume aus Rubinen betrachtete. »Das Wasser muss genau 30 Gaben alt sein«, erklärte er, »um seine ganze Kraft zu gewinnen.«
Elwin streichelte abermals das Holz und sagte: »Und wenn es fertig ist, füllst du es in den Flakon und in die Becher der Wächter?«
»Nicht ganz. Nur den Flakon für die Feen fülle ich mit Rosenwasser. Der Trank in den Bechern der Ehrenwächter stammt aus einem anderen Fass. Er muss nicht so edel sein und ist nur ein Schutz vor Fofendas Verwünschungen im Wald. So mache ich es seit ... ach, ich weiß nicht wie lange schon.«
»Ist das Fässchen leer?«, fragte Elwin.
»Nein«, klärte ihn sein Gastgeber auf, »ich lasse immer einen kleinen Rest und bemesse das Wasser niemals zu knapp, auch wenn es mich viel Mühe kostet.« Er schüttelte das Fässchen behutsam, leise gluckste das restliche Elixier gegen das Holz.
Elwin starrte Pletomuk an. Seine Gedanken überschlugen sich, sein Herz pochte vor Aufregung. Es war noch genügend Elixier
Weitere Kostenlose Bücher