Elwin - Rosenwasser (German Edition)
Mal in seinem Leben. Er zitterte, der nasse Tod würde ihn gleich packen. Elwin hielt die Luft an und wartete. Er spürte, er glitt langsamer in die Tiefe, dann stoppte die Abwärtsfahrt. Nichts geschah. Vorsichtig hob er den Kopf und schaute über den Rand. Er schwamm auf einem kleinen Teich in einer großen Höhle. Rundum war festes graues Gestein, sauberer und trockener Boden. Er hob den Kopf und blickte nach oben. Ein dünner Lichtstrahl fand durch ein kleines Loch seinen Weg in die Erde. Tropfen schimmerten und fielen wie kleine Sternschnuppen auf den Teich.
So tief hatte Elwin sich den Brunnen nicht vorgestellt. Er schloss kurz die Augen, atmete tief durch und kniete sich hin. Der Holzkübel schaukelte unter seinem Gewicht. Die Höhle war nicht so dunkel, wie er vermutet hatte. Zu beiden Seiten brannten an den Wänden Laternen.
»Bleib sitzen«, befahl Pletomuk.
Elwin erschrak, er hatte ihn nicht bemerkt. Wie ein kräftiger Troll anzusehen, stand der Mann neben dem kleinen Teich, nur eine kleine Spur aus Wasser auf dem Boden verband ihn mit der Quelle. Pletomuk stand auf einem mit hellgrauen Steinplatten ausgelegten Boden. Er trat zu ihm, reichte eine Hand ins Wasser, die sich sofort unsichtbar mit dem Quellwasser vermischte, hob den Kübel mit Leichtigkeit an und setzte ihn sachte auf dem Boden ab. Das Wasser rann vom Holz hinab, sammelte sich und lief zur Quelle zurück. Elwin stieg aus und strich sein Fell trocken. Pletomuk verbeugte sich.
»Hier bin ich zu Hause, mein Freund.« Er breitete die Arme aus und deutete auf seine Wohnung. »Ich freue mich, dir und deinem Freund mein Reich zu zeigen.«
Pletomuk bewohnte eine natürliche Höhle, die sich zu Urzeiten im Gestein gebildet hatte. Zu beiden Seiten hingen in gleichem Abstand Dutzende von Laternen, deren Licht sich an den glatten Wänden spiegelte. Jedes dieser Kunstwerke war anders gestaltet.
Zur linken Seite waren akkurat große Holzfässer aufgereiht. Sorgsam gearbeitet, ruhten sie in einem ebenfalls aus Holz gefertigtem Lager auf dem Boden. Ein schwerer Tisch aus dunklem Eichenholz nahm die Mitte der Höhle ein. Elwin trat näher und war überwältigt. Bis zur kleinsten Ecke war er mit Kunstgegenständen aus Metall, Holz oder Edelstein beladen. Inmitten der Sammlung stand eine große Laterne, deren Licht brannte.
Pletomuk hatte einen riesigen Schatz gesammelt, Schmuckstücke, deren Juwelen selbst in diesem schummrigen Licht lebhaft funkelten. Vorsichtig nahm Elwin einen Schmetterling aus roten und grünen Edelsteinen in die Pfote. Zart wie das Tier selbst, war die Brosche ein kunstvoll geschaffenes Abbild der Natur. Der Künstler musste ein Meister gewesen sein.
Pletomuk war ihm gefolgt. Seine Schritte waren lautlos, sein Körper gluckste nicht, wie Elwin irrtümlich erwartet hatte. »Ich mochte sie immer sehr, die Arbeiten von Phillo. Die Ehrenwächter machten sie mir zum Geschenk, als Zeichen ihrer Dankbarkeit für mein außergewöhnlich gutes Rosenwasser damaliger Zeit.«
Er breitete die Arme aus. »Heute ist es viel schwieriger geworden, gutes Wasser zu gewinnen. Dreihundert Gaben zuvor, ach was sage ich, noch hundert Gaben zuvor, war es viel einfacher. Heutzutage ist viel Böses im Wasser. Ich muss lange und hart arbeiten, bis ich genügend und vor allem geeignetes Rosenwasser für die Feen gewonnen habe.«
Pletomuk blickte zur Höhlendecke hinauf und schmunzelte. »Ich weiß nicht, ob dein Freund Erfolg hatte. Er steht nun am Brunnen und wartet. Ihr könnt mir vertrauen. Ich hoffe, ihr enttäuscht mich nicht.«
Er ging zum Teich und warf den Kübel ins Wasser. Dann streckte er die Arme aus, drehte die Innenseiten der Handflächen nach oben und gebot dem Wasser erneut, in die Höhe zu steigen. Rasch wuchs eine Säule nach oben, sauber und klar sprudelte das Wasser aus einer unter ihnen liegenden Quelle. Pletomuk senkte die Arme, der Strom stoppte.
Elwin stockte beim Anblick des Wassers der Atem. Seine Ängste im Kübel hatte er noch nicht vergessen. Das schwache Licht der Sonne tanzte verspielt in der Wassersäule. Plötzlich huschte ein Schatten in die Tiefe.
»Dein Freund ist eingestiegen«, murmelte Pletomuk und gebot dem Wasser mit beiden Händen zu sinken. Die Säule brauste zurück in die Quelle.
»Keine Angst. Komm zu mir, du kannst es anfassen, wenn du möchtest«, sagte Pletomuk lächelnd, aber Elwin zögerte.
»Nur zu! Es ist bloß Wasser.«
Elwin hob zögerlich eine Pfote und berührte die Säule. Sie war kalt und
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