Elwin - Rosenwasser (German Edition)
zwischen den beiden Männern und dem Freund hin und her. Groohi versuchte vergeblich, sich aus dem Würgegriff seines Angreifers zu befreien. Er konnte kaum noch atmen, seine Lippen waren bereits blau angelaufen. Diese Männer waren äußerst entschlossen und bestens trainiert.
»Wo ist die Schatzkiste?«, fragte Elwin. Er musste Zeit gewinnen. Seine Gedanken überschlugen sich. Was konnte er nur tun?
»Quatsch nicht, gib mir das Zeug!«
Elwin sah sich in Panik um. Er stand rechts des Torbogens. Sollte er wieder hineinlaufen und sich so der Verfolger entledigen? Nein. Dort wollte er nicht mehr hin. Und Groohi? Was geschähe mit ihm?
»Lass ihn los«, befahl Elwin dem Mann. »Du bringst ihn um.«
»Pah«, erwiderte der und spuckte verächtlich auf die Erde.
Groohi rang laut nach Luft; es klang, als wäre es der letzte Atemzug in seinem Leben. Dennoch gab er nicht auf. Er stieß sich mit beiden Füßen auf dem Boden ab und hob die Beine an. Sein Peiniger konnte ihn nicht länger halten, verlor das Gleichgewicht und beide kamen zu Fall. Groohi löste sich aus dem Griff des Trolls, sprang auf und hustete. Der Mann wollte ihn greifen, aber Elwin rief: »Seht her!« Er war vor das Rosenportal gesprungen, hielt den rechten Arm erhoben, den Flakon für alle gut sichtbar. »Ihr wollt das hier haben? Dann müsst ihr es euch holen.« Die Männer erstarrten voller Entsetzen.
»Nein! Nicht!«, schrie Groohis Angreifer. »Wir lassen euch gehen, aber gebt uns das Glas!« Seine Stimme klang nervös, dennoch bestimmt und kalt.
Elwin glaubte ihm nicht. Pletomuk hatte sie gewarnt, dass das Rosenwasser niemals in falsche Hände gelangen dürfe, machte es den Bösen noch stärker. Elwins Herz schlug bis zum Hals. Er fühlte sich so schwach und hilflos wie noch nie in seinem Leben. Hatte er gehofft, den Feen helfen zu können, so musste er nun entscheiden, wie es mit Maledonia weiterging. Das Schicksal dieser Welt lag in seiner rechten Pfote. Am liebsten wäre er davongelaufen, zurück nach Hause, zu seinen Freunden. Aber er stand hier, zwei Männern gegenüber, die wohl von der Kraft des Wassers wussten und die zu allem entschlossen waren.
»Gib uns das Glas!«, brüllte der Mann neben Groohi. »Sofort!«
Elwin stand wie versteinert vor dem Rosentor. Der Mann versetzte Groohi mit der Faust einen Schlag auf den Kopf und der fiel zu Boden. Verächtlich sah der Kerl zu ihm hinab, stieg über ihn hinweg und schritt auf Elwin zu, ein Monster aus Muskeln und Fleisch. Der zweite Mann wartete, bis der Kumpan neben ihm war. Im Gleichschritt marschierten sie dann auf Elwin zu.
»Nein!«, rief der und warf den Flakon auf den Weg jenseits des Rosenportals. Einen Augenblick war es totenstill, schien die Welt stehen geblieben zu sein. Das Glas schlug auf einen Stein und zerbrach. Elwin fühlte, wie alle Kraft von ihm strömte. Eben noch hielt er die Rettung der Feen in Händen, nun lag das Glas zerbrochen auf den Steinen.
»Die zwei gehören mir!«, schrie plötzlich Fofenda. Sie war in Begleitung von fünf schwarz gekleideten Männern. Sie trugen Schaufeln, Hacken in den Händen und Seile um die Schultern. Fofenda lief mit großen Schritten auf Elwin zu und rief: »Hände weg!« Dann packte sie ihn und schubste ihn durch das Portal. Elwin fiel hart auf die Steine, dann war alles schwarz vor seinen Augen.
Der Brunnen
Es war wie in einem Albtraum; Elwin lag auf dem Waldboden, zwischen Gras, Laub und Zweigen. Verschwommen sah er vor dem Bogen zwei Gestalten stehen. Mal sah er sie deutlicher, glaubte sie als Trolle zu erkennen. Dann verschwammen sie wieder vor seinen Augen und er sah eine Frau, die ihre ausgebreiteten Arme ständig hob und senkte. Nun hörte er Stimmen, die Frau befehligte die anderen. Wie im Traum hob er den Kopf, sah Groohi einige Meter weiter auf dem Boden sitzen, sich den Kopf mit beiden Händen massierend.
Es war, als wären nur Elwins Geist und Augen an diesem Ort. Er wollte den Freund rufen, öffnete den Mund, aber die Worte wollten nicht aus ihm entweichen. Er bemühte sich nach Kräften zu reden, aber sein Mund schwieg. Langsam sank er zu Boden, verlor den Freund aus dem Blick, dann packte ihn jemand an der Schulter und schüttelte ihn.
»Elwin! Hörst du mich?«
Elwin öffnete die Augen und sah in Groohis Gesicht, der neben ihm kniete und ihn besorgt musterte.
»Bist du verletzt?«, fragte er.
Elwin wusste es nicht. Er wusste nicht, wo er war und warum Groohi auf einmal neben ihm kniete. War er eingeschlafen?
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