Elwin - Rosenwasser (German Edition)
mit den Menschen verband. Dieser Pakt war so stark, Königin Mala fühlte, dieses Band würde niemals zerreißen, gleich, was geschehen sollte. Salina setzte sich und lehnte sich schweigend an ihre Schulter. Immer mehr Feen kamen und setzten sich zu ihnen. Am Abend würden sie zur Lichtung hinauf steigen und auf die Mittsommernacht warten. Ihr Schicksal lag nun in den Händen derer, die sie immer beschützt hatten.
Die Kräuterheiler
Die Sonne lugte im Osten über die Wälder, geradeso, als wollte sie mit ihrem gelben Auge die neue Schatzkiste begutachten. Rocko und der Holzgraf hatten die ganze Nacht in ihren Werkstätten gearbeitet, dann war Rocko zum Schreiner gegangen. Zusammen vereinigten sie die feinen Eisenteile mit dem edlen Holz zu einem meisterhaften Nachbau der Schatztruhe. Breite Eisenbänder umfassten sie, fünf schwere Schlösser sicherten den Deckel.
Die Männer waren mit ihrer Arbeit sehr zufrieden. Stolz erfüllte die Brust eines jeden, auch wenn sie so taten, als wäre es die einfachste Sache der Welt, eine edle Schatzkiste zu bauen. Der Holzgraf hatte perfekt alle Änderungen eingearbeitet, um die Elwin ihn gebeten hatte. Dennoch sah die Truhe genauso aus, wie jeder sie kannte oder zu kennen glaubte. In Maledonia und ganz besonders in Longor sprach ja jeder von einem vollendeten Kunstwerk, obwohl kaum einer der Bewohner die Schatzkiste mit eigenen Augen gesehen hatte. Das war ein kleiner Vorteil, auch wenn das neue Werk mit dem Original keinen Vergleich scheuen musste.
»Fass an, Rocko«, sagte der Holzgraf. »Wir heben das gute Stück auf meinen Karren, schieben es durch das Osttor und stellen es unter diesem Busch am Wegrand ab.«
Rocko war nicht einverstanden. »Sobald wir das Tor passieren, werden die Wachen in deinen Karren schauen und die Kiste sehen.«
»Keine Sorge! Wir verstecken sie unter einer Decke und legen Äxte und Sägen darüber; so mache ich es immer, wenn ich Holz schlage. Die Wachen wissen, dass ich nicht gut zu Fuß bin und den Karren für das Werkzeug benötige.«
»Das gefällt mir nicht«, entgegnete Rocko. »Bevor ich zu dir kam, bin ich durch das Westtor gegangen, hinauf zum breiten Weg, und schaute mich am Ort des Verstecks der Kiste um. Auf dem Rückweg kam ich durch das Osttor. Vier Wachmänner standen dort. Koltin wollte gleich wissen, was ich so früh außerhalb des Dorfes tat. Er sah richtig misstrauisch auf die Taschen meiner Jacke, in denen ich die Schlösser trug. Ich sagte ihm, ich mache meine Arbeit, ließ ihn stehen und ging einfach weiter. Sehen die Wachen uns, werden sie Verdacht schöpfen und womöglich den Karren durchsuchen.«
»Na großartig. Du spazierst in der Früh im Wald herum und verärgerst die Wachleute. Da hättest du auch gleich sagen können, dass wir eine neue Schatzkiste gebaut haben«, fluchte der Holzgraf.
»Quatsch. Nimm deine Decke, das Werkzeug und zieh mit dem Karren in die ›Kleine Gasse‹ zwei Häuser links des Hotels.«
»Was soll ich dort? Da wohnt Noel. Sollen wir ihm die Schatzkiste vor die Tür stellen?«
»Warum bist du heute Morgen nur so störrisch?«, ärgerte sich Rocko. »Das Haus von Noel steht nebenan. Er sitzt bereits im Zelt auf dem Marktplatz. Wir gehen durch das Haus meines Gesellen. Er ist seit gestern auf Schatzsuche und kehrt erst gegen Mittag zurück. Geh auf direktem Weg dorthin, ich komme von der anderen Seite über den Marktplatz. Das Haus ist nicht abgeschlossen. Wir treffen uns dort, tragen die Kiste in den Garten und von dort weiter ins Versteck.«
Der Holzgraf lachte. »Und wie sollen wir das machen? Mit einer Leiter über die Mauer steigen, damit uns jeder sieht?«
Rocko überhörte die Frage. »Pack dein Werkzeug auf den Karren und mach dich auf den Weg. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Ich warte am Haus auf dich.« Er öffnete die Tür und verließ den Schreiner.
Der Holzgraf schob die Karre aus dem Haus und verschloss die Tür. Rocko war nicht zu sehen und das war auch gut so. Sie waren nie zusammen zum Holzeinschlag gegangen, und auch heute durften die Wachen sie nicht zusammen sehen. Der Holzgraf zog vorsichtig die Karre über die Pflastersteine. Die Räder rumpelten, das Werkzeug schlug aneinander. Warum müssen heute nur so viele Leute unterwegs sein? dachte er und bemühte sich, unauffällig zu sein. Dennoch glaubte er, beinahe jeder sähe ihn und seinen Karren an. Die meisten jedoch grüßten ihn knapp und gingen ihres Weges. Schließlich erreichte er das Haus. Rocko stand bereits
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