Elwin - Rosenwasser (German Edition)
längst da.«
»Der alte Pat hatte ihn gebeten, noch einmal hierher zu gehen.«
»Warum?«
»Er glaubte, das sei der ideale Ort für ein Versteck.«
»Und Noel? Glaubt der das auch?«
Blacky schüttelte den Kopf. »Nein! Daher schickte er uns. Die erfahrenen Leute suchen an anderen Stellen.«
»Sieh mich an!«, befahl Rago.
Blacky schaute ihm in die Augen. Ihm war es gleichgültig. Sollte er doch wissen, dass sie die Schatzkiste hier suchten! Die Kerle wussten es doch sowieso.
Rago schwieg, sah die Gefangenen unschlüssig an, massierte sich mit der linken Hand die Stirn, dann befahl er: »Bringt die zwei runter und fesselt sie.«
»In Longor werden sie die Jungs vermissen«, bemerkte Thorwald.
»Und?«, schimpfte Rago. »Meinst du, ich habe das nicht überlegt? Wir können sie nicht laufen lassen, das solltest du wissen. Bis Mitternacht halten wir sie gefangen. Außerdem hat Noel viel zu tun. Wer weiß, ob er die beiden überhaupt vermisst. Es ist nicht zu fassen! Da schickt er zwei so dumme Jungs auf die Suche. Wie verzweifelt muss er sein? Steckt sie zu dem Bohaben im Turm. Vielleicht sind sie uns noch einmal nützlich.«
Er ging zur Tür, blieb stehen und sagte: »Sobald Jerri und Nallan aus Longor zurück sind, schickt sie zu mir.«
Feen
Geschichten über Feen waren in Maledonia schon immer sehr beliebt. Es gab keinen Zweifel, dass sie wie Menschen aussahen oder ihnen sehr ähnlich waren. Auch war man sich einig, dass Feen hübsche Frauen waren, die nie oder nur ganz langsam alterten. Eine Chronik erzählte von Königin Mala, die selbst bestimmte, wie alt sie sein wollte. Auch Fofenda sagte man das nach. Da aber jeder Gedanke an sie Unheil brachte, wurde kaum über sie gesprochen.
Nur wenige Feen suchten die Öffentlichkeit, so wie die Schneefeen. Die meisten lebten sehr zurückgezogen an verträumten Plätzen, irgendwo in Wiesen und Wäldern. Manche Leute glaubten gar, eine Fee hätte sich in ihrem Haus niedergelassen, lebte dort verborgen und kam und ging, wann immer sie wollte. Nur das gelegentliche Knarren der Dielen in der Nacht verriet ihren Schritt im Haus.
Man erzählte sich, jede Fee bestimmte selbst, ob man sie sehen durfte oder nicht. Übel gelaunt, waren sie immer unsichtbar. Geschahen dann noch unerklärliche Dinge oder rutschte jemand aus und brach sich ein Bein, war klar, dass eine mürrische Fee das zu verantworten hatte. Diejenigen, die die Feen einmal sahen, beschrieben sie als zierlich, meist mit langen blonden oder brünetten Haaren. Und man wusste, einmal im Jahr benötigten sie ihr Elixier, das edle Rosenwasser, das ihnen Kraft, Macht und Güte gab.
Königin Mala saß auf einem kostbaren roten Tuch inmitten einer weit abgelegenen Wiese und dachte an die Geschichten, die die Leute erzählten. Alle Feen aus Maledonia hatten sich heute eingefunden, nur die Schneefeen konnten nicht kommen. Der Sommer war nicht ihre Zeit. Sie nahmen ihre Kraft aus den uralten Eisbergen der Arktis und tranken dort die Tropfen ihres Elixiers.
Königin Mala ließ den Blick über die Wiese schweifen, hinab zu einem Bach, dessen frisches kristallklares Wasser gluckste. Salina wusch gerade ihre langen rotblonden Haare, hob geschwind den Kopf und wirbelte die Haare durch die Luft. Ein Schleier aus winzigen Tröpfchen umhüllte sie. Es schien, als bildete das Wasser eine zarte Wolke, die sie in ihrem Inneren schützte. Salina war nicht nur die kleinste der Feen, sie war auch erstaunlich wandlungsfähig. Wie keine andere Fee konnte sie die Stimmungen und Gefühle von anderen aufnehmen und ihr Äußeres nach deren Verfassung gestalten.
Mala blickte auf die andere Seite der Wiese und sah die Naturfeen aus dem Wald treten. Maledonia hatte für alles Wichtige eine Fee, für Wälder, Wiesen und Wasser, für Familien, Kinder und Tiere. Die Schneefeen um Elea behüteten den Winter, Lavita den Frühling, Solena den Sommer und Atuma den Herbst. Die Naturfeen winkten Mala zu und gingen zum Bach hinunter. Sie wirkten müde und spürten wie alle anderen auch, dass sie die Kräfte verließen.
Königin Mala dachte abermals an die vielen Geschichten, in denen sie und ihre Freundinnen als gute Wesen beschrieben wurden, für die nun alle kämpften und ihr Bestes gaben. Sie war stolz auf Maledonia.
Salina trat auf die Wiese, schüttelte die ausgestreckten Arme und war im Nu trocken. Sie kam zu Königin Mala hinauf, ihr weißes Kleid streifte luftig durch das Gras.
Die Leute glaubten an die Feen und das Gute, das sie
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