Elysion: Roman (German Edition)
war in wenigen Monaten wieder überwuchert gewesen, bevor man auch nur daran hatte denken können, es zu bestellen. So mussten sie weiter von dem leben, was der Wald selbst hergab. Weil alle die gleiche Zuteilung erhielten, hatte kaum eine Familie mehr als zwei Kinder. Aber Brigid, Bruce’ Frau, hatte sich der Sterilisation verweigert, die die Malachim allen Familien anboten.
Maureen selbst hatte sich diesem Eingriff unterzogen. Sicherlich war es keinesfalls angenehm. Medizin im Elysion war nicht einmal annähernd das, was sie früher in den Städten gewesen war. Aber sie hatte die Notwendigkeit eingesehen. Brigid McDermott hingegen … Sicherlich war Bruce’ Schicksal damit auch ein bisschen ihre Schuld. Vielleicht hatte sie ihn dann sogar zu seiner Tat angestiftet. Sie war schon immer eine Quertreiberin gewesen.
Müde wischte sie sich über die Stirn. In der Hütte war es heiß. Obwohl die Tür und die beiden hölzernen Fensterläden weit geöffnet waren, schien die Luft stillzustehen.
»Bruce kannte das Gesetz«, sagte sie. »Und jetzt muss Brigid sich auch noch allein um die Kinder kümmern. Das hätte er sich vorher überlegen müssen.«
»So wie Vater.«
Maureen spürte, wie ihr Blut zu kochen begann. »Wie kannst du es wagen, deinen Vater in einem Atemzug mit diesen Leuten zu nennen?«
»Die Reeks haben Dad auf dem Gewissen.«
»Das ist Unsinn! Du weißt genau, dass dein Vater einen Herzinfarkt hatte!«
»Dad war kerngesund. Aber die haben ihn Tag und Nacht schuften lassen, bis er irgendwann nicht mehr konnte.«
Sie seufzte. In Wirklichkeit hatte Ben schon immer Probleme mit dem Herzen gehabt. Nur den Jungs gegenüber hatte er den Unverwüstlichen gespielt. Sie hatte ihn wieder und wieder gebeten, kürzerzutreten, aber das hatte nicht in seiner Natur gelegen. Jedenfalls war sein Tod bestimmt nicht die Schuld der Malachim.
»Mum?«
Maureen drehte sich zur Tür um, wo ihr jüngerer Sohn Sean aufgetaucht war, das kleine Gesicht schmutzverschmiert. Im Gegensatz zu Jimmy, der sich anschickte, bald die Schwelle zur Mannbarkeit zu überschreiten, war Sean mit seinen acht Jahren nichts als ein kleiner Junge, und zwar einer, der seinen älteren Bruder hemmungslos bewunderte. Mit seinen blonden Locken und den Sommersprossen war er eine kindliche Version seines Vaters, während Jimmy mit seinen dunklen Haaren und dem olivenfarbenen Teint eher nach ihr schlug.
»Was ist denn mit Dad? Worüber streitet ihr?«, fragte Sean.
Jimmy und sie warfen sich einen kurzen Blick zu.
»Nichts«, sagte sie dann leichthin. »Es ist nichts, mein Schatz. Wir haben nicht gestritten. Jimmy hilft mir bei der Wäsche.«
»Dann helfe ich auch.« Eifrig griff sich Sean ein Bettlaken, das ungefähr zweimal so lang war wie er selbst, und begann, sich daran abzuarbeiten. Jimmy betrachtete ihn eine Weile schmunzelnd, dann half er ihm. Es war rührend, mit anzusehen, wie Seans Blick förmlich an jeder Bewegung seines großen Bruders klebte und er sich fortwährend bemühte, ihn so perfekt wie nur möglich zu kopieren.
»Müssen wir heute sterben, Mum?«
Er sagte es mit der allergrößten Ernsthaftigkeit, während er das Bündel, das er mit seinem Bruder gefaltet hatte, in den Schrank stopfte.
Für einen kurzen Moment genoss sie fast die plötzliche Blässe und das Entsetzen im Gesicht ihres älteren Sohnes. Schließlich geschah es ihm nur recht. Dann aber kniete sie vor dem Kleinen nieder und ergriff seine Hände. Die Handteller waren feucht und schwitzig. Das hatte er schon als Säugling gehabt, wenn er angespannt war.
»Schau mich an, mein Kleiner«, sagte sie. »Das werde ich niemals zulassen, hörst du?«
»Aber was ist, wenn der Pontifex es befiehlt?«
»Der Pontifex ist ein strenger Mann, aber er ist auch vernünftig, und du bist nur ein Kind.«
Sie spürte förmlich, wie sich Jimmys Blick in ihren Nacken bohrte, aber es war ihr egal. Mochte er denken, was er wollte. Das hier war sowieso allein seine Schuld.
»Hallo zusammen.«
»Oh, hi, Patrick«, stotterte Jimmy.
Maureen fuhr herum und sah die ebenso vertraute wie verhasste Silhouette in der Tür. Ihre Hände begannen zu zittern. Schnell vergrub sie sie in den Taschen ihres Rocks.
»Ich will, dass dieser Kerl hier sofort verschwindet«, sagte sie.
»Ich versteh Sie ja, Mrs. Larson. Aber es wäre wirklich wichtig, dass …«
»Du verstehst rein gar nichts, du kleiner Bastard. Und du bist hier nicht willkommen.«
Patricks feistes Gesicht wechselte von Blässe zu
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