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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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halten.
    Er wusste, dass die Gefühle der Gemeinde hinsichtlich seiner Schöpfung durchaus zwiespältig waren. Das entsprach auch durchaus der Rolle, die er ihnen zugedacht hatte. Respekt entstand ausschließlich durch die Angst vor Strafe. Also mussten die Malachim in jeder Beziehung Furcht einflößend sein. Außerdem waren sie in der Sicht der Leute Engel des Herrn, und wer die Engel beleidigte, beleidigte Gott.
    Es war nicht der erste Fall von Blasphemie, aber was die Sache so heikel machte, war, dass die Täter diesmal Kinder waren. Genauer gesagt zwei Brüder, die Söhne von Maureen Larson, Frau von Ben Larson, dem Bäcker, der vor nicht einmal einem halben Jahr kaum fünfzigjährig einem Herzanfall erlegen war. Maureen und Jimmy, der ältere der beiden Brüder, hatten ihr Möglichstes getan, den Betrieb aufrechtzuerhalten, was absolut notwendig war. Zwar waren sie nur eine von vielen Dutzend Bäckereien im gesamten Elysion, aber wären sie ausgefallen, hätten die Bürger eines gesamten Distrikts für ihr Brot auf einmal doppelt so lange Wege auf sich nehmen müssen. Er selbst hatte Maureen und ihren Ältesten daher noch vor Kurzem vor versammelter Gemeinde für ihren Einsatz gelobt und ihren Verlust mit ihnen betrauert.
    Und jetzt das!
    Er wusste, dass gerade unter den Jugendlichen im Elysion ein gewisses Widerstandspotenzial gegen die Malachim existierte. Immer wieder hatten ihm seine Zuträger von verbotenen Äußerungen, zornigen Bemerkungen und Ähnlichem berichtet. Er hatte es geduldet, weil es bisher nicht in offenen Widerstand umgeschlagen war, aber mit den Schmierereien war eine Grenze überschritten, deren Verletzung er einfach nicht dulden konnte. Wenn das Leben ihn eines gelehrt hatte, dann dass der Firnis der Zivilisation nur allzu dünn war.
    Homo homini lupus, hatte der große Hobbes geschrieben. Der Mensch ist des Menschen Wolf. Und das galt für alle Zeiten.
    Wie alt waren die beiden? Sechzehn der Große und der Kleine vielleicht sechs oder sieben. Kaum älter als … Zähneknirschend unterdrückte er die Erinnerung, die in ihm emporkriechen wollte und seine Urteilskraft zu schwächen drohte.
    Für Blasphemie hatte es in der Vergangenheit immer nur eine Strafe gegeben. Maureen würde sich eine andere Hilfe suchen müssen.

    Hektisch kramte Cooper in der alten Army-Kiste, die in ihrem Zimmer stand. Ein Dutzend alter Konzert- T -Shirts. Ein uraltes Physiklehrbuch. Ein fünfzig Jahre alter Stadtplan von Moskau mit kyrillischen Buchstaben. Eine Originalausgabe von Oliver Twist, die sie im Keller der städtischen Bibliothek gefunden hatte, begraben unter einem Haufen Schundliteratur. Ein Kristallflakon, das einmal Kim O’Shea, der letzten amerikanischen Präsidentin, gehört hatte; das behauptete jedenfalls Big Mama, der es bei der Plünderung des Museums of Modern History in die Hände gefallen war. Ein Bündel Hundert-Dollar-Noten. Das waren ihre wichtigsten Habseligkeiten, aber sie konnte unmöglich alles mitnehmen.
    Wieder und wieder wischte sie sich über ihr verletztes Auge. Zwar waren die Schmerzen wie auf magische Art nahezu verschwunden, aber trotzdem war es offenbar noch nicht ganz geheilt. Jedenfalls durchbrachen immer wieder seltsame Bilder die Realität. Sie kamen und gingen wie Gespenster. Mal war es der Wald, mal Häuser aus ihrem Viertel, mal eine Straße, die sie oft durchwandert hatte. Sie konnte es nicht abstellen. Und es machte sie fast wahnsinnig.
    Gerade hatte sie auf einmal das Gefühl gehabt, draußen vor der Fabrik zu stehen. Die Außenmauer war auf sie zugekommen, näher und immer näher, bis sie glaubte, dagegen zu prallen. Doch dann wurde es schlagartig dunkel, und sie war wieder hier in ihrem Zimmer.
    Ihre Finger ertasteten im schwachen Licht des Kerzenscheins ein kleines Kärtchen in einer brüchigen Plastikhülle. Vorsichtig zog sie ihren allergrößten Schatz aus der Kiste und inspizierte ihn. Eine kleine Visitenkarte. Vergilbt, mit Eselsohren. Früher einmal hatte die Karte in einer kleinen, ledernen Brusttasche gesteckt, die sie immer tragen musste, wenn sie den Weg zur Schule gegangen war. Nach dem Tod ihrer Eltern waren die Brusttasche und ihr Inhalt das Einzige gewesen, was von ihrem alten Leben geblieben war.
    Das Leder der Tasche war mit den Jahren ganz mürbe geworden und schließlich zerbröselt. Aber die Karte in ihrer Plastikhülle hatte überlebt. Sie las die nur allzu vertrauten Buchstaben.
    J ON G ARDNER K LEINSCHMIDT
USAILEP
Phone: (518) 377

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