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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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durch das Erdgeschoss, und auf einmal steht er vor mir. Mein Vater, meine ich. Direkt neben dem Einstieg.«
    »Du meinst, du hattest so eine Art Vision?«, fragte Gregory.
    Vision? Wollte er damit sagen, dass sie sich das nur eingebildet hatte? Schon bereute sie, sich ihm anvertraut zu haben. Doch seine Augen … Da war nichts als ehrliche Neugier in dem wasserhellen Blau.
    »Nein, ich denke, das war keine Vision. Also … Jedenfalls sah er verdammt echt aus. Nicht irgendwie schemenhaft oder so. Ich konnte ihn sogar riechen.«
    Gregory lächelte etwas rätselhaft und nickte langsam.
    Sie wurde aus dem Mann einfach nicht schlau. War das so ein Therapeutending, sich nicht in die Karten sehen zu lassen? Hinter ihm zappelte Stacy ungeduldig hin und her.
    »Was hast du getan, als du deinen Vater dort unten gesehen hast?«, fragte er.
    »Keine Ahnung«, sagte sie und zuckte mit den Schultern. »Ich meine, ich erinnere mich nicht mehr so richtig. Eine von McCanns Granaten schlug ein. Ich glaube, ich hab versucht, ihn beiseitezustoßen, aber er war auf einmal weg.«
    »Sicher war es ein Malach«, platzte es aus Stacy heraus. »Die können jede mögliche Gestalt annehmen. Ich habe es selbst gesehen.«
    Cooper nickte. Was Stacy da von sich gab, ergab durchaus Sinn, und das machte sie … irgendwie ärgerlich.
    Meine Güte, dachte sie. Ich wünsche mir, dass es wirklich Vater gewesen ist.
    Der Gedanke erstaunte sie, aber auf seltsame Weise beruhigte er sie auch. Sie bemerkte, dass sich ihre Augen mit Tränen füllten. Unwirsch wischte sie sie weg.
    Stacy kam zu ihr, hockte sich neben sie und legte ihr eine Hand auf die Schulter. Cooper musste sich zwingen, sie nicht wegzustoßen.
    »Cooper, Schätzchen«, sagte Stacy, die sich deutlich um einen milden und verständnisvollen Tonfall bemühte. »Das war nur ein Täuschungsmanöver. Er wollte dich verwirren, um dich einzulullen.«
    »Wenn es ein Malach gewesen wäre, hätte er jede Gelegenheit gehabt, mich zu töten«, widersprach Cooper trotzig.
    »Ach, Süße.« Stacy machte eine wegwerfende Handbewegung. »Du weißt , dass es ein Malach war.«
    Brent hörte ihnen grinsend zu. Offenbar fand er das alles irgendwie komisch. Cooper merkte, wie in ihr eine schwarze Wolke wuchs. Irgendwie hoffte sie ein bisschen, dass wenigstens Gregory ihrer Freundin widersprechen würde, doch der lächelte weiterhin nur sein rätselhaftes Lächeln. Wahrscheinlich hielt er sie entweder für bekloppt oder war Stacys Meinung oder beides. Aber da war noch etwas anderes. Etwas, an das sich Cooper klammern konnte.
    »Wenn es ein Malach gewesen ist, woher konnte er wissen, wie mein Vater aussah?«, fragte sie. »Ich meine, in so einer Situation hätte ich mich doch bestimmt nicht so gut an ihn erinnern können, oder? Ich habe nicht mal an ihn gedacht.«
    Sie bemerkte, dass sie vor lauter Aufregung zitterte, und atmete tief durch. Fehlte nur noch, dass sie plötzlich Schaum vor dem Mund hatte.
    Gregory verschränkte die Arme und legte einen Zeigefinger vor die leicht geöffneten Lippen, womit er umso mehr wie das fleischgewordene Klischee eines Seelenklempners wirkte. »Dein Vater wäre jetzt wie viel älter?«, fragte er nachdenklich. »Fünfzehn Jahre?«
    »Zwölf.«
    »Dann müsste er doch jetzt ganz anders aussehen als damals, als du ihn das letzte Mal gesehen hast.«
    Coopers Herz schien kurz auszusetzen. Doch dann schloss sie die Augen, konzentrierte sich auf die Geschehnisse in der Halle und spielte sich den inneren Film ihrer Begegnung noch einmal vor. Die Bilder waren so frisch und lebendig, als wäre das Erlebte erst ein paar Sekunden her. Und was sie sah, ließ ihr einen Schauer über den Rücken rieseln.
    »Das ist es ja gerade«, sagte sie triumphierend. »Er sah tatsächlich älter aus als in meiner Erinnerung.«
    Gregory schürzte die Lippen und nickte bedächtig. Sein Blick wanderte zu einem imaginären Punkt an der Beckenwand.
    Hatte sie ihn endlich überzeugt? Kaum hatte sie sich die Frage gestellt, schalt sie sich auch schon dafür. Was spielte es für eine Rolle, ob dieser Mann, den sie überhaupt nicht kannte, ihr Glauben schenkte oder nicht?
    »Das ist doch alles Unsinn«, schaltete sich Stacy wieder ein. »Dein Vater ist tot. Mausetot.« Es klang fast flehentlich.
    Cooper spürte, wie die schwarze Wolke in ihrem Bauch größer wurde. Sie hatte ihren Vater gesehen. Egal, ob es nun sein Geist, ein Malach oder tatsächlich ihr Vater aus Fleisch und Blut gewesen war. Warum verhielten

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