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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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sprach in ein längliches Mikrofon. »Schick eine Kopie der letzten fünf Minuten auf den Rechner des KI-Labors.«
    Über dem eingefrorenen Bild erschien das Wort:
    BESTÄTIGT
    Er lehnte sich zurück und reckte die Arme in die Höhe, wobei er die Hände ineinander verschränkte. Seine Muskeln fühlten sich verspannt an. Kurz musste er an Erica denken. Seine labortechnische Assistentin war eine der besten Hobbymasseusen gewesen, die man sich vorstellen konnte. Wann hatte sie das Labor verlassen? Vor vier Jahren? Fünf vielleicht? Er wusste es nicht mehr. Manchmal hatte er das Gefühl, schon immer ganz allein in diesem Institut gewesen zu sein und dass alle anderen nur seiner Einbildung entsprangen.
    Der Gedanke entlockte ihm ein bitteres Lachen. Vielleicht verbrachte er einfach zu viel Zeit in diesem Labor. Vielleicht war es besser, sich mehr der Gemeinde zu widmen.
    Aber der Kontakt mit Menschen – oder genauer: mit Nichtwissenschaftlern – hatte noch nie sonderlich zu seiner Entspannung beigetragen. Und die Jahre hier unten hatten seinen Hang zur Einsiedelei eher noch verstärkt.
    Eine kurze Bewegung auf einem der vielen Bildschirme erregte seine Aufmerksamkeit. »Was zum …?«
    Er holte das Bild auf den Hauptbildschirm.
    »Das ist das Umspannwerk des Reaktors«, flüsterte er atemlos, als müsste er es jemandem erklären. »Da bewegt sich was.«
    Die Kamera zeigte ihm das gesamte Gelände aus größerer Höhe. Wenn er sich recht entsann, war sie an einem Strommast angebracht. Dennoch war das, was sich am Boden tat, deutlich genug zu erkennen.
    Menschen drangen auf das Gelände ein …

8
    »Ist das die richtige Richtung?«
    Cooper faltete die Karte auseinander. »Ich weiß nicht genau«, murmelte sie unsicher, während ihr Finger die Straßen abfuhr. »Das hat sich hier alles ziemlich verändert.«
    »Na toll.« Brent stemmte die Arme in die Seiten und warf ihr einen Ich-hab’s-doch-vorher-gewusst-Blick zu. »Wir sind also irgendwo im Nirgendwo.«
    Cooper wich seinen Augen aus und sah sich um. Ein bizarrer Anblick. Schon vorher hatte sie Stadtteile gesehen, die einen stummen Krieg gegen den vordringenden Wald führten. Aber noch nirgendwo hatte der Wald die Schlacht so eindeutig gewonnen wie hier. Obwohl es schon später Vormittag war, lagen die zwei- bis dreistöckigen Kolonialstilvillen des ehemals wohlhabenden Vororts im dämmrigen Zwielicht, weil weit über den Dächern die Kronen mächtiger Baumriesen einen dunkelgrünen Himmel bildeten, durch den nur hier und dort fahle Tageslichtstreifen drangen. Aus den Vorgärten, aus der Straße, ja, aus manchem Bauwerk selbst ragten die Stämme auf. Es war, als ob die Häuser ängstlich zwischen den Beinen einer Horde von Giganten kauerten.
    Ein bisschen weiter vorn hatte einer dieser Kolosse einen Bungalow in einem geduldigen Kleinkrieg langsam in seine Bestandteile zerlegt. Die Straße, auf der sie sich bewegten, war an vielen Stellen von dicken Wurzeln durchbrochen, als hätte der Asphalt hölzerne Adern. Strauchwerk und dichtes Unterholz wucherten in den Vorgärten.
    Zivilisationsmüll war hier und dort in der grünen Hölle auszumachen. Rostende Autodächer, die Klettergeräte eines Spielplatzes, fast komplett unter Schlingpflanzen begraben. Nur die Straße war noch einigermaßen begehbar.
    »Seht ihr irgendwo ein Straßenschild oder so was?«
    Stumm deutete Stacy auf eine Stelle über Coopers Kopf. Die Tafel war mit spanischem Moos überwuchert, dessen graue Flechten wie greisenhafte Bärte von dem Schild hingen. Der kegelförmige Blättermantel irgendeiner Schlingpflanze zierte die Stange, an der das Schild angebracht war. Ein Wunder, dass Stacy es als das erkannt hatte, was es war.
    »Seit wann ist dieses Zeug hier heimisch?«, fragte Cooper und wies auf die Moosflechten.
    Brent schürzte die Lippen und zog die Schultern hoch.
    Mühsam entzifferte Cooper die Buchstaben, die unter dem Bewuchs gerade noch sichtbar waren. »Sunny Valley Creek …«
    Sie fuhr ihren Weg auf der Karte mit dem Zeigefinger nach, während Brent ihr über die Schulter sah. Im Halbdämmer waren die Beschriftungen kaum zu erkennen. Sie spürte Brents Blick im Nacken, und das machte sie nervös. Und je länger sie suchte, desto mehr verschwamm die Karte vor ihren Augen. Es hatte keinen Zweck.
    »Ich kann die Straße nicht finden. Vielleicht ist sie zu neu für die Karte. Lasst uns weitergehen und nach einem anderen Straßenschild Ausschau halten.«
    »Hm«, grunzte Brent. »Viel Glück

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