Elysion: Roman (German Edition)
Patrick, während er die beiden Malachim, die urplötzlich aus dem Wald aufgetaucht waren, mit nichts als einem Stab in der Hand in Schach hielt.
Es war wie ein Déjà-vu. Die flüchtenden Kinder, die Malachim. Böse Erinnerungen stiegen in Jimmy hoch, drohten sein Bewusstsein zu überschwemmen. Der Boden unter seinen Füßen schien zu vibrieren. Schwindelgefühle. Er biss sich auf die Lippen, so fest er konnte. Der Schmerz hielt ihn auf den Beinen.
Zwei kleinere Kinder standen wie festgefroren am Stamm des Baums.
»Los, hoch da!«, brüllte er den beiden zu, froh, sich von seiner eigenen Panik ablenken zu können.
Der riesige Stamm und der mächtige, über die Zäune ragende Ast waren der einzige Weg in die Sicherheit. Etwa zwei Dutzend Kindern und Jugendlichen war es bereits gelungen, auf die andere Seite der beiden Zäune in das Umspannwerk zu gelangen. Ein Mädchen hing noch am Seil, das einer der Größeren um den Ast gebunden hatte, damit die Kinder daran nach unten in das Umspannwerk klettern konnten. Drei weitere Kinder lagen auf dem Ast und warteten mit bangen Gesichtern, dass sie an die Reihe kamen.
Eines der beiden unter dem Baum löste sich endlich aus seiner Erstarrung und begann zu klettern. Jimmy atmete tief durch und drehte sich wieder um.
Breitbeinig stand Patrick vor den zwei Malachim, die sich ihnen jetzt bereits bis auf zwanzig Meter genähert hatten. Jimmy konnte sehen, wie ihre Muskelfasern bei jedem Herzschlag hellrot und prall wurden.
»Ich will verdammt sein«, flüsterte Rasim neben ihm atemlos. »Hab ich’s doch gesagt, der Kerl ist unser Untergang.« Er versetzte Jimmy einen Knuff mit dem Ellbogen in die Rippen. »Worauf wartest du?«
»Und Patrick?«, fragte Jimmy.
»Sein Problem. Du hast ihn doch gehört«, erwiderte Rasim.
Als Jimmy immer noch zögerte, drehte sich Rasim um und drängte sich an dem letzten Kind vorbei zum Baum. Jimmy schaute ihm ärgerlich hinterher, während er hinaufkletterte und einen kleinen Jungen am Fuß des Stamms zurückließ.
In diesem Moment stürzte sich Patrick mit einem markerschütternden Gebrüll auf die Malachim. Mit dem hoch über dem Kopf erhobenen Stab sah er aus wie einer dieser japanischen Samurai aus den alten Büchern von Jimmys Vater.
Die Malachim stoppten ihren Vormarsch. Fast schien es, als hätte sie Patricks Angriff aus dem Konzept gebracht. Schon wollte Jimmy Hoffnung schöpfen, wäre da nicht die völlige Regungslosigkeit ihrer Gesichter gewesen. Als wären sie in Stein gemeißelt.
»Verreckt, ihr Schweine!«, schrie Patrick und schlug mit dem Stab nach dem vorderen Malach.
Fast erwartete Jimmy, das Brechen von Knochen zu hören, doch was dann passierte, verschlug ihm den Atem. Ohne die geringste Spur zu hinterlassen, durchfuhr der Stab den Malach, als bestünde dieser aus Nebel. Der Schwung seines Hiebs wurde Patrick zum Verhängnis. Da er nicht auf den erwarteten Widerstand traf, riss es ihn von den Füßen, sodass er fast waagerecht an dem Malach vorbeiflog.
Als sei es die leichteste Übung der Welt, entwand ihm der Malach den Stab, noch bevor Patrick auf dem Boden aufschlug. Mühelos ließ er ihn von der Linken in die Rechte gleiten. Es sah fast so aus, als vollführe er ein Kunststück.
Dann schlug er erbarmungslos zu.
Patricks gellender Schmerzensschrei durchschnitt die Luft. Er taumelte. Als er versuchte wieder aufzustehen, traf ihn ein zweiter Schlag direkt am Kopf. Sein Körper sackte vor den Füßen des Malach zusammen.
» PATRICK! «
Vor Jimmys entsetzten Augen packte das Monster den Stock mit beiden Händen und ließ ihn senkrecht auf den Rücken des Jungen niedersausen wie eine Lanze. Patricks malträtierter Körper bäumte sich mit einem furchtbaren Stöhnen ein letztes Mal auf, dann blieb er reglos liegen. Aus seinem Rücken ragte der Stock als grausiger Mast. Alles hatte nur ein paar Sekunden gedauert.
Der Malach zog den blutigen Stab mit einem Ruck aus Patricks Körper und warf ihn beiseite. Die beiden Angreifer setzten sich ohne jedes Zögern wieder in Bewegung. Zwei erbarmungslose Tötungsmaschinen.
Der Anblick löste Jimmys Erstarrung. Ein Blick über die Schulter zeigte ihm, dass er gottlob der letzte unter dem Baum Verbliebene war. Weiter oben kletterten die beiden anderen Kinder schon auf den Ast, der über den Zäunen ragte. Beruhigt stellte er fest, dass Rasim ihnen beim Aufstieg half.
Er ergriff einen der unteren Äste des Baums und hangelte sich von dort aus weiter empor. Noch bevor die
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