Elysion: Roman (German Edition)
schockartig klar wurde, was folgen würde.
Doch es war zu spät. Mit einer weit ausholenden Bewegung warf der Pontifex die Fackel, die auf dem Dach der Hütte landete. Es hatte lange nicht geregnet, und die trockenen Holzschindeln fingen sofort Feuer.
»Aber Herr! Ihr könnt doch nicht …«, setzte Matthew an.
»Was?«, fiel ihm der Pontifex ins Wort. Seine Augen funkelten zornig.
Drinnen in der Hütte begannen die Menschen zu schreien. Die Tür erbebte, als jemand sich von drinnen dagegen warf.
Aus Matthews Gesicht wich jede Farbe. Er hatte vieles erwartet, aber nicht so eine Grausamkeit. Außerdem bestand weiterhin die Gefahr eines Waldbrands. Was hier gerade geschah, war purer Irrsinn. Es schien, als ob der Pontifex nicht mehr logisch handelte, sondern sich von seinen Gefühlen hinreißen ließ.
In einigen Hütten ringsum gingen Lichter an, Vorhänge wurden zur Seite geschoben, und Gesichter erschienen an den Fenstern, nur um nach einem kurzen Blick auf die Szene sofort wieder zu verschwinden. Dem Gesichtsausdruck des Pontifex nach war ihm das egal. Während Matthews Männer unruhig und nervös wurden, starrte er fast versonnen auf das Feuer, das allmählich vom Dach auf die Wände der Hütte übergriff.
Schließlich wandte er sich abrupt ab und sagte zu Matthew: »Achtet mir darauf, dass das Feuer nicht auf die benachbarten Gebäude oder den Wald übergreift.«
Ohne ein weiteres Wort ging er an Matthews Männern vorbei und verschwand in der Dunkelheit.
Unter dem tosenden Knistern der Flammen wurden die Schreie lauter und lauter.
Stacy lief so schnell sie konnte. Leider war das kaum schneller als der Hürdenlauf eines Betrunkenen, denn das Unterholz war ein Dickicht aus dornigem Buschwerk, Zweigen, tief hängenden Ästen und umgestürzten, verrottenden Baumstämmen. In der Dunkelheit, die mittlerweile tief unter den Baumkronen herrschte, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich den Weg nach vorn mit den Händen zu ertasten. Sie stolperte und griff um sich auf der Suche nach Halt, aber da waren nur brechende Zweige. Zum zigsten Mal fiel sie vornüber ins Unterholz. Buschwerk zerkratzte ihr Gesicht. Sie wusste nicht mehr, ob die Feuchtigkeit auf ihren Wangen von Tränen oder ihrem Blut herrührte.
Für einen kurzen Moment blieb sie schwer atmend liegen, in der Hoffnung, endlich nur die Geräusche des Waldes zu hören. Doch da war es wieder. Rascheln, brechende Zweige. Ihr Verfolger konnte nur noch wenige Meter hinter ihr sein. Es war ein Malach. Bei der Hütte war er plötzlich vor ihr aufgetaucht, und sie war einfach davongerannt, hatte ihren Wachtposten verlassen, statt ihre Freunde zu warnen, wie sie es versprochen hatte. Sie tröstete sich ein wenig mit dem Gedanken, dass sie den Malach wenigstens von Cooper und Brent weggelockt hatte. Vielleicht hatte sie ihre Freunde auf diese Weise sogar gerettet.
Aber wie sollte sie sich nun selbst retten?
Leise schluchzend brachte sie ihre Hände unter sich, um sich wieder hochzustemmen, doch eine unerwartete Bewegung unter ihrer linken Hand ließ sie erschrocken innehalten. Ihre Hand zuckte instinktiv nach oben, doch zu spät, schon durchfuhr sie ein eisiger Schmerz. Für einen Moment war sie wie gelähmt. Dann kam es ihr vor, als würde ihr Arm, ausgehend vom linken Handgelenk, förmlich aufglühen.
Sie tastete mit der Rechten über den schmerzenden Arm. Da war etwas Lebendiges. Etwas, das sich um ihren Arm geschlungen hatte.
Stacy schrie auf. Panisch riss sie an der Schlange, die sich um ihren Arm gewickelt und in ihr Handgelenk verbissen hatte. Sie spürte, wie das Gift in heißen Wellen in ihre Adern gepumpt wurde. Mit der Kraft der Verzweiflung gelang es ihr, den Kopf des Reptils von ihrem Arm zu reißen. Dann schleuderte sie den sich windenden Leib in die Dunkelheit, so weit weg von sich, wie sie nur konnte.
Einen Moment lang kniete sie auf dem Waldboden, unfähig, irgendetwas zu tun. Wie lange, wusste sie nicht. Sie spürte, wie sich statt des Schmerzes Kälte in ihrem Arm ausbreitete. Sie wollte schreien, dann fiel ihr wieder ihr Verfolger ein. Sollte sie nicht aufspringen und weiterlaufen? Doch warum noch? Wenn er sie nicht tötete, würde es das Gift in ihrem Arm tun. Tränen rollten ihr über die Wangen. Bitte, lieber Gott, ich will nicht sterben, dachte sie. Nicht hier, ganz allein.
Warum war es auf einmal so still?
Sie hob den Kopf. Über dem Unterholz bekam das Nachtdunkel einen bläulichen Schimmer vom spärlichen Mondlicht. Als sie sich
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