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Elysion: Roman (German Edition)

Elysion: Roman (German Edition)

Titel: Elysion: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Elbel
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ein Hirngespinst vielleicht, aber etwas, an dem er sich festhalten konnte, wenn die Last dessen, was er auf sich genommen hatte, ihn zu erdrücken drohte. Wenn die Tage nur noch aus einer grausamen Aneinanderreihung sinnloser Gewalt zu bestehen schienen. Wenn er sich fragte, ob dieser Planet nicht längst zu einer Hölle geworden war, die zu verteidigen sich nicht mehr lohnte …
    Der Anblick ihrer verkohlten Leiche schnürte ihm die Kehle zu. Verbrannt, unwiderruflich zerstört, durch den Mutwillen eines offensichtlich verrückten Teenagers. Nie hätte er sie entkommen lassen dürfen. Aber damit war jetzt Schluss.

10
    Es wurden immer mehr. Schon seit der Morgendämmerung konnte Jimmy beobachten, wie sich die Malachim um sie herum versammelten. Natürlich hatte er nicht ernsthaft zu hoffen gewagt, den Verbleibenden ihrer beiden gestrigen Verfolger mit dem kleinen Feuer endgültig vertrieben zu haben. Aber damit hatte er sicher nicht gerechnet. Noch nie hatte er so viele Malachim an einem Ort gesehen. Es mochten bereits an die hundert sein. Die meisten waren schon da gewesen, als er und die anderen Kinder an diesem Morgen aufgewacht waren. Es war beängstigend. So als säße man in einer Grube, um die herum ein Rudel Wölfe streunte, und würde darauf warten, dass das erste der Tiere hineinsprang, um einem die Kehle aufzureißen.
    Allerdings hatten die Malachim bisher noch keinerlei Anstalten gemacht, tatsächlich in das Umspannwerk einzudringen. Vielleicht warnte sie das Schicksal ihrer Vorgänger. Ein brauner Fleck unter dem mittleren Zaun zeugte immer noch von dem Tod, den einer der beiden am vergangenen Tag gestorben war.
    Andererseits – warum versammelten sie sich hier, wenn nicht, um das Umspannwerk früher oder später zu stürmen? Den Weg über den Baum mochte es nicht mehr geben, aber sie konnten ihre feste Form aufgeben, das hatte er im Tempel selbst gesehen, als seine beiden Henker durch die steinerne Plattform nach unten geglitten waren. Vielleicht konnten sie sich auf diese Weise auch einfach durch die Erde bewegen. Andererseits musste diese Kraft irgendeine räumliche oder zeitliche Grenze haben, sonst wäre ihnen der überlebende Malach sicherlich gleich gefolgt, oder?
    Es gab einfach zu viele Fragen, auf die er keine Antworten fand.
    »Was hältst du davon?«
    Jimmy drehte sich zu Rasim um. »Keine Ahnung. Vielleicht belagern sie uns einfach nur, bis uns das Wasser und die Nahrung ausgehen.«
    »So viele? Wir sind gerade mal zweiundzwanzig«, stellte Rasim fest, »ein Drittel davon Kinder. Wir könnten selbst einem einzigen Malach kein Paroli bieten, wenn er hier hereinkäme. Was bezwecken sie also mit dieser Übermacht?«
    »Warum stellst du mir diese Fragen?«, brauste Jimmy auf.
    »Weil du der verdammte Boss bist«, stellte Rasim trocken fest.
    »Ich? Wie kommst du darauf?«
    Rasim grinste. »Sieh dich um.« Mit seinen Händen beschrieb er einen Halbkreis und deutete dabei auf die anderen Mitglieder ihrer kleinen Gruppe, die ein paar Meter weiter neben einem kleinen Betriebsraum saßen. Ein Haufen verängstigter Gesichter. Schmutzig, übernächtigt und von den Monstern dort draußen vor dem Zaun völlig eingeschüchtert.
    »Du und ich«, fuhr Rasim fort, »sind hier die Einzigen mit so etwas Ähnlichem wie Eiern. Aber mir, da bin ich ehrlich, sind alle scheißegal außer mir selbst.«
    »Aha. Und warum glaubst du, dass das bei mir anders ist?«, fragte Jimmy ärgerlich.
    Rasims Grinsen verbreiterte sich noch. »Das sehe ich in deinen Augen, mein Freund.« Es klang eher spöttisch als freundlich.
    Jimmy lag eine entsprechende Antwort auf der Zunge, doch er schluckte sie herunter. Rasim mochte ein selbstsüchtiges Arschloch sein. Aber er hatte recht. Wieder ließ Jimmy seinen Blick über die Gesichter um sie herum schweifen. Die Angst in ihren Augen. Auch wenn es schwer war, sich das einzugestehen, aber wenn er sie ansah, erblickte er lauter Seans. Nein, er würde sie nicht auch noch opfern wie seinen kleinen Bruder. Diesmal nicht. Nie wieder sollte ein anderer durch seine Schuld sein Leben verlieren.
    Als hätte sein Unterbewusstes ihn gesucht, fiel sein Blick auf die Leiche draußen auf der Wiese weit vor dem Zaun. War er auch bereit, den Preis zu zahlen, den Patrick gezahlt hatte? Nun, früher oder später würde er das herausfinden müssen. Zeit jedenfalls, ein bisschen Ordnung in ihre Situation zu bringen.
    »Ihr da!« Sofort richtete sich die Aufmerksamkeit aller anderen auf ihn. »Jeder

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