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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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Die al­ten Ba­ra­cken stan­den schwarz wie
Sär­ge da. Er such­te und hat­te plötz­lich ei­ne Ein­ge­bung. »Las­sen Sie et­was
Grü­nes hier pflan­zen«, er­klär­te er. »Es ist jetzt die Zeit da­für. Ein paar
Bü­sche an die Nord­sei­ten und einen Blu­men­strei­fen an die Süd­wän­de. Das hei­tert
auf. Wir ha­ben doch so was in der Gärt­ne­rei, wie?«
    »Zu Be­fehl, Herr Ober­sturm­bann­füh­rer.«
    »Al­so dann! Fan­gen Sie gleich da­mit an. Wir kön­nen das auch bei den Ba­ra­cken im
Ar­beits­la­ger ma­chen.« Neu­bau­er be­geis­ter­te sich für sei­ne Idee. Der
Gar­ten­be­sit­zer in ihm brach durch. »Schon ei­ne Ra­bat­te Veil­chen – nein, Pri­meln
sind bes­ser, das Gelb leuch­tet mehr ...«
    Zwei Leu­te glit­ten lang­sam zu Bo­den. Nie­mand rühr­te sich, ih­nen zu hel­fen.
»Pri­meln – ha­ben wir ge­nug Pri­meln in der Gärt­ne­rei?«
    »Zu Be­fehl, Herr Ober­sturm­bann­füh­rer.« Der di­cke La­ge­räl­tes­te stand stramm. »Es
sind reich­lich Pri­meln da. In Blü­te.«
    »Gut. Ma­chen Sie das. Und las­sen Sie die La­ger­ka­pel­le ab und zu wei­ter un­ten
spie­len, da­mit die hier auch was hö­ren.«
    Neu­bau­er ging zu­rück. Die an­de­ren folg­ten ihm. Er war wie­der ei­ni­ger­ma­ßen
be­ru­higt.
    Die Ge­fan­ge­nen hat­ten kei­ne Be­schwer­den. Er war durch vie­le Jah­re oh­ne Kri­tik
dar­an ge­wöhnt, das, was er selbst glau­ben woll­te, als Tat­sa­che an­zu­se­hen.
Des­halb er­war­te­te er auch jetzt, daß die Ge­fan­ge­nen ihn so sa­hen, wie er es
woll­te: als einen Mann, der un­ter schwie­ri­gen Um­stän­den sein Bes­tes für sie
tat. Daß sie Men­schen wa­ren, wuß­te er längst nicht mehr.

XXII
    W as?« frag­te Ber­ger
un­gläu­big. »Über­haupt kein Abendes­sen?«
    »Nichts.«
    »Kei­ne Sup­pe?«
    »Kei­ne Sup­pe und kein Brot. Aus­drück­li­cher Be­fehl von We­ber.«
    »Und die an­de­ren? Das Ar­beits­la­ger?«
    »Nichts. Kein Abendes­sen für das gan­ze La­ger.«
    Ber­ger wand­te sich um. »Ver­steht ei­ner das? Wä­sche ha­ben wir ge­kriegt, aber
kein Es­sen?«
    »Pri­meln ha­ben wir auch ge­kriegt.« 509 zeig­te auf zwei küm­mer­li­che Fle­cken zu
bei­den Sei­ten der Tür. Ein paar Pflan­zen stan­den halb ver­welkt dar­in. Sie wa­ren
mit­tags von Ge­fan­ge­nen aus der Gärt­ne­rei her­ge­setzt wor­den.
    »Viel­leicht kann man sie es­sen.«
    »Ver­such es nicht. Wenn sie feh­len, krie­gen wir ei­ne Wo­che lang nichts zu
es­sen.«
    »Warum nur?« sag­te Ber­ger. »Nach all dem Ge­tue von Neu­bau­er ha­be ich ge­dacht,
daß wir viel­leicht so­gar Kar­tof­feln in die Sup­pe krie­gen wür­den.«
    Le­ben­thal kam her­an. »Es ist We­ber. Nicht Neu­bau­er. We­ber ist wü­tend über
Neu­bau­er. Denkt, er will sich den Rücken de­cken. Will er si­cher auch. Des­halb
ar­bei­tet We­ber ge­gen ihn, wo er kann. Ha­be es von der Schreib­stu­be. Le­wins­ky
und Wer­ner und die an­de­ren drü­ben sa­gen es auch. Wir müs­sen dar­un­ter lei­den.«
    »Das wird vie­le To­te ge­ben.«
    Sie starr­ten in den ro­ten Him­mel. »We­ber hat auf der Schreib­stu­be ge­sagt, es
sol­le sich kei­ner was ein­bil­den; er wür­de schon da­für sor­gen, daß wir
kurz­ge­hal­ten wür­den.« Le­ben­thal hol­te sein Ge­biß aus dem Mund, be­sah es
flüch­tig und setz­te es wie­der ein.
    Von der Ba­ra­cke her kam dün­nes Schrei­en. Die Nach­richt hat­te sich ver­brei­tet.
    Ske­let­te tau­mel­ten aus der Tür und in­spi­zier­ten die Eß­kan­nen – ob sie nach
Es­sen ro­chen und die an­de­ren sie be­tro­gen hät­ten.
    Die Kan­nen wa­ren blank und tro­cken. Das Jam­mern wur­de stär­ker. Vie­le Leu­te
lie­ßen sich ein­fach zu Bo­den fal­len und häm­mer­ten mit ih­ren Kno­chen­fäus­ten auf
die schmut­zi­ge Er­de.
    Die meis­ten aber schli­chen fort oder la­gen be­we­gungs­los mit of­fe­nen Mün­dern und
großen Au­gen her­um. Aus den Tü­ren ka­men die lei­sen Stim­men de­rer, die nicht
mehr auf­ste­hen konn­ten. Es war kein ar­ti­ku­lier­tes Schrei­en; es war nur noch ein
schwa­cher Cho­ral der Ver­zweif­lung, ein Sings­ang, der nicht ein­mal mehr Wor­te
und Bit­ten und Flü­che für die Ver­zweif­lung hat­te. Es war jen­seits da­von; es war
das letz­te

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