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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
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Sy­phi­lis.«
    »Und der Fach­arzt?«
    »Er hat ihn er­schie­ßen las­sen. Ich selbst konn­te ihm vor­ma­chen, daß ich nicht
wuß­te, was er hät­te, und glaub­te, es sei­en nur Ent­zün­dun­gen vom letz­ten Krieg.
Er war trotz­dem vor­sich­tig ge­nug, mich ein­sper­ren zu las­sen.«
    »Was wirst du ma­chen, wenn er noch lebt und du 'raus­kommst?«
    Ber­ger dach­te nach. »Ich weiß es nicht.«
    »Ich wür­de ihn tot­schla­gen«, er­klär­te Meyer­hof.
    »Und da­für wie­der ins Ge­fäng­nis kom­men, was?« sag­te Le­ben­thal. »Für Tot­schlag.
Noch ein­mal zehn oder zwan­zig Jah­re.«
    »Was willst du ma­chen, Leo, wenn du 'raus­kommst?« frag­te 509.
    »Ich ma­che ein Man­tel­ge­schäft auf. Gu­te Halb­kon­fek­ti­on.«
    »Män­tel? Im Som­mer? Es wird Som­mer, Leo!«
    »Es gibt Som­mer­män­tel! Ich kann An­zü­ge da­zu­neh­men. Und Re­gen­män­tel, na­tür­lich.«
    »Leo«, sag­te 509. »Warum willst du nicht in der Nah­rungs­mit­tel­bran­che blei­ben?
Das wird mehr ge­braucht als Män­tel, und du warst hier groß­ar­tig dar­in.«
    »Meinst du?« Le­ben­thal war deut­lich ge­schmei­chelt.
    »Un­be­dingt!«
    »Viel­leicht hast du recht. Ich wer­de es mir über­le­gen. Ame­ri­ka­ni­sche
Le­bens­mit­tel, zum Bei­spiel. Das wird groß ge­hen. Er­in­nert ihr euch an den
ame­ri­ka­ni­schen Speck nach dem letz­ten Krieg? Er war dick, weiß und zart wie
Mar­zi­pan, mit ro­sa ...«
    »Halt's Maul, Leo! Bist du ver­rückt?«
    »Nein. Es fiel mir nur plötz­lich ein. Ob sie dies­mal auch wel­chen schi­cken
wer­den? Für uns we­nigs­tens?«
    »Sei ru­hig, Leo!«
    »Was willst du ma­chen, Ber­ger?« frag­te Ro­sen.
    Ber­ger wisch­te sich die ent­zün­de­ten Au­gen. »Ich wer­de bei ei­nem Apo­the­ker in
die Leh­re ge­hen. Ver­su­chen, so was Ähn­li­ches zu wer­den. Ope­rie­ren – mit sol­chen
Hän­den? Nach so lan­ger Zeit?« Er ball­te die Hän­de un­ter der Ja­cke zu­sam­men, die
er über sich ge­zo­gen hat­te. »Un­mög­lich. Ich wer­de Apo­the­ker wer­den. Und du?«
    »Mei­ne Frau hat sich schei­den las­sen, weil ich Ju­de war. Ich weiß nichts mehr
von ihr.«
    »Du willst sie doch nicht su­chen?« frag­te Meyer­hof.
    Ro­sen zö­ger­te. »Sie hat es viel­leicht un­ter Zwang ge­tan. Was hät­te sie sonst
tun sol­len? Ich ha­be es ihr selbst ge­ra­ten.«
    »Viel­leicht ist sie in­zwi­schen so mies ge­wor­den, daß es kein Pro­blem für dich
ist«, sag­te Le­ben­thal. »Viel­leicht bist du froh, daß du sie los bist.«
    »Wir sind auch nicht jün­ger ge­wor­den.«
    »Nein. Neun Jah­re.« Sulz­ba­cher hus­te­te. »Wie wird das sein, wenn man je­mand
nach so lan­ger Zeit wie­der­sieht?«
    »Sei froh, daß ei­ner da ist zum Wie­der­se­hen.«
    »Nach so lan­ger Zeit«, wie­der­hol­te Sulz­ba­cher. »Wer kennt sich da noch?«
    Sie hör­ten im Schuf­feln der Mu­sel­män­ner einen fes­te­ren Schritt. »Ach­tung«,
flüs­ter­te Ber­ger. »Vor­sicht, 509.«
    »Es ist Le­wins­ky«, sag­te Bu­cher. Er konn­te Leu­te am Schritt er­ken­nen. Le­wins­ky
kam her­an.
    »Was macht ihr? Kein Fres­sen heu­te. Wir ha­ben einen Ver­bin­dungs­mann in der
Kü­che. Er konn­te Brot und Kar­tof­feln steh­len. Ge­kocht wor­den ist nur für die
Bon­zen. Da war nichts zu schnap­pen. Hier ist et­was Brot. Und hier sind ein paar
ro­he Ka­rot­ten. Es ist we­nig; aber wir ha­ben auch nichts ge­kriegt.«
    »Ber­ger«, sag­te 509. »Ver­tei­le es.«
    Je­der be­kam ei­ne hal­be Schnit­te Brot und ei­ne Ka­rot­te. »Eßt es lang­sam. Kaut,
bis es weg ist.« Ber­ger gab ih­nen erst die Ka­rot­ten; dann, ei­ni­ge Mi­nu­ten
spä­ter, das Brot.
    »Man fühlt sich wie ein Ver­bre­cher, daß man heim­lich frißt«, sag­te Ro­sen.
    »Dann tu es nicht«, er­wi­der­te Le­wins­ky la­ko­nisch.
    »Du Quatsch­kopf.« Le­wins­ky hat­te recht.
    Ro­sen wuß­te es. Er woll­te er­klä­ren, daß er nur heu­te, in die­ser son­der­ba­ren
Nacht, in der sie über die Zu­kunft ge­re­det hat­ten, um über ih­ren Hun­ger
hin­weg­zu­kom­men, einen sol­chen Ge­dan­ken ge­habt ha­be und daß es eben mit der
Zu­kunft zu­sam­men­hän­ge; aber er gab es auf. Es war zu kom­pli­ziert. Und zu
un­wich­tig.
    »Sie fal­len um«, er­klär­te Le­wins­ky hei­ser und

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