Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
Vom Netzwerk:
nä­her.«
    »Was? Was weißt du da­von? So sprich doch! Wo liegt Loh­me? Wie weit vom Rhein?
Weit?«
    Sulz­ba­cher ver­such­te die Au­gen of­fen zu hal­ten. »Ja – ziem­lich weit – fünf­zig –
sieb­zig – Ki­lo­me­ter – mor­gen ...« sag­te er noch, dann fiel sein Kopf nach vorn.
»Mor­gen – jetzt muß ich schla­fen ...«
    »Es sind un­ge­fähr sieb­zig Ki­lo­me­ter«, sag­te Ahas­ver. »Ich war da.«
    »Sieb­zig? Und von hier?« 509 be­gann zu rech­nen.
    »Zwei­hun­dert – zwei­hun­dert­fünf­zig ...« Ahas­ver hob die Schul­tern. »509«, sag­te er
ru­hig. »Du denkst im­mer an Ki­lo­me­ter. Hast du auch schon dar­an ge­dacht, daß sie
mit uns das­sel­be ma­chen kön­nen wie mit die­sen da? Das La­ger auf­lö­sen – uns
weg­schi­cken – und wo­hin? Was wird dann aus uns? Wir hier kön­nen nicht mehr
mar­schie­ren.«
    »Wer nicht mar­schie­ren kann, wird er­schos­sen ...« Ro­sen war mit ei­nem Ruck
auf­ge­wacht und schlief be­reits wie­der.
    Al­le schwie­gen. Sie hat­ten noch nicht so weit ge­dacht. Wie ei­ne schwe­re Dro­hung
hing es plötz­lich über ih­nen. 509 starr­te auf das sil­ber­ne Wol­ken­ge­schie­be am
Him­mel.
    Dann starr­te er auf die Stra­ßen im Tal, die im hal­b­en Licht schim­mer­ten. Wir
hät­ten die Sup­pe nicht her­ge­ben sol­len, dach­te er einen Au­gen­blick. Wir müs­sen
mar­schie­ren kön­nen.
    Aber wo­zu wür­de es schon genützt ha­ben? Höchs­tens für ein paar Mi­nu­ten Marsch.
Die Neu­en wa­ren ta­ge­lang vor­wärts­ge­trie­ben wor­den. »Viel­leicht er­schie­ßen sie
bei uns die nicht, die zu­rück­blei­ben«, sag­te er.
    »Nein«, er­wi­der­te Ahas­ver mit trü­bem Spott. »Sie wer­den sie mit Fleisch füt­tern
und neu ein­klei­den und ih­nen Auf Wie­der­se­hen win­ken.« 509 sah ihn an. Ahas­ver war
völ­lig ru­hig. Ihn konn­te we­nig mehr schre­cken.
    »Da kommt Le­ben­thal«, sag­te Ber­ger.
    Le­ben­thal setz­te sich ne­ben sie. »Hast du drü­ben noch was ge­hört, Leo?« frag­te
509.
    Leo nick­te. »Sie wol­len so­viel wie mög­lich von dem Trans­port los­wer­den.
Le­wins­ky hat es von dem rot­haa­ri­gen Schrei­ber auf der Schreib­stu­be. Wie sie sie
los­wer­den wol­len, wuß­te er noch nicht ge­nau. Aber es soll bald sein; sie kön­nen
die To­ten dann ab­set­zen als ge­stor­ben durch die Fol­gen des Trans­ports.«
    Ei­ner der Neu­en fuhr aus dem Schlaf em­por und schrie. Dann sank er wie­der
zu­rück und schnarch­te mit weit of­fe­nem Mun­de.
    »Wol­len sie nur Leu­te vom Trans­port er­le­di­gen?«
    »Le­wins­ky wuß­te bloß das. Aber er läßt uns sa­gen, wir soll­ten auf­pas­sen.«
    »Ja, wir müs­sen auf­pas­sen.« 509 schwieg einen Au­gen­blick.
    »Das heißt, daß wir die Schnau­zen hal­ten soll­ten. Das ist es, was er da­mit
meint. Oder nicht?«
    »Klar. Was sonst?«
    »Wenn wir die Neu­en war­nen, wer­den sie vor­sich­tig wer­den«, er­klär­te Mey­er.
    »Und wenn die SS ei­ne be­stimm­te An­zahl er­le­di­gen will und sie nichts fin­det,
wird sie den Rest von uns neh­men.«
    »Stimmt.« 509 blick­te auf Sulz­ba­cher, des­sen Kopf schwer an Ber­gers Schul­ter
lag.
    »Al­so, was wol­len wir ma­chen? Schnau­zen hal­ten?«
    Es war ei­ne schwe­re Ent­schei­dung. Wenn aus­ge­siebt wur­de und sich nicht ge­nug
Neue fan­den, war es leicht mög­lich, daß die Zahl mit Leu­ten vom Klei­nen La­ger
aus­ge­füllt wur­de; um so mehr, als die Neu­en nicht so her­un­ter wa­ren wie die
an­de­ren.
    Sie schwie­gen lan­ge. »Sie ge­hen uns nichts an«, sag­te Mey­er dann. »Wir müs­sen
erst für uns sor­gen.«
    Ber­ger rieb sei­ne ent­zün­de­ten Au­gen. 509 zerr­te an sei­ner Ja­cke. Ahas­ver dreh­te
sich zu Mey­er hin­über. Das fah­le Licht blink­te in sei­nen Au­gen. »Wenn die uns
nichts an­ge­hen«, sag­te er, »dann ge­hen auch wir nie­man­den was an.«
    Ber­ger hob den Kopf. »Du hast recht.«
    Ahas­ver saß ru­hig an der Wand und ant­wor­te­te nicht. Sein al­ter, aus­ge­mer­gel­ter
Schä­del mit den tief lie­gen­den Au­gen schi­en et­was zu se­hen, was kei­ner sonst
sah.
    »Wir wer­den es den bei­den hier sa­gen«, er­klär­te Ber­ger. »Sie kön­nen dann die
an­de­ren war­nen. Mehr kön­nen wir nicht tun. Wir wis­sen ja nicht, was noch

Weitere Kostenlose Bücher