Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Funke Leben
Vom Netzwerk:
oder sie nicht ernst mein­te.
    Hand­ke grins­te. Sei­ne Zäh­ne wa­ren gelb und fle­ckig. »Was?« wie­der­hol­te er.
    »Die Num­mer ist da­mals auf­ge­schrie­ben wor­den«, sag­te Ber­ger ru­hig.
    »So?« Hand­ke wand­te sich ihm zu. »Weißt du das ge­nau?«
    »Ja. Der Schar­füh­rer Schul­te hat sie no­tiert. Ich ha­be es ge­se­hen.«
    »Im Dun­keln? Dann ist ja al­les gut.« Hand­ke wipp­te noch im­mer. »Dann kann ich
mich ja ru­hig er­kun­di­gen ge­hen. Scha­det dann wohl nichts, wie?«
    Nie­mand ant­wor­te­te. »Du kannst erst noch fut­tern«, er­klär­te Hand­ke be­hag­lich.
»Abendes­sen. Hat kei­nen Zweck, den Block­füh­rer dei­net­we­gen zu fra­gen. Wer­de es
gleich an der rich­ti­gen Stel­le tun, du Sa­tans­bra­ten.« Er sah sich um.
»Ach­tung!« schnauz­te er dann.
    Bol­te kam. Er war in Ei­le, wie im­mer. Seit zwei Stun­den hat­te er beim
Kar­ten­spie­len ver­lo­ren und ge­ra­de ei­ne güns­ti­ge Sträh­ne ge­kriegt. Ge­lang­weilt
blick­te er über die To­ten hin­weg und ver­schwand so bald wie mög­lich. Hand­ke
blieb. Er schick­te die Es­sen­hoh­ler zur Kü­che und schlen­der­te dann zum
Sta­chel­draht­ver­hau hin­über, das die Frau­en­ba­ra­cken vom Klei­nen La­ger trenn­te.
Dort blieb er ste­hen und blick­te hin­über.
    »Laßt uns in die Ba­ra­cken ge­hen«, sag­te Ber­ger. »Ei­ner kann drau­ßen blei­ben und
ihn be­ob­ach­ten.«
    »Ich«, er­klär­te Sulz­ba­cher.
    »Sag Be­scheid, wenn er weg­geht. So­fort!«
    Die Ve­te­ra­nen hock­ten in der Ba­ra­cke. Es war bes­ser, nicht von Hand­ke ge­se­hen
zu wer­den. »Was sol­len wir ma­chen?« frag­te Ber­ger sor­gen­voll. »Ob das Schwein
es wirk­lich ernst meint?«
    »Viel­leicht ver­gißt er es wie­der. Er sieht aus, als hät­te er sei­nen Kol­ler.
Wenn wir nur Schnaps hät­ten, um ihn be­sof­fen zu ma­chen!«
    »Schnaps!« Le­ben­thal spuck­te aus. »Un­mög­lich! Völ­lig un­mög­lich!«
    »Viel­leicht hat er nur einen Witz ma­chen wol­len«, sag­te 509.
    Er glaub­te es nicht ganz; aber sol­che Din­ge wa­ren im La­ger schon oft
vor­ge­kom­men. Die SS war Meis­ter dar­in, Leu­te im­mer wie­der in Angst zu
ver­set­zen. Mehr als ei­ner hat­te es zum Schluß nicht aus­ge­hal­ten. Man­che wa­ren
in den Draht ge­lau­fen; bei an­de­ren hat­te schließ­lich das Herz ver­sagt.
    Ro­sen rück­te her­an. »Ich ha­be Geld«, flüs­ter­te er 509 zu. »Nimm es. Ich ha­be es
ver­steckt und her­ein­ge­bracht. Hier, vier­zig Mark. Gib es ihm. So ha­ben wir es
bei uns ge­macht.«
    Er dräng­te ihm die Schei­ne in die Hand. 509 fühl­te sie und nahm sie, fast oh­ne
zu mer­ken, daß er sie nahm. »Es wird nichts nüt­zen«, sag­te er. »Er wird es
neh­men, ein­ste­cken und dann trotz­dem tun, was er will.«
    »Dann ver­sprich ihm mehr.«
    »Wo­her sol­len wir mehr neh­men?«
    »Le­ben­thal hat was«, er­klär­te Ber­ger. »Ist das nicht so, Leo?«
    »Ja, ich ha­be was. Aber wenn wir ihn ein­mal scharf auf Geld ma­chen, wird er
je­den Tag kom­men und mehr ver­lan­gen, bis wir nichts mehr ha­ben. Dann sind wir
bald wie­der da, wo wir jetzt sind. Nur das Geld ist weg.«
    Al­le schwie­gen. Kei­ner fand Le­bent­hals Fest­stel­lung roh. Sie war sach­lich,
nichts an­de­res. Die Fra­ge war ein­fach, ob es wert war, al­le Han­dels­mög­lich­kei­ten
Le­bent­hals auf­zu­ge­ben, nur da­mit 509 ein paar Ta­ge Auf­schub be­kam. Die
Ve­te­ra­nen wür­den we­ni­ger Es­sen be­kom­men; viel­leicht ge­ra­de so viel we­ni­ger, daß
ei­ni­ge oder al­le ein­ge­hen wür­den. Kei­ner von ih­nen wür­de ge­zö­gert ha­ben, al­les
her­zu­ge­ben, wenn 509 da­durch wirk­lich hät­te ge­ret­tet wer­den kön­nen; aber das
schi­en un­wahr­schein­lich, wenn Hand­ke es ernst mein­te, Le­ben­thal hat­te da recht.
Und es war nicht wert, das Le­ben von ei­nem Dut­zend da­für zu ris­kie­ren, daß ein
ein­zel­ner le­dig­lich zwei, drei Ta­ge län­ger exis­tie­ren konn­te. Das war das
un­ge­schrie­be­ne, un­barm­her­zi­ge Ge­setz des La­gers, durch das sie bis jetzt
über­lebt hat­ten. Sie kann­ten es al­le; aber sie woll­ten es in die­sem Fal­le noch
nicht wahr­ha­ben. Sie such­ten nach ei­nem Aus­weg.
    »Man müß­te das Aas tot­schla­gen«, sag­te

Weitere Kostenlose Bücher