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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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Ma­nue­la?«
    »Der Va­ter und die
Stief­mut­ter lieb­ten sie heiß, als sie an­ka­men, weil sie ja je­de Stun­de ster­ben
soll­te. Die ar­me Ma­nue­la, die nie Lie­be ge­kannt hat­te, war da­durch so be­glückt,
daß sie be­gann sich zu er­ho­len. Jetzt sind die El­tern be­reits un­ge­dul­dig.
Au­ßer­dem wer­den sie je­den Tag di­cker, weil sie ner­vö­sen Hun­ger ha­ben und sich
mit dem be­rühm­ten Kon­fekt des Or­tes voll stop­fen. In ei­ner Wo­che wer­den sie
Ma­nue­la has­sen, weil sie nicht schnell ge­nug stirbt.«
    »Oder sie wer­den
sich an das Dorf ge­wöh­nen, das Kon­fekt­ge­schäft kau­fen und sich hier
nie­der­las­sen«, sag­te Cler­fa­yt.
    Holl­mann lach­te.
»Du hast ei­ne ma­ka­b­re Fan­ta­sie.«
    »Im Ge­gen­teil. Nur
ma­ka­b­re Er­fah­run­gen. Aber wo­her weißt du all das?«
    »Ich ha­be dir doch
schon ge­sagt, daß es hier kei­ne Ge­heim­nis­se gibt. Schwes­ter Cor­ne­lia Wehr­li
spricht Spa­nisch und ist die Ver­trau­te der Stief­mut­ter.«
    Die drei schwar­zen
Ge­stal­ten stan­den auf. Sie hat­ten kein Wort mit­ein­an­der ge­spro­chen. Mit
fei­er­li­cher Wür­de schrit­ten sie hin­ter­ein­an­der zur Tür.
    Sie stie­ßen fast
mit Lil­li­an Dun­ker­que zu­sam­men, die so rasch her­ein­kam, daß die di­cke Frau
er­schrak und mit ei­nem ho­hen Vo­gel­schrei zur Sei­te wich. Lil­li­an ging ei­lig an
den Tisch zu Holl­mann und Cler­fa­yt und sah sich dann nach der Frau um. »Was
schreit sie denn?« flüs­ter­te sie. »Ich bin doch kein Ge­spenst! Oder doch?
Schon?« Sie such­te nach ih­rem Spie­gel. »Ich schei­ne heu­te abend je­den Men­schen
zu er­schre­cken.«
    »Wen sonst?« frag­te
Holl­mann.
    »Den Haus­knecht.«
    »Was? Jo­sef?«
    »Nein, den an­dern,
der Jo­sef hilft. Sie wis­sen schon ...«
    Holl­mann nick­te.
»Uns er­schre­cken Sie nicht, Lil­li­an.«
    Sie steck­te den
Spie­gel weg. »War das Kro­ko­dil schon hier?«
    »Nein. Es muß aber
je­den Au­gen­blick kom­men und uns raus­wer­fen. Es ist pünkt­lich wie ein
preu­ßi­scher Feld­we­bel.«
    »Jo­sef ist an der
Tür heu­te nacht. Ich ha­be mich er­kun­digt. Wir kön­nen raus. Kom­men Sie mit?«
    »Wo­hin? In die
Pa­lace Bar?«
    »Wo­hin sonst?«
    »In der Pa­lace Bar
ist nichts los«, sag­te Cler­fa­yt. »Ich kom­me ge­ra­de da­her.«
    Holl­mann lach­te.
»Für uns ist im­mer ge­nug los. Selbst wenn kein Mensch da ist. Al­les au­ßer­halb
des Sa­na­to­ri­ums ist für uns be­reits auf­re­gend. Man wird hier be­schei­den.«
    »Wir kön­nen jetzt
durch­schlüp­fen«, sag­te Lil­li­an Dun­ker­que. »Au­ßer Jo­sef paßt nie­mand auf. Der
an­de­re Haus­knecht ist noch be­schäf­tigt.«
    Holl­mann hob die
Schul­tern. »Ich ha­be et­was Tem­pe­ra­tur, Lil­li­an. Plötz­lich, heu­te abend –
weiß der Teu­fel, warum! Viel­leicht, weil ich den schmut­zi­gen Sport­wa­gen
Cler­fa­yts wie­der ge­se­hen ha­be.«
    Ei­ne Putz­frau kam
her­ein und be­gann, die Stüh­le auf die Ti­sche zu stel­len, um auf­zu­wi­schen. »Wir
sind auch schon mit Fie­ber aus­ge­ris­sen«, sag­te Lil­li­an.
    Holl­mann sah sie
ver­le­gen an. »Ich weiß. Aber heu­te nicht, Lil­li­an.«
    »Auch we­gen des
schmut­zi­gen Sport­wa­gens?«
    »Viel­leicht. Wie
ist es mit Bo­ris? Will er nicht mit?«
    »Bo­ris glaubt, ich
schlie­fe. Ich ha­be ihn schon heu­te nach­mit­tag ge­zwun­gen, mit mir aus­zu­fah­ren.
Er wür­de es nicht noch ein­mal tun.«
    Die Putz­frau zog
die Vor­hän­ge auf. Ge­wal­tig und feind­lich stand die Land­schaft auf ein­mal vor
dem Fens­ter – die mond­be­schie­ne­nen Hän­ge, der schwar­ze Wald, der Schnee.
Die drei Men­schen wirk­ten ver­lo­ren da­ge­gen. Die Putz­frau be­gann, die Lich­ter an
den Wän­den aus­zu­lö­schen. Mit je­dem ge­lösch­ten Licht schi­en die Land­schaft einen
Schritt wei­ter ge­gen die Men­schen im Zim­mer vor­zu­rück­en. »Da ist das Kro­ko­dil«,
sag­te Holl­mann.
    Die Ober­schwes­ter
stand in der Tür. Sie lä­chel­te mit star­kem Ge­biss und kal­ten Au­gen. »Die
Nacht­schwär­mer, wie im­mer! Fei­er­abend, mei­ne Herr­schaf­ten!« Sie sag­te nichts
dar­über, daß Lil­li­an Dun­ker­que noch auf war. »Fei­er­abend«, wie­der­hol­te sie. »Zu
Bett! Zu Bett! Mor­gen ist

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