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E.M. Remarque

E.M. Remarque

Titel: E.M. Remarque Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Himmel kennt keine Guenstlinge
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Er
fürch­tet nicht nur mei­nen, son­dern auch sei­nen Ruin, wenn ich län­ger Klei­der
kau­fe.«
    Sie sa­ßen wie­der im
Grand Ve­four. Der Kell­ner brach­te wie­der, wie beim ers­ten Mal, ei­ne See­zun­ge
mit ge­rös­te­ten Man­deln, und sie tran­ken wie­der einen jun­gen Mon­tra­chet. »Du
bist ein­sil­big ge­wor­den in Rom«, sag­te Lil­li­an.
    Cler­fa­yt blick­te
auf. »So?«
    Lil­li­an lä­chel­te.
»Oder ist es die Frau, die vor­hin her­ein­ge­kom­men ist?«
    »Wel­che Frau?«
    »Ist es nö­tig, daß
ich sie dir zei­ge?«
    Cler­fa­yt hat­te
Ly­dia Mo­rel­li nicht her­ein­kom­men se­hen. Er be­merk­te sie erst jetzt. Was, zum
Teu­fel, hat­te sie ge­ra­de hier­her ge­führt? Er kann­te den Mann nicht, mit dem sie
da war, wuß­te aber, daß er John­son hieß und sehr reich sein soll­te. Ly­dia hat­te
wahr­haf­tig kei­ne Zeit ver­lo­ren, seit er ihr mor­gens ge­sagt hat­te, daß er sie
auch heu­te abend nicht tref­fen kön­ne. Er er­in­ner­te sich jetzt auch, warum sie
ihn hier auf­ge­spürt hat­te – er war vor ei­nem Jahr öf­ter mit ihr hier ge­we­sen.
Man soll­te vor­sich­tig sein mit sei­nen Lieb­lings­re­stau­rants, dach­te er
är­ger­lich.
    »Du kennst sie?«
    »So wie man­che
an­de­re; nicht mehr und nicht we­ni­ger.«
    Er sah, daß Ly­dia
Lil­li­an be­ob­ach­te­te und be­reits bis auf hun­dert Fran­cs wuß­te, was sie trug,
wo­her es kam und wie­viel es kos­te­te. Er war über­zeugt, daß sie so­gar Lil­lians
Schu­he ta­xiert hat­te, ob­schon sie sie nicht se­hen konn­te. Sie war in die­ser
Be­zie­hung ei­ne Hell­se­he­rin. Er hät­te die Si­tua­ti­on ver­mie­den, wenn er dar­an
ge­dacht hät­te – jetzt, da sie da war, be­schloß er, sie aus­zunüt­zen. Die
ein­fachs­ten Re­ak­tio­nen wa­ren im­mer noch die wirk­sams­ten. Ei­ne da­von war
Ri­va­li­tät. Wenn Lil­li­an ei­fer­süch­tig wür­de, um so bes­ser.
    »Sie ist
aus­ge­zeich­net an­ge­zo­gen«, sag­te Lil­li­an.
    Er nick­te. »Sie ist
be­kannt da­für.«
    Er er­war­te­te jetzt
ei­ne Be­mer­kung über Ly­di­as Al­ter. Sie war vier­zig, sah tags­über aus wie drei­ßig
und abends wie fünf­und­zwan­zig, wenn das Licht gut war. Das Licht in Lo­ka­len, in
die Ly­dia ging, war im­mer gut. Die Be­mer­kung über das Al­ter kam nicht. »Sie ist
schön«, sag­te Lil­li­an. »Hast du ein Ver­hält­nis mit ihr ge­habt?«
    »Nein«, er­wi­der­te
Cler­fa­yt.
    »Das war ei­ne
Dumm­heit von dir«, sag­te Lil­li­an.
    Er sah sie
über­rascht an. »Warum?«
    »Sie ist sehr
schön. Wo­her ist sie?«
    »Sie ist Ita­li­e­ne­rin.«
    »Aus Rom?«
    »Ja«, sag­te er.
»Aus Rom. Warum? Bist du ei­fer­süch­tig?«
    Lil­li­an stell­te ihr
Glas mit gel­bem Char­treu­se ru­hig auf den Tisch. »Ar­mer Cler­fa­yt«, er­wi­der­te
sie. »Ich bin nicht ei­fer­süch­tig. Da­zu ha­be ich kei­ne Zeit.«
    Cler­fa­yt starr­te
sie an. Er hät­te das bei je­der an­de­ren Frau für ei­ne Lü­ge ge­hal­ten; aber er
be­griff, daß es bei Lil­li­an kei­ne war. Sie mein­te es, und es war so. Er wur­de
von ei­ner Se­kun­de zur an­dern wü­tend, oh­ne einen Grund da­für zu wis­sen. »Lass
uns über et­was an­de­res re­den.«
    »Warum? Weil du mit
ei­ner an­dern Frau nach Pa­ris zu­rück­ge­kom­men bist?«
    »Das ist Un­sinn!
Wo­her willst du so et­was Ab­sur­des wis­sen?«
    »Ist es nicht
wahr?«
    Cler­fa­yt be­sann
sich nur einen Au­gen­blick. »Ja, es ist wahr.«
    »Du hast sehr gu­ten
Ge­schmack.«
    Er schwieg und
war­te­te auf die nächs­te Fra­ge. Er war ent­schlos­sen, die Wahr­heit zu sa­gen. Vor
zwei Ta­gen noch hat­te er ge­glaubt, Lil­li­an ne­ben­bei hal­ten zu kön­nen; jetzt, wo
er bei­de ne­ben­ein­an­der sah, woll­te er nichts mehr als sie. Er wuß­te, daß er
sich selbst ge­fan­gen hat­te und är­ger­te sich dar­über; aber er wuß­te auch, daß
nichts es rück­gän­gig ma­chen konn­te, am al­ler­we­nigs­ten Lo­gik. Im Au­gen­blick war
Lil­li­an ihm ent­schlüpft, und zwar auf die ge­fähr­lichs­te Wei­se, oh­ne Kampf. Um
sie wie­der­zu­be­kom­men gab es nichts an­de­res, als das Schwers­te zu tun, was es
gab in ei­nem Ge­fecht, das ge­wöhn­lich nur mit Spie­geln ge­führt wur­de – zu
be­ken­nen, oh­ne zu

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